Montag, 25. Mai 2009

Vom Glück der Veränderung

"Man weiß nie, was daraus wird, wenn die Dinge verändert werden. Aber weiß man denn, was daraus wird, wenn sie nicht verändert werden?" (Elias Canetti)
Wenn man den Schritt wagt und sich auf eine Neuheit in seinem Leben einlässt, werden andere bald nachfolgen. Jede weitere Neuartigkeit kostet nur noch die Hälfte an Mut oder Überwindung. Wenn man den Trott des Lebens verändert, dann scheint gar nicht mehr aufzufallen, was neben der geänderten Kleinigkeit, in Wechselwirkung damit, noch anders wird.
Es gibt Menschen, die Veränderung scheuen, weil sie meinen ihr Leben sei ganz in Ordnung oder weil sie sich vor Reaktionen der Umwelt fürchten oder weil sie keine Energie dafür aufbringen können oder möchten.
Es ist nicht auch immer sinnvoll ein langweiliges, aber geregeltes Leben gegen die große Unsicherheit einzutauschen, aber die Sinnhaftigkeit ist in unserem Leben generell nur in geringen Maße ausschlaggebenden. Wir lassen uns oft von anderen Dingen leiten, wie Spaßfaktor, Risikobereitschaft, soziale Erwünschtheit oder einer rationalen Kosten- Nutzen- Rechnung, die prae actio gar nicht vollständig absehbar sind.
Da der Zustand "Glück" nur von kurzer Dauer ist und immer wieder neu herbeistimuliert werden muss, sollten wir jede Veränderung, die sich uns bietet nutzen, denn selbst wenn sich eine Verschlechterung der Gesamtsituation ergeben sollte, ist das Glücksgefühl bei der nächsten positiven Veränderung um ein Vielfaches größer. Wenn wir aber schon nach unserer Veränderung eine sehr schöne Emotion verspüren, dann aber frustriert sind, weil sie schnell verflogen ist, dann liegt das an der Flüchtigkeit des Glücks. Die Tatsache allein, dass die Änderung Positives weckte, zeigt die Richtigkeit unserer Entscheidung.
Es ist aber nicht immer leicht sein Leben zu verändern, es kostet Kraft, es kostet Geschwindigkeit, die bei der Routine einfach da wäre und vorallem braucht es Kreativität oder aber man hat Freunde, die einen auf neue Ideen bringen, mit denen man sich weiterentwickeln kann oder die einfach nur mit einem Motivationsschub zur Seite stehen.
Ich habe in den letzten Wochen viele Dinge ausprobiert: neue Speisen gegessen, neue Hobbys angefangen, neue Spiele gespielt, neuen Sport gemacht, alten Ballast beseitigt und kann nur sagen, dass es eine sehr fröhliche Zeit ist und dass es mich jedes Mal stolz macht, wenn ich neue Dinge lerne oder entdecke oder erkunde und ich will Veränderung als festes Lebenskonzept in meiner Zukunftsplanung.
Ich will nicht zu behaupten wagen: Je geregelter ein Leben, desto weniger Glücksmomente. Aber diese These ist durchaus vorstellbar.
So lasst uns aufbrechen ein neues Hobby zu suchen, das Freude, Farbe und Abwechslung in unser Leben bringt oder lasst uns einfach nur nicht ganz so gewöhnliche Dinge tun.

