Mittwoch, 24. März 2010

Von Hefepilzen und anderen sexuellen Vorlieben

Es gibt nur wenige Branchen, die profitieren, wenn sich eine Wirtschaft in der Krise befindet, aber die Süßwaren- und Sexbranche gehören definitiv dazu. So stieg auch letztes der Umsatz der größten Kondomhersteller in außergewöhnlichen Umfang.

Sex geht immer. Das merkt man aktuell auch in den Medien. Zu Sendezeiten zu denen es sonst nicht üblich ist, findet man momentan hauptsächlich dieses Thema. Ich bin in den letzten Wochen gar nicht dazu gekommen, den Stift aus der Hand zu legen, weil ich viel zu beschäftigt war Sprüche mit zuschreiben, um mich auch noch Tage später bei jedem Smalltalk drüber lustig zu machen. Da schaut man aus versehen mal eine Wissenschaftssendung und lernt, was man nie wissen wollte, dass Hefepilze, wenn sie unter evolutionärem Druck stehen, auf eine sexuelle Fortpflanzung setzen. Vielen Dank für die Info, ich sehe mein Bier jetzt unter einem ganz neuen Licht und hoffe, dass die Pilze, die an der Herstellung beteiligt waren, nicht das Gefühl hatten, dass ihre Arterhaltung gefährdet ist.

Während ja bekannt ist, dass im Nachmittagsprogramm des Unterschichtenfernsehens jegliche zwischenmenschliche Beziehungen nur in einer sexuellen oder strafrechtlichen (was so viel heißt wie "strafrechtlich-sexuellen", weil es gibt ja nur Verbrechen, die in irgendeiner Form mit Sex zu tun haben) Komponente beleuchtet wird, war ich doch Mitte der Woche geschockt, als ich in einer „Lebenshilfe-Sendung“ mit einem Niveau, das üblicherweise etwas über dem der gewöhnlichen Nachmittagssendungen liegt, riesige Dildos sah, weil ein Angehöriger des wahrhaft schwachen Geschlechtes seiner schöneren Hälfte nicht zumuten wollte, mit einem Seil Billard spielen zu müssen.

Jetzt beginnt auch noch der Frühling und die ersten warmen Sonnenstrahlen erreichen unsere Haut und das Thema Sex wird, in Zusammenhang mit Frühlingsgefühlen, noch mehr ausgeschlachtet. Dabei ist der Lustgewinn im Frühling überhaupt nicht auf den Fortpflanzungstrieb ausgerichtet, sondern vielmehr auf die Befriedigung einer Selbstaufwertung, also Verbesserung des Selbstwertgefühls, nach den langen dunklen Tagen. Frauen wollen wieder schöner werden und ihr frühjährlicher Lustgewinn ist bei einer Shoppingtour am höchsten, während Mann jetzt wieder wichtiger sein will und sein Lustgewinn ist am höchsten, wenn er sein Cabrio auf Hochglanz polieren kann und damit durch den ersten Sonnenschein cruisen kann.

Wer hat nur das Gerücht verbreitet, dass Frühlingsgefühle etwas mit Sex zu tun haben? Es waren ausnahmsweise mal nicht die Männer, zumindest nicht alle. Es waren die Alten. Denn alte Menschen wissen, dass sie noch sie viel shoppen können, sie werden nicht wieder so schön wie früher und die alten Männer wissen, dass sie keinen Stich mehr sehen, also stürzen sich alte Menschen unter Vorwand der Jahreszeit in sexuelle Abenteuer, jetzt wunderbar in den Parkanlagen dieser Welt zu beobachten, um ihren Selbstwert auf fragwürdige Art zu optimieren und alle anderen müssen es ausbaden oder müssen ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie ihre Frühlingsgefühle richtig interpretieren und sich nicht waghalsig in komplizierte Beziehungen stürzen.

