Montag, 15. Februar 2010

Vom Winter und anderen Dopingvorwürfen

Neulich in der Bahn bekam ich ein Gespräch von 3 mittelalten Männern dabei zu, wie sie sich über die Leichtsinnigkeit der Bahn unterhielten. Es wurde erörtert, ob die Menschen denn die Katastrophen der letzten Jahrzehnte schon vergessen hätten. Heute wurden sie wieder daran erinnert. Erstaunlich daran war für mich in erster Linie, dass im amerikanischen Fernsehen viel früher und viel ausführlicher darüber berichtet wurde als in den deutschen Medien, obwohl es sich doch um ein Nachbarland handelt in dem das Zugunglück passierte.

Widerlich ist daran vor allem die Vorstellung, dass Kollegen sich über ein sogenanntes soziales Netzwerks mit Mikroblog darüber austauschten, wer im Zug gewesen sein könnte und wer nicht im Büro ist.

Europa ist geschockt und wieder wird über einen Verantwortlichen gemunkelt, der in seiner Übermacht jeden menschlichen oder technischen Fehler nichtig erscheinen lässt: Der Winter.


Die Welt ist ungerecht. Im beschaulichen Wintermärchen Deutschland gehen an den Universitätskliniken der Großstädte die Nägel aus, die man benötigt um Handgelenke nach einem Sturz wieder zu flicken, während in dem, dem Nordpol viel näher seienden, Canada der Schnee fehlt, der die Hauptstadt der USA letzte Woche in ein völliges Chaos stürzte.

Das nette an Stürzen in dieser Jahreszeit ist, dass man die Schmerzen nicht spürt, denn die betroffenen Körperregionen werden direkt ausgiebig gekühlt. Erst wenn man das Blut spritzen sieht oder die in eigenartigen Winkeln abstehenden Glieder sieht realisiert man, dass dieser Sturz schlimmer war als die letzten 23. Bei den 23 vorherigen Stürzen spürte man die Schmerzen erst als man den Körper mühsam unter der heißen Dusche auftaute und entdeckte die hübschenHämatome, die einen natürlichen Körperschmuck bilden.
Man kann also bald keine Handgelenke mehr flicken. Beunruhigt das die Menschen, die davon wissen? Hoffentlich nicht, denn überhöhte Vorsicht, führt zu einer erhöhten Zahl von Unfällen.
Ich kann mich auch nicht erinnern, dass jemals zuvor eine Autobahn wegen Salzmangels gesperrt war. In meiner Kindheit im Mittelgebirgsvorland gab es jeden Winter mehr oder weniger Schnee, doch Schulfrei gab es deswegen nie.
Wenn das Wetter eine Sportart wäre und der Winter ein Sportler, dann würde man ihm dieses Jahr vorwerfen gedopt zu sein.
Alle Menschen schreien schon Mitte Februar nach Frühling. Dabei fühlt sich der Frühling doch umso schöner an je länger und härter der Winter war.

Wie oben angedeutet, wartet man in einem anderen Teil der Welt auf Schnee – im Olympialand Canada. Ich gehöre zu den Menschen, die sich momentan nicht die Nächte um die Ohren schlagen, warum auch? Soll ich mir Dopingweltmeisterschaften anschauen? Warum schaut man Sport, bei dem der gewinnt, der am besten weiß, wie man Drogenkonsum effektiv betreibt und bestmöglich verschleiert.

Sportler schaffen es nie zu dem Superstarstatus wie mancher Musiker und Schauspieler, doch während denen ein Drogenimage nicht wirklich schadet, manchen sogar eher nutzt, ist ein Sportler schon abgeschrieben, wenn er nur unter Verdacht steht. Trotz all dem übt Olympia eine wahnsinnige Faszination auf die Menschen aus, die ich nicht nachvollziehen kann. Ist es der Ausgleich zu Krieg undAusbeuterei? Müssen sich Völker, Nationen, Menschen unbedingt permanent messen?


