Dienstag, 27. April 2010

Von fleißigen Studenten und anderem regelwidrigen Verhalten

Die Zeitung mit dem Pfotenabdruck titelte gestern: "Akademikerkinder sind faul"
Ich weiß nicht, was in dem Artikel stand, denn ich habe ihn nicht gelesen, weil er mich nicht betraf, zumindest der erste Teil. Faul bin ich auch durch und durch, aber außer Menschen die regelmäßig unangemeldet meine Wohnung betreten und meiner ehemaligen Mathematiklehrerin ist es niemandem aufgefallen. Im Gegenteil, hier an der Uni, unter den fast ausschließlichen Akademikerkindern (wie Studien zum Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Status (SÖS) und Bildungschancen belegten), gelte ich gelegentlich sogar als Streber.
Ja ja, das hätte mal niemand gedacht.
Faul oder nicht, das ist ja mehr oder weniger auch eine sehr subjektive Einschätzung. Warum ein hoher SÖS nun automatisch faul macht, ist damit aber nicht zu erklären. Meine These ist, dass Akademikereltern ihren Kindern viel mehr abnehmen können, zum einen weil sie sich besser auskennen mit z.B. Uni-Angelegenheiten, zum anderen weil sie durch ihre Studienzeit über enorme Netzwerke verfügen, die sie jederzeit für ihre Kinder wieder aktivieren können und es ihnen so leichter gemacht wird, z.B. an einen interessanten Praktikumsplatz zu kommen.
Das macht Akademikerkinder aber nicht unbedingt faul, sondern kann eher zu einer Unselbstständigkeit führen.
Vielleicht sind sie auch faul, weil sie meinen, das Geld, das ihre Eltern verdienen reicht auch für sie. Aber ich wäre sehr verwundert, wenn die Akademikerkinder die letzten wären, denen man erzählt, dass ein akademischer Titel allein noch nicht ausreicht und das gerade in wirtschaftlich schwachen Zeiten, auch in diesem Bereich nur bedingt sichere Jobs zu haben sind.
Also ist das doch auch eine eher abwegige These.
Warum bin ich nur ein armer Student aus einer Nichtakademikerfamilie, sodass ich mir nicht einmal außer der Reihe die Zeitung mit dem Pfotenabdruck leisten kann, wenn ich am Monatsletzten noch ein warmes Mittagessen habe möchte, denn mich würde sowohl die Quelle für ihre Thesa als auch ihre Begründung interessieren. Ich kenne nämlich fast nur Akademikerkinder, zumindest seitdem ich studiere, die mindestens genauso fleißig sind wie ich.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Frage ist nur, ob meine Regel oder die der Pressemenschen.

Mittwoch, 14. April 2010

Von Froschteichen und anderen Lebensmittelpunkten

Das Semester hat erneut begonnen, alles ist wie immer, nichts ist wie immer. Jeder geht seine Wege. Keiner dieser Wege muss sich kreuzen. Man kann in der Masse untertauchen oder im Mittelpunkt baden. Man kann sich einsam fühlen unter hunderten Menschen und gleichzeitig geborgen und behütet allein in der Ecke sitzen.
Die Uni ist ein soziales Gefüge ohnegleichen und ein Ort des gnadenlosen Respekts.
Die Menschen, die es bis an die Uni geschafft haben, sind in ihrer Persönlichkeit relativ gefestigt und man erlebt eher selten pubertäre Ausbrüche, im Gegenzug entfallen auch Mobbingangriffe im großen und ganzen.
Die Grenze des Einzelnen wird respektiert, keiner kommt einem ungefragt zu nahe und man kann auch selbst eigentlich keinem zu nahe kommen. Man erlernt ganz neue Umgangsformen. Dozenten sind auch nicht hinter ihrem Rücken "die alte XY" sondern trotzdem "Frau Professor Z." Unter Umständen beginnt man auch seine Kommilitonen mit dem Nachnamen oder mit "Sie" anzusprechen, weil man dank der lieben Dozenten nicht mehr kennt als ihren Nachnamen.