Genug zur aufgebauschtesten Nebensache der Welt and tribute to spring: Ich genieße jetzt die Sonne beim ersten Freiluft-Eis des Jahres und beobachte andere Menschen dabei, wie sie sich selbst nicht verstehen.

Freitag, 12. März 2010

kichererbses Kopf-Tsatsiki und anderes politisches Gyros

Die EU bröckelt an ihren Außengrenzen. Griechenland ist pleite und damit nicht mehr kreditwürdig, EU will kein Geld locker machen, doch der Euro ist in Gefahr - Zusage, dass man die eigene Währung nicht abschmieren lässt. Die griechische Regierung kündigt Sparmaßnahmen an, niedrigere Löhne und höhere Preise - große Zustimmung der Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und den USA, man sei auf dem richtigen Weg. Protest bei den Griechen - Generalstreik. Polizei kämpft bei Auseinandersetzung mit den randalierenden Demonstranten gegen eigenen Kollegen, die gegen ein Leben am Existenzminimum kämpfen. Forderung: die Reichen sollen zahlen und nicht die Armen bluten. (Hat Griechenland reiche Menschen außerhalb der (korrupten) Regierungskreise?)
Wir können den Griechen unsere "Arbeit muss sich wieder lohnen"-Plakate schicken. Daran glaubt hier eh niemand.
Generalstreik beendet, zurück bleibt Chaos, heute gibt es keine Zeitung, weil gestern auch die Journalisten streikten, vielleicht ist das besser für die Griechen, dann lesen sie wenigstens keine neuen Hiobsbotschaften.
Folgen für den Rest-EU-Raum:
Der Euro ist weniger Wert.
Der Urlaub in Griechenland wird günstiger und gefährlicher (arme Menschen sind von Natur aus kriminell).
Falls Griechenland doch ganz abschmiert, zahlt die EU schon, also der europäische Steuerzahler.
Es wird gemunkelt, die griechische Regierung hofft auf Naturkatastrophe, damit sie von den Aufbauhilfen etwas zur Staatssanierung abzweigen kann.
Seit Beginn der wirtschaftlichen Probleme in Griechenland können Flüchtlinge, die über Griechenland in die EU eingereist sind, erfolgreich dagegen klagen zurück nach Griechenland geschoben zu werden, setzt voraus das der Asylbewerber über die finanziellen Mittel für einen Prozess verfügt, denn Nichtdeutsche erhalten für diese Art von Verfahren keine Prozesskostenbeihilfe, aber das ist ja kein Problem für die meisten Menschen, die lebendig ein Kriegs- oder Krisengebiet verlassen haben, die sind ja alle besonders wohlhabend.

Das ist alles was ich in den letzten Wochen den Medien über das "Griechenlandproblem" entnommen habe. Ich habe mich weder besonders mit dem Thema beschäftigt noch versucht einen Bogen darum zu machen. Die Fetzen sind halbwegs chronologisch nach ihrem Erscheinen in meiner Wahrnehmung geordnet, aber möglicherweise in höchstem Maße selektiv.
Es geht mir nicht um Berichterstattung, sondern ich will zeigen, wie mein Kopf Informationen verarbeitet und speichert, wenn er nicht zur Außeinandersetzung mit diesen Infos angeregt wird.
Ich hätte auch jedes andere ähnlich medienpräsente Beispiel wählen können, aber da die Medien momentan nur um gefühlte 3 Themen kreisen und ich mich mit einem davon etwas intensiver auseinandergesetzt habe, war die Auswahl etwas beschränkt.
Ich habe keine Ahnung, wie sich das "Griechenlandproblem" lösen wird, mit Staatspleite oder einem mühsamen Regenerationsprozess oder ob es nach dem Medienhype der letzten Wochen nicht einfach nur in einem journalistischen Wattebausch endet, aber ich wünsche den Griechen das Beste für ihr Land und schaue bald bei meinem Lieblingsrestaurant für Griechische Küche vorbei und, wie ich den Besitzer kenne, werde ich den ein oder anderen Ouzo auf jeden guten Griechen trinken.