Samstag, 13. Februar 2010

Vom Lächeln und anderen outgesourcten Leistungen

Wir alle kennen die "Gelben Engel", aber ich möchte heute über die "gelben Teufel" schreiben. Das sind auch Menschen, deren Arbeitskleidung in dieser wunderschönen Farbe des Himmelskörpers, den wir seit Wochen (gefühlten Monaten) nicht mehr gesehen haben, strahlt und die mir das Leben schwer machen.
Dass sie nicht grüßen, ist ein geringes Übel, dass sie Schwierigkeiten haben zu lesen, schon ein größeres und dass sie gern Dinge verschwinden lassen, die mir gehören, ist ein riesiges Problem. Aber ich wollte eigentlich von der Service- Wüste Deutschland erzählen.
Man möchte sein Paket am Schalter einer so rar gewordenen Filiale der gelben Teufel -denn sie sind die wahren Meister des outsourcens, jeder kapitalistische Unternehmensberater, Entschuldigung Consulter, benutzt sie als Musterbeispiel- sein Paket abholen. Angesichts der Kälte und der typisch nordischen s-teifen Brise freut man sich, dass die Schlange genau hinter der Tür beginnt und man sich doch im warmen Neonlicht die Beine in den Bauch stehen darf. Aber wie jeder andere möchte man ja etwas von ihnen, deswegen bleibt man ja freundlich. (Dass man nur deswegen etwas von ihnen möchte, weil einer ihrer Legastheniker wieder irgendeinen Bockmist gebaut hat, kann man kurzfristig verdrängen.) Man wartet also geduldig und beim warten hat man Zeit:
Zeit zum Beobachten. Man beobachtet die Arbeitsmoral, der Schalterangestellten, man beobachtet die wartende Meute, die ungeduldig werdende Mutter, deren Unruhe auf ihr Kind übergeht, was für die Geduld der Mutter nicht zwingend förderlich ist, man beobachtet die junge angestellte aus der angegliederten Bank, die man durch eine riesige Glasfläche bei einer Kundenberatung sehen kann (so will ich mal nicht arbeiten).
Zeit zum Analysieren. Man sieht das breite Lächeln der Banktante und stellt fest, dass da der Unterschied zur Schalterangestellten liegt, zu der die Leute kommen, die was wollen, im Gegensatz zur Finanzberaterin, die selbst etwas will, etwas aufschwatzen.
Zeit zum Pläne schmieden. Egal wie lange ich noch warten muss und egal wie sehr mich das Geschrei des Kindes nervt, ich werde die gestresste Frau, dort vorn ganz freundlich anlächeln.
Gesagt, getan!
Ich kann euch nur raten, lasst es sein!

Gelber Teufel murrend murmelnd: "Ich brauch dann noch Ihren Ausweiß!"
Ich beschwingt lächelnd: "Natürlich, bitte schön!"
GT irritiert aufschauend: "Is irgendwas?"

Ist gelb das neue schwarz? Ich meine, es ist Farbpsychologisch belegt, dass Farben einen Einfluss auf unsere Stimmung haben. Manchmal erfüllen Farben auch nur einen praktischen Zweck (OP grün zum Beispiel), aber ich assozierte gelb immer mit Lebensfreude und Fröhlichkeit, obwohl ich wohl weiß, dass es auch die Farbe des Neids und Egoismus ist, aber die Menschen, die diese Arbeitskleidung tragen sind nicht aggressiv oder neidisch sondern eher, phlegmatisch und teilnahmslos bis traurig.
Aber Schornsteinfeger kontrastieren dann ja wieder ihr schwarz durch Freude, die -wie ich dachte- daher kommt, dass sich immer alle so freuen einen zu sehen und dann einfach einen freundlichen Mann sehen.
Beeinflusst wirklich die Farbe unserer Arbeitskleidung unser Verhalten und unsere Stimmung in anderer Weise als es Farben üblicherweise tun? Zeit für eine vergleichende Studie zwischen gelben Engeln, gelben Teufeln, Schornsteinfegern und Bestattungsunternehmern.
In der Folgestudie sollten auch unbedingt Tarnmuster untersucht werden, aber dazu brauch ich erst noch eine These.