Freitag, 22. Mai 2009

Vom Alkohol und anderem Pöbel

Gestern betrieb ich eine kleine Feldforschung und daraus entstand mein Tag der Erkenntnis: Ich habe jetzt endlich verstanden, warum wir Jugendlichen bei der älteren Bevölkerung so einen schlechten Ruf haben und dass dieser Ruf auch noch gerechtfertigt ist, wenn auch nicht allgemeingültig.
Ich habe mir gestern einen schönen freien Tag gemacht und spazierte an der Elbe entlang und diverse Gruppen feierten ihre ausgesprochen durstige Männlichkeit. Das ist ja auch ok, wenn es auch jeder Logik entbehrt, sich nur deswegen hemmungslos zu betrinken, weil es im Kalender steht.
Aber worauf ich eigentlich hinauswollte ist, dass man einen klaren Unterschied innerhalb dieser männlichen Feiermeute feststellen konnte. So waren die 40er und 50er Männer sehr betrunken, aber höflich, sie machten für Frauen Platz oder versuchten es zumindest, sie boten großzügig ihre Grillwürstchen und Schirme an, stellten sich freiwillig in den Seitenwind, der den Regen schräg durch die Gegen wehte, damit die dahinterstehenden Mädels trocken blieben an.
Die End- 20er und die 30er waren betrunkener als die alten Herrschaften, brannten den Grill komplett an, aber sie verbrachten ihre Zeit mit harmlosen Ballspielen und luden auch Umstehende und Vorbeikommenende höfflich dazu ein, andere dieser Altersgruppe boten sogar alten Frauen an, sie sicher die Treppe hochzugeleiten, was aufgrund des Alkoholspiegels keine gute Idee schien und die Oma auch dankend ablehnte. Aber immerhin haben sie ihre Manieren nicht verloren, egal wie unsinnig sie in der Situation waren.
Aber die 16 bis 19 jährigen und Anfang- 20er haben in ihren Alkoholrausch nicht nur jegliche Körperbeherrschung, sondern auch alle Umgangsformen verloren. Sie schreien Obzsönitäten, pöbeln Ausländer und Frauen an, versetzten einen ganzen Bus in Angst und Schrecken, sind bis unter die Zähne bewaffnet und können dank des Alkohols nicht mehr kontrollieren, was sie damit machen. Die dazugehörigen betrunkenen Mädels feuerten ihre Jungs fleißig an oder stachelten sie zu noch mehr Aggressionen an, mit Sätzen wie: "Eh der Opa da drüben guckt dich/mich ganz blöd an, zeig dem mal, wo der Hammer hängt."
Man kann dieses Verhalten auf den überhöhten Alkoholkonsum schieben, da stellt sich dann aber die Frage, ob man so viel trinken muss, dass man komplett außer Kontrolle gerät oder ob man nicht schon aufhören kann, wenn man einfach nur ein wohliges Gefühl im Kopf hat und lustig drauf ist.
Aber ich glaube, dass der Alkohol nur als Ausrede benutzt wird, denn als sie ihre Sachen gepackt haben, waren sie sicher noch fast nüchtern, warum nimmt man dann Messer mit? Außerdem denkt man sich solche Pöbeleien und ekeligen Kommentare in diesem Zustand nicht mehr aus, d. h. sie liegen den Leuten auch nüchtern auf den Lippen, sie trauen sich nur nicht sie auszusprechen.
Wie kommt jetzt der schlechte Ruf der ganzen Jugend zustande, wo doch nur in einer solchen Ausnahmesituation wie dem Feiertag des Saufens ein solches Verhalten zu Tage tritt? Weil die älteren Leute uns an anderen Tagen gar nicht sehen, wir gehen morgens vor dem Erwachen der
Rentner aus dem Haus und kehren abends zurück, wenn sie schon vor ihren vorabendlichen Lieblingsserien sitzen. Aber an diesen Feiertagen müssen ja auch die Rentner einen Sonntagsausflug machen, die haben ja sonst auch immer so viel zu tun und außerdem laufen ja die Lieblingsserien nicht und an anderen Tagen trifft man ja auch keine Leute. Also passiert es das sehr viele Alte sehr viele ausgelassen feiernde Junge sehen, die sonst nicht wahrgenommen werden, wenn sie brav hinter ihren Heften in der Bahn sitzen.
Aber trotz dieser Wahrnehmungsverzerrung ist es erstaunlich, wie viel Wahrheit in unserem Ruf steckt und wie peinlich, unmöglich und ekelhaft sich manche Jugendlichen in der Öffentlichkeit benehmen können.