Dienstag, 9. März 2010

Von Abschiebung und anderen Todesstrafen

Bereits heute Nacht habe ich mir Gedanken gemacht, worüber ich bloggen möchte. Doch als ich heute morgen aus der Traumwelt in die Realität abglitt, wurde mir plötzlich überdeutlich klar, wie aktuell mein präferiertes Thema ist.
Ich wollte heute einen kleinen Exkurs zum Thema "Deutsches Recht für alle" geben. Wobei dieser Satz mindestens 4-deutig gemeint ist:
- zum einen der Verständnisaspekt: Kann jeder Juradeutsch verstehen?
- zum anderen der Wissensaspekt: Wieviel Ahnung haben die Leute von den Gesetzen, die für sie gelten
- darüber hinaus der Zugehörigkeitsaspekt: Für wen gilt "deutsches Recht"
- zu guter letzt der Nachdenkaspekt: Sollte es für alle gelten? Wie sollte was für wen gelten?

Aber der Exkurs ins Rechtssystem darf nur noch den Rahmen bilden. Denn ich habe heute morgen erfahren, dass am Sonntag ein 17-jähriger Flüchtling in einem Hamburger AbschiebeGEFÄNGNIS gestorben ist. Er war allein ohne Eltern hier in Deutschland und saß seit Anfang Februar in Haft und musste tagtäglich damit rechnen ausgewiesen zu werden. Er hat wohl nach wochenlangem psychischem Stress seinem selbst Leben ein Ende gesetzt. Ein Kind kann in einem deutschen Gefängnis vom Wachpersonal unbemerkt ums Leben kommen!?
Er starb allein und verzweifelt und wählte den vorzeitigen Tod, weil für ihn Abschiebung das gleiche bedeutete.
Er hatte deutschen Boden betreten und trotzdem galt für ihn kein deutsches Recht. Für ihn galt noch nicht einmal, dass die Würde des Menschen unantastbar ist.

Wir leben in einem Staat in dem es Regeln/Pflichten gibt, die für jeden gelten, der sich in ihm aufhält, aber es gibt Rechte nur für die, die durch einen Pass zu dieser Nation gehören und für alle, die sich hier aufhalten und diesen Pass nicht besitzen gelten noch zusätzliche Regeln. Darüber, dass die Bedingungen diesen Pass zu erhalten irreal und willkürlich sind, brauchen wir hier nicht zu reden.
Reden möchte ich über das Recht auf Freizügigkeit (das Recht da hin zu ziehen, wo man leben möchte), gilt für jeden Deutschen innerhalb Deutschlands und in eingeschränkter Form auch für die EU. Warum gilt es nicht für die ganze Welt? Warum gilt es nicht einmal für einen Asylbewerber in der EU oder noch eingeschränkter in Deutschland? Jemand, der es lebend bis hierher geschafft hat und zumindest vorübergehend bleiben darf, darf nicht entscheiden an welchem Eckchen in Deutschland er bleiben/überleben darf.

Wir behaupten "alle Menschen sind gleich" oder haben zumindest die gleichen Rechte verdient. Wenn wir also so eine Weltgemeinschaft gleichberechtigter Menschen sind, warum darf dann nicht jeder dieser Weltgemeinschaft leben wo er möchte, warum darf sich nicht jeder seine Nation und Sprache, sein politisches und religiöses System, seine Nachbarn und geographischen Vorlieben selbst aussuchen?
Ich möchte keine staatenlose Welt (egal ob anarchistisch oder kommunistisch), aber ich möchte, dass jeder sich das System aussuchen kann, dass am besten zu ihm passt.