Es gibt noch immer keine Wahrheiten. Mancher erkennt auch erst jetzt, dass es in einigen Fragen nie Wahrheiten geben wird und was in der Schule noch von den Lehrern als Wahrheit verkauft wurde, wird jetzt von den Dozenten in Frage gestellt, verworfen oder zumindest kritisch hinterfragt.
Nach Motiven muss man auch nicht mehr suchen. Sie werden präsentiert, denn das sind oft die einzigen gemeinsamen Gesprächsthemen, die Studenten (am besten noch unterschiedlicher Fachrichtungen) untereinander finden. Aber Motive werden auch vielfaltiger, während man in der Schule noch glaubte, es gäbe nur Ehrgeiz, Geld und den Willen besser zu sein als andere, finden in der Uni auch Selbstverwirklichung, Ideale und Träume einen Platz. Auch wenn man diese Motive im Einzelnen nicht immer verstehen oder nachvollziehen kann, bewundert man meist den anderen stillschweigend dafür. Man sucht sich noch immer selbst und noch immer ist man nicht immer glücklich mit dem, was man findet.
Manchmal betrachtet man sich von außen, wie man im Strom mit Hunderttausenden schwimmt, plötzlich stehen bleibt und in eine andere Richtung geht und es ist möglich. Das, was in Schulzeiten den sozialen Tod bedeutet hätte ist auf einmal möglich. Aber es ist auch leichter möglich auf der Strecke zu bleiben. Selten werden von selbst Hände gereicht, wenn man langsamer wird, in einen Sog gerät oder von einer Welle erfasst wird, es sei denn man bittet um eine Hand.
Man muss aber auch lernen seine eigene Hand nicht immer helfend auszustrecken, wenn gar keine Hilfe verlangt ist.
Man lernt an einer deutschen Uni einen sehr wichtigen Grundpfeiler unserer Gesellschaft kennen und man lernt ihn zu akzeptieren: Individualismus.

Wir sind von Kaulquappen zu kleinen Fröschen geworden und wenn wir wollen und die Ansprüche, die die Universität an uns stellt meistern, steht uns auch der Weg offen eine Königskröte* zu werden.





*erfolgreicher, finanziell zufriedener, ausgeglichener Mensch, der seinen Beitrag zur Volkswirtschaft leistet

Freitag, 2. April 2010

Eidrücke zu Ostern

EI, EI, EI
Ostern in Familie - da gackern nicht nur die Hühner. Dem großen Eisuchen geht aber das große Eikaufen voraus und das war bereits Mitte der letzten Woche nicht mehr das Gelbe vom Ei. Mehr Hennen und Hähne in der Nachlegebatterie als Eikaufswagen zur Verfügung standen. Aber auch den dotterigen Ostereikauf konnte man überstehen. Im Fernkrähen lernte man dann, dass ei durchschnittliches Nest in diesem Jahr zwischen 50 und 150 Eiro kostet und trotzdem nur eine Kl-Ei-nigkeit ist. Ich wär gern dab-Ei, wenn der Osterhase, der in ei-nigen Familien zum Osterbraten wird (würde jemand zu Weihnachten den Weihnachtsmann oder Rentierbraten essen?), die 250-Eiro-Nester (es muss ja dann auch überdurchschnittliche Nester geben) durch die Gegend hoppelt und Mutti Huhn schreit: "Hüpf ein bisschen vorsichtiger, der Mini-LCD-Fernseher für mein Kücken verträgt kein Schütteln."
Zurück zum Bratort Küche: Die Eikäufe müssen ja vor dem großen Familienbrüten noch zu köstlichen Lecker-Ei-en verarbeitet werden. Damit beginnt das fleißige Haushuhn am besten schon am Gründonnerstag. Die Eiladungen an die gackernde Sippschaft sind natürlich schon längst verschickt und die dekorativen Osterbastel-Ei-en auch schon abgeschlossen, wenn auch für langweilige Momente noch 3 Dutzend ausgeblasene Eier darauf warten bepinselt oder anderweitig neu eigekleidet zu werden.
Wenn dann auch Eierkuchen, Eierlikörtorte und Osterkranz gebacken sind, kann dann auch der ganze Hasenstall kommen und die vorher versteckten Nester finden und eistecken. Das große Picken bekommt einen schalen Eigeschmack, wenn anstatt des saftigen Eidotters aus dem bunten Ei plötzlich ei buntes Kücken steigt, weil auf Zuchtfarmen jetzt auch Kücken vor dem Schlüpfen gefärbt werden, damit die Osterbesucher besondere Eidrücke mit nach Hause nehmen können.
Wenn zum Dessert Eierfrucht serviert wird, hat wieder jemand nicht aufgepasst, das ist doch Gemüse (Aubergine: aus dem englischen "egg plant").
Für die Hähne der Familie gibt es an diesem Ostern noch ein ganz besonderes Nest, wenn ein Ferrarei um dem Neffen von Eierton Senna herumeiern muss und auch ein Kupicka Anspruch auf einem Platz auf der Hühnerleiter erhebt.
Alles in allem ist es ein geglucktes Fest, wenn am Ende alle gackernd sich selbst und ihre Nester in ihren Stall rollen und sich dort mit ihren vollgepickten Mägen eirollen.