Sonntag, 17. Mai 2009

Sex, Drugs, and Perfume

In Süskinds "Das Parfüm" versucht der Antiheld, die Essenz des Menschen zu erhalten, die er genauso riechen kann wie orchideen, Abfall, Metall oder Tierhaar.
Die Psychologie weiß seit einiger Zeit, dass menschliches Verhalten stark durch Geruchswahrnehmung beeinflusst wird. In einem nach Kaffee und vielleicht Veilchen duftenden Geschäft kauft der Kunde mehr, als wenn es nach Verpackungsplastik und Scheuerseife riecht. Neben jemandem, der einen angenehmen Körpergeruch oder einen dezenten Duschgel-, Deo-, Parfüm-Odor ausstrahlt, sitzen wir lieber als neben einem Hemd, dem man seine dreitägigen Schweißränder anriecht. Sogar bei der Wahl unseres Sexualpartners, so unterstellt uns die Psychologie (und die gesamte duftstoffproduzierende Industrie, ganz nebenbei), gehen wir komplett der Nase nach.
Wie viel steckt denn eigentlich in uns allen von Süskinds Antihelden? - Wesentlich unterscheiden wir uns natürlich darin, dass er nicht zwischen Gut und Schlecht differenziert - wir hingegen stecken aber ganz klar in Schubladen: "Mag ich", "Mag ich nicht", und all die Abstufungen dazwischen. Und das gilt natürlich nicht nur für Essens-, Blumen- und sonstige Gegenstandsgerüche, sondern ganz besonders für Menschen.
Wenn ich Menschen rieche - also auf Sympathie beurteile - passiert ein interessantes Phänomen: je weniger gerne ich jemanden riechen mag, desto leichter fällt es mir, die Essenz aus einer Person zu ziehen.
Bei der Kichererbse zum Beispiel fällt es mir sehr schwer, eine geruchliche Essenz zu finden und mich auf maximal vier Hauptbestandteile zu beschränken, sondern sie ist für mich ein riesengroßes, breit gefächertes Duftfeld: leichter Blümchenduft wegen ihrer Fröhlichkeit, der salzige Geruch von Meerwasser aus ihrem Freiheitsbedürfnis, Früchtetee-Duft aufrgund ihrer Vorliebe für süße, süße Sachen - insbesondere Säfte und Nektare -, Kamelienduft wegen ihrer originellen, intellektuellen, manchmal überraschenden Eigenschaften, greller Kirschlolli-Geruch wegen ihrer Buntheit und Quirligkeit, und eine Menge anderer Gerüche, die ich nicht genauer auseinandernehmen kann, sondern die einfach durcheinander schwirren.
Nun im Gegensatz dazu zu den krummen Gewächsen unter den Mitmenschen, die ich nicht so gut riechen kann.
Da wäre zum Beispiel A, der für mich den schweren Weihrauchgeruch angestrengter Originalität und Intellektualität ausstrahlt, sowie den selbstprofilierenden, sich selbst hervorhebenden und eitlen "Los-lob-mich!"-Geruch von Vanille.
Oder die schreckliche B aus M, die ich etwas näher kennengelernt habe und deshalb in noch mehr Duftstoffe aufspalten kann: der Geruch von faulenden Eiern, der aus einem begrenzten Horizont resultiert, in dem jegliches menschliche Potenzial vor sich hinfault, weil es sich nicht entfalten kann; Der schwere Geruch von gerade die Blüte überschritten habendem Mohn, der für ihren verzweifelten Versuch steht, originell und besonders elegant & ästhetisch sein zu wollen, wobei sie aber leider in langweilige und hässliche Klischees verfällt und darin stecken bleibt; Der strenge Benzingeruch von Intoleranz; Ein dumpfer Geruch von Minderintelligenz und mangelndem Intellekt, vielleicht so, wie wenn man, den letzten Rest Energy-Drink noch im Mund, seine Nase über die leere Trinkdose hält.

Grenouille, Süskinds Antiheld, ist zumindest mir nicht allzu fremd. Das ist ja das Schreckliche an Antihelden: Sie kommen einem befremdlich, abschreckend, unnah vor, aber ein primitiver, unbewusster Teil in uns fühlt sich (wie nur? wir wollen es uns nicht eingestehen) davon angesprochen.