noch ein Update zu dem 17-jährigen Toten:
In Hamburg gibt es zahlreiche kleine Organisationen, die sich um Menschenrechte bemühen, auch und besonders um die Rechte von Asylbewerbern, Migranten, Menschen mit befristeten Aufenthalten. In diesen Kreisen herrschte heute morgen Bestürzung und Krisenräte tagten, eine Spontandemonstration wird angesetzt, besonders unterstützt aus kirchlichen Kreisen. Auch die Lokalredaktion eines großen Fernsehsenders hatte von dem toten Minderjährigen im Gefängnis gehört und witterte einen Skandal und will heute Abend berichten und fragte in mindestens einer Organisation an, ob sie denn die Aktionsplanung filmen dürften, vielleicht die Herstellung von Transparenten. Als ihnen ein Interview zu den Ereignissen zugesagt wurde, lehnten sie jedoch mit der Begründung ab, man brauche Action für die Zuschauer, ein Gespräch sei zu langweilig.
Ich lasse das jetzt so stehen und versuche meine Kritik an der Medienperversion, die aus der Sensationsgeilheit der Zuschauer resultiert zurückzuhalten.

Samstag, 6. März 2010

Abenteuer bloggen - it seems like yesterday

74 Posts in einem Jahr, mit diesem 75, davon etwa 3/4 von mir, der Rest natürlich von meiner grandiosen Co-Autorin neechan, die für ein wenig Abwechslung in meine Schimpftiraden bringt. Besonderen Dank an dieser Stelle für deine Unterstützung. Einige Posts sind auch Gemeinschaftsarbeit oder Fortsetzungen von Ideen der jeweils anderen. Nun, 75 Posts, nicht die Welt, aber doch eine Leistung für eine "Vollzeitstudentin", die Tage hat, an denen sie sich nicht einmal zum Essen aufraffen kann.
Was war der Anspruch vor einem Jahr, etwas Neues ausprobieren, einen neuen Blickwinkel üben und sich ein bisschen aus dem Geschehen herausnehmen und die Welt auch mal von außen betrachten (ich wusste nicht mehr, was ich vor einem Jahr überlegt habe, aber da ich ja angefangen hatte zu bloggen, kann ich es jederzeit bequem nachlesen).
Was Neues habe ich angefangen und ich habe auch reichlich Spaß dabei, auch wenn ich ein paar Krisenmonate dabei hatte. Ich habe auch ein bisschen positives Feedback bekommen, was mich zu der Entscheidung brachte, dass es vielleicht doch den ein oder anderen Menschen gibt, den das ganze hier interessiert und da es so ein wunderschönes Medium zum Aggressionsabbau ist und wenigstens niemand sofort wiedersprechen kann, werde ich die Online-Welt noch ein Weilchen mit meinen geistigen Ergüssen "bereichern"/langweilen/zuspamen/unterhalten/informierten...
Damit auch einen großen Dank an alle (regelmäßigen) Leser für euer Interesse und eure Toleranz.
Einen neuen Blickwinkel habe ich auch gewagt, auch wenn es im Blog vielleicht nicht so erscheint, aber neue Blickwinkel ergab sich auch eher außerhalb des Internets (oh ja, doch es gibt ein Leben außerhalb des Internets, auch wenn es Exemplare geben soll, die daran nicht glauben, siehe: Post vom 02.03.2010). Ich bin viel aufmerksamer gewesen, habe mich intensiver mit Themen auseinander gesetzt und habe manche Dinge auch erst wahrgenommen, weil ich nach etwas suchte, worüber man schreiben könnte.
Mich selbst zurücknehmen und Dinge von außen betrachten ist mir nur in einem sehr beschränkten Rahmen gelungen. Es ist viel Meinung dabei. Aber ich habe auch viel geschrieben, dass über meine Meinung weit hinaus geht, manchmal um zu provozieren, manchmal um zu verdeutlichen, manchmal aber auch um klar zu stellen, dass ich keine Meinung zu einem Thema äußern werde.
Ich habe mir seit Wochen überlegt, ob ich mich heute nicht ein wenig feiern sollte, stellvertretend für meinen Blog. Ich habe auch überlegt, ob ich ein besonderes Thema aufgreife oder ob ich Bilanz ziehen soll, scheint so, als hätte ich mich für das Bilanzziehen entschieden.
Aber am witzigsten finde ich, dass mir nicht nur selbst mein einjähriges Kritzeljulbeläum am Herzen lag, sondern dass es tatsächlich auch andere Leute gab, die mich daran erinnerten, oder meinten mich erinnern zu müssen, als ob ich einen so wichtigen Tag in meinem Leben vergessen könnte ;).
Ich werde heute anstoßen auf ein Jahr voller Männerkritik, Beschwerden über Servicekräfte, alltägliche Aufreger und andere Nebensächlichkeiten und ich wünsche mir, dass ich und neechan noch oft die Lust und Zeit aufbringen werden uns öffentlich zu ärgern, zu freuen, zu schadenfreuen, zu entwirren und euch zu verwirren und die Welt (unsere Welt) ein klein wenig zu verändern.
Der Blog heißt: "ein bisschen mehr vom Leben" und genau das ist er für mich geworden und ich möchte auch allen anderen Mut machen, ein bisschen mehr von ihrem Leben zu sehen und zu zeigen, mal hinter ihre eigenen Kulissen zu blicken und Dinge zu hinterfragen und vielleicht andere an ihren Erkenntnissen teilhaben zu lassen.