Wo sind wir denn bitte hingekommen, wenn die Leute irritiert nachfragen, warum man freundlich ist, während sie andere Menschen weinend am Straßenrand als ganz normales Phänomen ignorieren???

Montag, 1. Februar 2010

Home, sweet Home... oder Klo(ver)balisierung

Ein Streitgespräch:

"Beim Koreaner mit dem Löffel Sushi essen - das ist Globalisierung."
"Alle Menschen auf der Welt sprechen hauptsächlich englisch und adapitieren "the American way of life"- das ist Globalisierung."
"Wir demonstrieren dagegen, dass durch Globalisierung unsere Umwelt stärker belastet wird und lassen dann auf dem Demo-Gelände unsere Junkfoodverpackungen liegen- das ist Globalisierung."
"Alle können, aber keiner macht mehr- das ist Globalisierung."

Unter Globalisierung versteht man die zunehmenden weltweiten Verflechtungen in mehreren Bereichen, wie Kommunikation und Wirtschaft. Selbstverständlich haben diese Verflechtungen sowohl positive als auch negative Konsequenzen, die oft genug an anderer Stelle diskutiert werden. Aber zu diesem Thema gehören so viele andere Lebensbereiche:
Die Fragen, die in Zusammenhang mit Globalisierung und Kapitalismus stehen (Wie soll sich der Bauer verhalten, wenn seine Frau sagt: 'Sieh zu, dass du Land gewinnst!'?) und Fragen zu Trennungen trotz wachsender Reisemöglichkeiten (Leiden Bäcker unter Abschiedsschmerz, wenn sie jeden morgen einen Hefeteig gehen lassen müssen?) oder ob die durch die Globalisierung wachsende Mobilität nicht größere Folgen für unsere Umwelt hat, als wir bisher befürchteten (Macht man den Meeresspiegel kaputt, wenn man in See sticht?)

Aber zurück zum Ernst der Sache: Wenn wir Samstagabend beim Thai sitzen und unsere "Italian Pizza" Belag Hawaii essen und dazu ein gutes Glas Burgunder trinken und dann der netten türkischen Bedienung ein extra großes Trinkgeld geben, scheint es so zu sein, dass wir etwas verlieren, was angeblich für die Entwicklung einer stabilen Persönlichkeit von unschätzbarem Wert ist: Heimat?
Wenn wir rastlos reisen können, unser berufliches Glück aller 2 Jahre auf einem anderen Kontinent suchen und wir keinen Ort mehr zu Hause nennen, keine spezifischen Eigenheiten der Länder und Kulturen mehr kennen, dann brauchen wir eine neue Definition von Heimat und die gibt es auch schon: Heimat ist kein Ort sondern ein Gefühl, ein Gefühl der Geborgenheit, ein Platz an dem die Menschen sich gern haben. Na, dann ist mir ja alles klar! Nein, nichts ist mir klar. Kann ein Deutscher so ein Gefühl überhaupt vermitteln. Der Bewohner eines von Individualismus geprägten Landes soll ein wärmendes Gefühl vermitteln? Ein Land in dem es schwer fällt Respekt zu zeigen, ein Land in dem Eltern Probleme haben ihren Kindern oder den Kindern ihrer Partner liebevoll zu begegnen, soll ein Gefühl von "zu Hause" sein vermitteln. Immer weniger Deutsche schaffen es, ihre Nachbarn zu grüßen, sich für nette Gesten zu bedanken oder einfach nur freundlich zu lächeln. Ein Land, das jedem fremden Heimatlosgewordenenen sooooo kritisch gegenübersteht, kann auch bald denen kein Heimatgefühl mehr vermitteln, die es von Geburt an haben sollten.

In einem Land in dem materielle Werte mehr zählen als ein echtes Gemeinschaftsgefühl, können auch Kampangen wie "WIR sind Deutschland" nicht mehr helfen. Wenn Hautfarbe, sexuelle Vorlieben und politische Einstellung ausreichen um diskriminiert oder verletzt zu werden, ist nirgendwo Platz für Geborgenheit. Wie sollen eine solche Gesellschaft dazu einladen eine Heimat zu sein, wenn auch nur eine vorübergehenende?