Und wie riechst du heute?

Samstag, 16. Mai 2009

"YOU'RE UNDER A TEST"

"Teste jetzt dein Wissen"-"Wie gut im Bett bist du wirklich"- "Welcher Job passt zu Ihnen"- "Bist du geeignet für dein Ingenieursstudium"- "Welcher prominenten Person entsprichst du am ehesten"
Von überall her brüllen uns diese Selbsterkennungsmöglichkeiten entgegen. Egal ob Arbeitsagentur, Internet, Berufsberatungscenter, Zeitschriften, alle wollen, dass wir uns testen. Überall und in allen Bereichen, ob in intimen, öffentlichen, komplexen oder langweiligen, kann man sich selbst evaluieren.
Ständig werden wir damit konfrontiert uns selbst einschätzen zu müssen, testen in mehr oder weniger durchsichtigen Tests unsere Werte für Neurotizismus, Zufriedenheit oder Motivationsfähigkeit, wundern uns kurz, was unsere Vorliebe rote Socken zu tragen damit zu tun, akzeptieren aber jede noch so abwegige Frage und sind am Ende irritiert, warum wir unser Leben noch alleine bewältigen können und keine Zwangsstörung haben, obwohl uns die Testauswertung dringend empfiehlt uns in die Psychiatrie einweisen zu lassen.
Je mehr Tests wir zu einem Aspekt machen, desto weniger ermöglichen wir uns eine eindeutige Selbsteinschätzung, denn jeder Fragebogen kommt zu einem anderen Ergebnis. Mal sind wir hochgradig suchtgefährdet, ein anderes Mal widerstehen wir souverän jeder Versuchung und sind extrem diszipliniert, wären somit idealgeeignet für eine Diät, wenn wir uns nicht so gut unter Kontrolle hätten, dass diese überhaupt gar nicht mehr nötig ist. Während uns ein anderer Test eben bescheinigt hat, dass 3 Kilogramm weniger nicht schaden könnten. Am Ende eines Testmarathons, den wir machten um gewisse Dinge klarer zu sehen, sind wir nur irritiert und verunsichert oder auch erheitert, aber definitiv nicht schlauer.
Die meisten dieser Test müssen wir nicht machen und tun es auch nicht. Manche machen wir aus Spaß. Andere leichtdurchschaubare Tests machen wir um unser Selbstwertgefühl ein wenig aufzupolieren. Aber gegen einige Test können wir uns kaum wehren, zum Beispiel in Vorstellungsgesprächen, bei Eignungstest für die Uni und vielleicht auch bald beim Hausarzt, denn denen werden immer wieder zeitsparende Schnelltests für Depression oder Alkoholmissbrauch nahe gelegt, damit sie noch weniger Zeit mit den Patienten verbringen müssen. Diese Tests, die teilweise nur aus 6 Fragen bestehen, haben nur das Manko, dass sie im Prinzip jeden der Risikogruppe zu ordnen, denn wer kann den Satz: "Ich kann besser einschlafen, wenn ich Alkohol getrunken habe" schon mit "nein" beantworten - jemand der noch nie getrunken hat und damit keine Erfahrungen gesammelt hat, ansonsten ist es eine dazugehörige Nebenwirkung, was noch nicht sagt, dass man ihn dazu benutzt um einschlafen zu können, aber das fragt der Test ja nicht, das schlussfolgert der Auswerter!
Wir befinden uns in einer Art Dauerselbstbeobachtung, weil es für unsere Generation dazu gehört: Kaum eine Website kommt ohne den "Teste-dich"-Button aus, keine Jugendzeitschrift wird gelesen, wenn nie ein spannender "Psycho"-Test darin ist. Durch eine sich rasant verändernde Umwelt sind wir verunsichert und suchen in diesen Tests ein wenig Halt oder Klarheit oder irgendetwas anderes, was uns beruhigt.
Alle Generationen vor uns erhielten entweder von der vorhergehenden Generation der Alten und Weisen, die das Unheil vorausahnen konnten einen (meist abwertenden) Namen oder wurden 20 Jahre später von Soziologen und anderen Volksbeobachtern klassifiziert, siehe "Generation Kriegskinder" oder "Generation 68". Unsere Generation schafft es durch ständige Selbstevaluierung sich von außen zu betrachten und sich ständig selbst Namen zu geben und diese, wenn nötig, ständig zu hinterfragen und zu korrigieren.
Wir sind nicht "Generation Rucksack", "Generation Praktikum", "Generation ewige Jugendliche" oder "Generation Bachelor"- Wir sind GENERATION SELBSTREFLEXION!
Hoffentlich werden zukünftige Soziologen dankbar sein dafür sein, dass wir ihnen die viele Arbeit uns zu klassifizieren abgenommen haben.