(Mittlerweile klingt der Post, als hätte ich einen Preis für mein Lebenswerk bekommen und würde eine Dankesrede dafür halten müssen, das wollt ich nicht, ich wollte eigentlich nur sagen, ich habe Spaß an dem, was ich tue und sage und darüber kann jeder denken, was er mag!)

Dienstag, 2. März 2010

Von Monologmitschnitten und anderem alternativen Lebensdesign

Unser Blog heißt ja hier: "Ein bisschen mehr vom Leben". Ein bisschen mehr vom Leben könnte manchen Individuen wirklich nicht schaden - ein bisschen mehr vom realen Leben, wohlgemerkt. Denn so manches Mitglied unserer Gesellschaft scheint ja das virtuelle Idlen (ich weigere mich, es Leben zu nennen, und greife deshalb auf einen szeneinternen Anglizismus [to idle - faulenzen, lerrlaufen; Quelle leo.org] zurück) zu bevorzugen.
Die bescheidene Verfasserin neechan hat ja das zweifelhafte Vergnügen, ein solches internetsüchtiges Exemplar aus nächster Nähe beobachten zu dürfen. Ich möchte im Folgenden einen Auszug vorlegen aus dem Protokoll eines normalen, sich jeden Tag abspielenden Feierabends, den das Exemplar in seinem gewohnten Lebenraum - dem WeltWeitenWitz - verbringt.
Für die Glücklichen unter uns, die mit dem Phänomen der internet addiction disorder (http://en.wikipedia.org/wiki/Internet_addiction_disorder) nicht allzu vertraut sind, hier zuerst eine kurze Einführung.
Das erkrankte Exemplar kommt in sein Habitat (im Volksmund "zuhause", meistens ein Zimmer in der Elternwohnung oder ein Wohnheimzimmer), lässt Rucksack und Schuhe mitten im Flur stehen, stattet sich eventuell noch unterwegs mit Chips und Schokolade aus und lässt sich dann vor das symbiotisch schwer vermisste Unnütze-Freizeitaktivitäten-Ausübe-Gerät fallen (den PC). Dieses wird die nächsten vier bis acht Stunden nur zum Nahrungsnachschubauffinden oder Urinieren verlassen, welches beides in höchste Eile geschieht. Die eigentliche Aktivität besteht in unaufhörlichem Betätigen der Maus- und Tastaturknöpfe, im spezifischen Fall des beobachteten Exemplars in der Benutzung eines Headsets (Kopfhörer mit Mikrophon.) Sogleich wird ins ununterbrochene Daddeln übergegangen. Im vorliegenden Fall ein Spiel, das wir mal "Bunch of Heroes" nennen wollen, das man online mit mehreren echten Mitspielern spielt, über die man per "Teamspeak" kommunizieren kann. Aus ebendieser Kommunikation stammt nun der folgende Ausschnitt, der genau eine Viertelstunde dessen darstellt, was die bescheidene Verfasserin vom beobachteten Exemplar vernommen hat - ungekürzt:

(20:45)

*klickklickklickklickklick*...

„'Sis glaub ich nicht das Original oder. weiß auch nicht

Hui macht schon ganz gut Schaden

*lauterwerdend* Hier is Schacko hier ist schacko!! Komm zurück komm zurück!!

Oh, hier... mh...

klickklickklick....

Schieß sie zurück!! Och ich, eh... hier ich, brauch Hilfe!

Es war ne sehr geniale Band mal wieder... das war auch nicht... das war auch kaum Sarkasmus und so.. und Ironie... ja lass Tarek allein da rumlaufen, mnja....

Nee der Schacko ist auch grottig.

Doch. Neeenene. Nein, die pusht unten ne. Jetzt ist irgendwie nicht so gut, Sie pusht nicht als Tiger, sondern irgendwie als Puma, ne.

Ah. Blitz gefunden.

Ist das da für -? Mh.

Oh mein Gott. Jack saäuft ab. Ah hiers noch was.

Ja Malte is echt uncool. Malte is tooot.

Ah hier noch einen gefunden.

Yay der XY hat -36 Armor!

Drei unten. Wollen wir die drei holen?

Dann gehen wir einfach mal -

Ja die fehlen ja auch noch. Ah hier kommen sie. Nunu läuft hoch.

Ja ich geh mal mitte gleich mal. Kann doch ein Mal... hm...

Oh hier is Schacko.

Schimmelpilze?

Jaa komm zurück komm zurück.

Wieso?

Ach das zieht, der macht keinen Schaden eh.

Wem mach ich eigtl grad Lizard? Ach ich hab mich selber geholt, einfach.

Tarek! Hier rum! Hier rum! Tarek! Hilf uns!

Ach Tarek is nicht wieder da glaub ich.

Hat er gesagT?

Weißauch nicht. Ja.

Hinter mir.

Mitte ne.

Falle nach unteeen. (?)

MOAHH.

Ja geh ich hin. Ich geh zum -

Ey ey ihr müsst zusammenbleiben (x2) Malte, was machst du, Malte!

Hörst du uns jetzt wieder?

Soll ich Blitz End holen oderLast Whisper? Enddragon?

Ich dachte, ihr -

Kann man voll schlecht mit Alli.

*lacht*

Ich hab Ulti für... gut... Nunu is ulti.

Ja und Fiddle haben die alle nicht mehr, wollt ich nur mal sagen.

Ja, bleibt zusammen. Jacks kommen dazu und... nein die haben alle nicht mehr so viel.

Ehm mach den Inhibitor und dann – achso ok, ich geh nach rechts. Ich wollt -

Wann hast du wieder Ulti Rolf? Weil wir könnten barron machen. Ok.

Komm weg.

Was? Wieso das denn?

Jetzt hab ich Shining. (21:00)

Diese Gesprächsfetzen werden von einem ständigen Klicken der Maustasten begleitet - und mit ständig meine ich tatsächlich ohne Ende in in einem Takt von Millisekunden.
Nun stelle man sich mal vor, man hätte exakt diese Geräuschkulisse in seinem Wohnzimmer. Und zwar jeden Tag, jeden Abend, stundenlang. Sobald man nach Hause kommt, bis man ins Bett geht.
Das hat was von den Foltermethoden amerikanischer Geheimdienste, nicht wahr?
Um den schönen Kreis von Einleitung und Schlusswort zu schließen, bleibt nur noch zu sagen: "ein bisschen mehr vom (echten) Leben" würde Individuen wie dem vorgestellten Exemplar durchaus guttun. Und zwar nicht nur ihretwillen (ein kellergebräunter Nerd mehr oder weniger...), sondern auch ihrer armen, erholungsbreaubten Umwelt zuliebe.