Mittwoch, 13. Mai 2009

Von käuflicher Schönheit und anderem Kontrollverlust

Die Welt könnte schöner sein, das bestreitet kaum jemand, auch manche Menschen könnten schöner sein. Aber schöner sein meint hier hauptsächlich mehr aus sich machen, auf ihr Äußeres achten. Aber der Schock sitzt tief, wenn eine junge Frau, die man zwar nur flüchtig kennt, aber immerhin kennt, mitten in einem lockeren Smalltalk plötzlich offenbart, dass sie sich einer "Schönheitsoperation" hingibt, um ihre wohlgeformten zierlichen Brüste in einen Atombusen verwandeln zu lassen. Käufliche Schönheit verdirbt nicht nur die Wahrnehmung unserer Jugend, die sich immer kritischer mit ihrer Figur auseinandersetzt, wie eben wieder eine große Studie bestätigte, sondern sie verdirbt auch den Charakter der Personen, die sich operieren lassen, obwohl es keinen Grund gibt, denn sie halten sich mit ihrer künstlichen "Schönheit" für unwiderstehlich und beginnen "Durchschnittsmenschen" (die es als solches nicht gibt) für unwürdig zu halten.
Warum verkauft man seinen Körper und damit sich selbst und zahlt dafür auch noch Unsummen? Warum glauben junge attraktive Frauen sich mit angeklebten Haaren, Fingernägeln und Wimpern, mit eingepflanzten Brüsten und Po- Implantaten und mit korrigierten Nasen und aufgespritzten Lippen wirklich verschönern zu können?
Man kann es auf die sogenannte Schönheitsindustrie oder die Medien, die mit "Wir ändern dein Leben, indem wir dein Aussehen verändern"- Formaten dazu beitragen, schieben und sicher sind sie auch nicht unschuldig. Aber einem Menschen mit halbwegs klarem Verstand, sollten Sendungen dieser Art doch sofort suspekt sein und außerdem ist auch hinlänglich bekannt, dass "Barbie" rein anatomisch nicht existieren könnte, demzufolge sollten auch Fotos mit ähnlich gebauten Personen schnell als irreale Nachbearbeitung erkannt werden.
Das Problem ist doch das diese Gesellschaft dieses Bild von Schönheit haben möchte. Es ist eine Art kollektiver Anorexia Nervosa (Magersucht), die den Kontrollverlust kompensieren soll. Die Gesellschaft hat kaum noch Einfluss auf die Politik, trotz Partizipation durch Wahlen, werden heute kaum noch Wahlprogramme in befriedigender Art und Weise erfüllt, somit stellt sich die Frage, warum überhaupt engagieren? Darüberhinaus haben stehen immer mehr Menschen einem sehr unsicheren Arbeitsmarkt gegenüber. Wenn das Leben einer ganzen Gesellschaft aus den Fugen zu geraten scheint, sucht man sich einen Faktor, den man ohne größere Schwierigkeiten, kontrollieren kann, in diesem Fall: das "Schönheitsideal" und die Umsetzung des selbigen. Man sucht sich etwas wodurch man sich definieren kann, ohne dabei in größere gesellschaftliche Konflikte zu geraten, denn man möchte ja keinen existenziellen Konkurrenzkampf, sondern nur die Suche nach Bestätigung.
Es wird Zeit, dass sich unsere Gesellschaft eine gesundheitsverträglichere Bestätigungsvariante suchen!

Sonntag, 10. Mai 2009

Von Tequila und anderem Fleisch

"AUF ZUR NÄCHSTEN RUNDE SCHWEINKRAM"
Als dieser Ruf durch den Garten und die halbe Siedlung schallte, waren die Nachbarn wahrscheinlich irgendwas zwischen peinlich berührt ins Haus flüchtend und aufregend überrascht einen Blick durch den Zaun erhaschend. Aber mit Sicherheit waren sie enttäuscht, als sie erkannten, was damit wirklich gemeint war, denn der Schweinkram bezog sich nur auf den niedlichen kleinen Salzstreuer in Schweineform und die nächste Runde war einfach der Moment, als die Tequila Flasche endgültig geleert wurde. Ja, die Grillsaison hat jetzt auch in meinem Sommer angefangen.
In entspannter Runde sich dem großen Fressen mit unvergleichlichem Charme hinzugeben, ist einfach das größte Glück des Sommers. Vorallem ist diese große Mahl, in dem das Fleisch, das noch nach steinzeitlicher Tradition direkt über glühenden Kohlen bereitet wird, die Hauptrolle spielt, so schön entspannend für unsere männlichen Artgenossen, denn sie dürfen in ihre urtypischen Rollenmuster verfallen: "Frau, hier ist dein Essen, ich habe gejagt und das Feuer bezwungen."
Wir lieben dagegen in Gegenwart dieses Monstrums namens Grill so anzustellen, dass uns auch ganz sicher ein Mann das Feuerzeug und später die Grillzange aus der Hand nimmt.
Es bleibt Grillen ist ein Vergnügen, das einfach alle glücklich macht und wenn man genügend Tequila dazu trinkt, spart man am nächsten Tag auch die überflüssigen Kalorien des Vortags ohne Probleme wieder ein. Also auf zur nächsten Runde Schweinkram, der Sommer ist noch lang!

Samstag, 9. Mai 2009

Vom Guten und anderen Fehlern

"Ziemlich gut ist nicht so gut wie gut!" Ja, um das zu begreifen, muss ich täglich in die Uni gehen. Ich bin meinem Dozent sehr dankbar, hätte ich das nicht erfahren, wäre mein Leben wahrscheinlich den Bach heruntergegangen.
Diese Erkenntnis hat nur den Fehler, dass es mich auch nicht weiter bringt, denn das meiste im Leben ist nur ziemlich gut. Das liegt zum einen daran, dass es in unserer Gesellschaft zum guten Ton gehört an allem etwas zum kritisieren zu finden und zum anderen daran, dass man tief im Inneren immer auf die Erfüllung des ganz persönlichen Märchens wartet und man deswegen mit allem Schönen nur ziemlich zufrieden sein kann, denn es entspricht ja nie ganz der Fantasie. Außerdem haben wir Angst zu sagen, dass Dinge oder Momente wirklich richtig gut sind, weil es dann viel zu sehr weh tut, wenn wir sie verloren haben oder wir an der Erhaltung gescheitert sind. Es ist weniger schlimm, wenn man im Hinterkopf schon mindestens 3 Gründe hat, warum es sowieso nur Mittelmaß war.
Aber meistens disqualifizieren sich die Situationen schon dadurch richtig gut zu sein, dass sie uns einfach viel zu sehr überraschen, dass wir einfach nicht genug Zeit haben uns darauf vorzubereiten und zu freuen und meist haben wir in der Situation auch viel zu wenig Zeit die Schönheit des Augenblicks wahrzunehmen, weil er viel zu schnell vorbeigeht und im Nachhinein können wir ihn ja nicht mehr als sehr gut wahrnehmen, weil es dann, wie ober erklärt, zu sehr weh tut.
Diese Abstufung, ist deswegen ein Fehler, weil wir uns damit die Chance ruinieren, wirklich zu genießen und ein wenig weniger Kritik an der Welt würde uns das Leben oft süßer erscheinen lassen und wir könnten unseren Mitmenschen offener begegnen.
Vielleicht bringt uns die Erkenntnis weiter, dass alles das, was wir als ziemlich gut wahrnehmen, das eigentlich Gute, das kaum noch zu steigern ist, ist und wir dieser Wahrnehmungsschwäche dadurch Rechnung tragen, indem wir das ziemlich Gute mehr schätzen lernen.
Dann muss der Satz vom Anfang zwar lauten: "Ziemlich gut ist heute eigentlich genauso gut wie gut, aber wir brauchen "ziemlich gut" um gut mit dem Verlust des Guten umgehen zu können."