Montag, 1. März 2010

Vom Altern und anderen Alkoholproblemen

Leute, ich bin alt geworden!
Woran ich das gemerkt habe? Es gibt mehrere Indikatoren: Ich fange an, 16-jährige, selbstverliebte Jungs niedlich zu finden, mein Verständnis von Gerechtigkeit geht über meinen eigenen Horizont und meine eigenen Probleme hinaus, ich bin besser über das aktuelle tagespolitische Geschehen informiert als die meisten meiner Bekannten (obwohl ich sagen muss, ich bin immer noch unterirdisch informiert, aber auch diese Erkenntnis scheint mir ein Phänomen des "alt Seins" zu sein) und ich finde Comedy, die sich über negative Entwicklungen unserer Gesellschaft lustig macht nur noch bedingt lustig: So blieb bei dem Satz: eine "Was ist momentan das Schlimmste, was dir passieren kann? Du machst bei jesuitischen GebirgsjägernSchiedsrichterausbildung!" von Stefan Raab in seiner Comedyshow bei mir nur ein bitterer Nachgeschmack von: Muss man wirklich das Leid anderer Menschen ausnutzen um Leute zum Lachen zu bringen?
Die Welt ist bitter geworden und was machen Konservative dafür verantwortlich: den Verfall der Werte. Dabei beobachten Soziologen in den letzten Jahren einen Trend der Jugend, sich wieder stärker an konservativen Werten zu orientieren und darin die scheinbar verlorene Sicherheit wieder zu finden.
Aber die Medien erzählen uns das auch an den Orten, an denen wir Werte und Sicherheit vermuten, nichts mehr in diese Richtung geboten wird:
Nach der lange andauernden negativen Medienpräsenz der katholischen Kirche hat jetzt auch die evangelische Kirche mit skandalträchtigen Schlagzeilen auf sich aufmerksam gemacht, möglicherweise eine Reaktion des Protests der Protestanten (ja, ich weiß, der war flach).
Es war vielleicht die einzige Möglichkeit eine für einige führende Politiker sich einer unliebsamen einflussreichen Person zu entledigen, die durchaus auch über religiöse Kreise hinaus in der Gesellschaft Gehör fand.
Menschen machen Fehler, es ist mittlerweile üblich, dass Menschen des öffentlichen Lebens, die Fehler machen ihre Position verlassen, ich empfinde das gelegentlich als feigen Rückzug, besonders bei Managern, die erst ihre Firma ruinieren und dann mit einem "tut mir Leid" und mehreren Millionen Euro gehen dürfen und andere müssen den Schaden ausbügeln.
Aber zurück zu kleineren Fehlern, es gibt sicher einige Menschen, denen dieser Rückzug gelegen kam, aber er erntete auch viel Anerkennung, besonders von Männern, die Frauen plötzlich größere innere Stärke als ihrem eigenen Geschlecht zuschreiben.
Aber dieser zum Skandal hochstilisierten Fall von riskantem Alkoholkonsum sollte in unserer Gesellschaft zu einer neuen Debatte anregen. Mir sind in letzter Zeit immer mehr bewundernswerter Menschen begegnet, die völlig auf Alkohol verzichten und dafür in der Gesellschaft viel Unverständnis ernten. Öffentliches NICHTtrinken fällt mehr auf und irritiert mehr als übermäßiger Konsum in der Öffentlichkeit. Das ist meines Erachtens eine völlige Fehlentwicklung der Gesellschaft, man sollte Alkohol nicht verteufeln, das bringt andere Probleme mit sich, aber man sollte mehr Verantwortungsbewusstsein wecken und willensstarken Menschen mehr Respekt entgegenbringen.
Schließen will ich heute nachdenklich mit einem Songtitel einer berühmten deutschen Punkrockband: "Kein Alkohol ist auch keine Lösung"