Freitag, 8. Mai 2009

Elke und andere Großstadtmonster

Sie ist etwa einhundertfünfundsechzig Zentimeter hoch, fast genauso breit, und hat ihre Vierziger spätestens zur Zeit der Euro-Einführung überschritten: DIE Edeka-Angestellte.
Hier nun eine Feldstudie (Beobachtung in natürlicher Umgebung) aus der aktuellen Woche.

An einem Donnerstagnachmittag legte ich meine Waren aus dem Einkaufskorb auf das Laufband der Kasse. Vor mir wurde eine weitere Kundin abgefertigt, die Kassiererin so wenig freundlich, wie man es gewöhnt ist. Bis dahin ein normal-unsympathischer Edeka-Besuch.

Nun aber kam ein weiteres Exemplar der oben beschriebenen Dame und stellte sich direkt vor mich an das Warenband. Sie drängelte sich viel zu nah an mir vorbei; Es gibt da einen Begriff, der mir zwar momentan entfällt, der aber beschreibt, dass der Mensch in einem Radius von etwa 20cm um sich herum seinen intimen Bereich definiert, und wenn dort hinein Menschen, besonders fremde, eindringen, fühlt er sich unangenehm berührt. Man denke nur an Gedränge in der Bahn, bei dem man ebenfalls versucht, so wenig Körperteile wie möglich zu berühren, oder die Tatsache, dass sich auf öffentlichen Plätzen die Menschen so auf Sitze verteilen, dass zwischen ihnen und den sie umgebenden Personen ständig gleichviel Platz ist. Deshalb ist es in der Mensa ja auch immer leicht, einen einzelnen Platz zu finden, aber unproportional schwieriger, drei Leute nebeneinander unterzubringen.
Wenn man nun den Begriff des intimen Bereiches nimmt, so hatte die vorhin beschriebene Drängel-Dame den meinigen vollständig ausgefüllt. Noch dazu ohne ein Wort der Entschuldigung oder wenigstens das kassiererdeutsche „Achtung! Darfichma!“.
So weit, so dreist.
Dann stellte sie eine Ladung irgendwelcher Waren auf das Band, von denen sie offensichtlich wissen wollte, wo sie hingehören. Ein Warenexemplar hielt sie hoch und sagt zu ‚meiner’ Kassiererin: „Elke?!“, woraufhin Elke ihr erstmal freundlichst und mit einem kleinen Klönschnack dazwischen erläuterte, wohin die Ware einsortiert gehörte.
Währenddessen zerquetschte ihre Warenpackung mein Toastbrot, das, dem Lauf des Warenband folgend, unaufhaltsam auf ihre Warenpackung zufuhr und an dessen Wegblockierung scheiterte. Ich äußerte ein „Entschuldigung“, dessen Halbherzigkeit nur daraus resultierte, dass ich eh nicht damit gerechnet hatte, mein Brot heil nach Hause zu bekommen – denn wenn Elke die Waren über den Scanner zieht, schmeißt sie sie hinterher dermaßen schwungvoll hinter sich, dass ich meine Schoki nicht mehr in Stücke zerbrechen und meinen Rasierschaum nicht mehr schütteln muss. Und die Idee, dass die Limo zuhause noch Kohlensäure hat, habe ich eh schon aufgegeben.

Nach einem freundlichen Schnack (ihre kundengerichtete Stummheit ist also kein angeborener Geburtsfehler) mit der Kollegin wandte sich Elke also nun widerwillig ihrer Arbeit zu.
Meine Einkäufe flogen gegen den Rand des Warenbands (wer braucht schon feste Bananen?), und Elke fokussierte diesen mysteriösen Fixpunkt, auf den sich Kassiererinnen stets zu konzentrieren scheinen, wenn sie sich nicht mit dem Kunden beschäftigen mögen.
Dieser Punkt liegt etwa 45° seitlich weit hinter dem Kunden. Versucht mal, es selber zu beobachten: es stimmt.
Selbst während des Zahlungsvorgangs ändert sich dieser Fixpunkt nicht. Niemals.
Nun, um das Ende kurz zu machen: Weder, während ich bezahlte, noch während ich einpackte, nicht einmal, um mich daran zu erinnern, meine Karte nicht zu vergessen, sagte Elke ein Wort zu mir. Das einzige, was ich von ihr hörte, war ein mürrisches „Fünfzehnfünfunddreißg“.

Herzlich willkommen im Kundenland Deutschland!

Jedem, der mal wirkichen Service erleben will, empfehle ich, das nicht hier zu probieren, sondern zum Beispiel nach Japan zu fahren.

Freitag, 1. Mai 2009

Abenteuer Bloggen- erstes Resümee

Ich blogge seit weniger als 2 Monaten und habe bereits mindestens 3 Freunde dazu animiert sich mit mir in dieses Abenteuer zu stürzen und ihre Gedanken ebenfalls der Weltöffentlichkeit zu offenbaren und zu bloggen, entweder als ganz neue Erfahrung oder als Wiederaufnahme eines alten Hobbys. Dies hat mich sehr beeindruckt, deswegen teile ich mir meinen Blog auch mittlerweile mit neechan, was mich sehr freut und ihn auch thematisch sehr bereichern wird.
Ich wusste ja, dass erfolgreiche Diäten oder eine Raucherentwöhnung sich massiv auf den Freundeskreis auswirken, aber dass auch Bloggen solche Auswirkungen hat, hat mich überrascht. Vielleicht ist es dann auch möglich seine Ziele dadurch zu erreichen, dass man seinen Freundeskreis daran anpasst. Das ist im Grunde das Prinzip von Selbsthilfegruppen, aber vielleicht könnte man das für allerlei Nichtigkeiten ausdehnen. Das wäre doch eine riesige Geschäftsidee: Man bietet im Internet gegen einen nicht unerheblichen Preis eine Plattform, die die passenden Freunde zu jedem Problem bietet: "Sie wollen disziplinierter an ihren Aufgaben für das Studium arbeiten, wir vermitteln ihnen die richtigen Freunde." "Sie wollen schwanger werden, treffen sie noch heute ihren neuen Freundeskreis" usw...
Oh, ich wollte ja eigentlich über das Bloggen resümieren! Es hat sich auf mein Gemüt sehr positiv ausgewirkt, endlich einen Kanal zu haben um seine Kritik äußern zu können ohne dabei direkt jemanden anzugreifen. Außerdem muss man niemanden, den es nicht interessiert, mit seinen Gedanken nerven, denn jeder der es nicht lesen will, kann es wegklicken. Darüberhinaus stelle ich immer wieder fest, dass ich mich nicht wirklich auf ein Thema konzentrieren kann. Ich fange irgendwo an zu schreiben und ende an einem ganz anderen Punkt oder auch wieder am gleichen, nachdem ich zehn Ecken eingebaut habe. Vielleicht sollte ich das bei meinen Hausarbeiten für die Uni beachten.
Vielleicht bin ich zu kritisch, vielleicht zu oberflächlich, vielleicht will es niemand lesen, aber eins ist definitiv festzuhalten: Ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß bei einer Sache.
Außerdem schult man seine Aufmerksamkeit. Man geht viel offener durch seine Umwelt, immer auf der Suche nach neuen Aufregern, witzigen Geschichten oder Obskuritäten, über die man schreiben möchte. Und davon gibt es noch jede Menge da draußen, ihr werdet also noch viel von mir hören.