Dienstag, 18. September 2012

Vom Glück und anderen Verwandlungen

Nun weiß es mal wieder die ganze Nation: Ich lebe in der glücklichsten Stadt. Ach nein, ich lebe in der Stadt mit den glücklichsten Menschen, man sollte schon präzise sein. Mich hätte dieses Ergebnis eigentlich nicht verwundert, denn ich kenne die Vorzüge dieser Stadt und ich schätze meine glücklichen Mitmenschen auch sehr, denn Glück ist ebenso ansteckend wie Gähnen. Wenn sich nur eine Gruppe, die eine kritische Masse überschreitet, glücklich fühlt, hebt sie auch die Glücksgefühle der anderen, man müsste sich ja auch schämen in so einer Stadt unglücklich zu fühlen. 
Aber wie schon angedeutet, dieses Jahr überraschte die Nachricht doch etwas, denn in letzter Zeit begegneten mir sehr viele unglückliche Menschen. Das was sie scheinbar einte, war die Tatsache, dass sie alle Neu-Hamburger waren. Sie beschwerten sich über das scheußliche Hamburger Wetter und die weiten grünen Flächen und die vielen Radfahrer und die Gewässer überall und die unfreundlichen Menschen und die ewigen Ladenöffnungszeiten und die vielen Menschen, die so viel feiern und immer wieder über das Wetter. Den Punkt mit dem Wetter können viele vielleicht noch nachvollziehen. Der Regen mag Hamburg eben, aber wir haben wunderbares Wetter in Monaten in denen der Rest der Nation mit schlechtem Wetter zu kämpfen hat, trotzdem haben wir in der Tat keine 3 Sommermonate bei 38°C und ich bin dankbar dafür. Ich mag keine Hitze, schon gar nicht in Innenstädten, und der gewöhnliche Hamburger mag es auch lieber mild und der Regen hier ist meist auch kein schlechtes Wetter sondern nur eine Erinnerung an die Schönheit der Natur, wenn zum Beispiel nach einem kleinen Schauer alles feucht in der Sonne glänzt wie frisch poliert. Aber zurück zu meinen Neu-Hamburgern: Ich machte mir Sorgen, wie stark sich Menschen die Laune vom Wetter oder von der Abwesenheit der eigenen Mutter beeinflussen lassen, obwohl sie eigentlich schon seit 10 Jahren auf eigenen Füßen stehen sollten und wie wenig sie die Vorzüge dieser Stadt zu schätzen wissen beziehungsweise sie gar nicht zu sehen scheinen. Doch dann erkannte ich, was sie noch nicht erkannt hatten. Sie waren nicht unglücklich, weil sie nach Hamburg gekommen waren, sondern sie kamen, weil sie bereits unglücklich waren, weil ihr Leben davor den Bach herunterging und um das nicht wahrhaben zu müssen oder es noch abwenden zu können, versuchten sie neu anzufangen, aber ohne ihr eigentliches Problem zu lösen. Dieses projizierten sie dann auf das Neue in ihrem Leben -den Wohnort. 
Diese Erkenntnis erinnerte mich an ein weiteres Problem, das sich hieran gut erklären lässt: Die Geschichten dieser Neu-Hamburger klingen jetzt noch so: 
"Ich dachte dann halt -naja- probieren kann ich das ja mal, nun hat es halt nicht geklappt, hätte ich vielleicht auch vorher drüber nachdenken können."
In ein paar Wochen, Monaten oder Jahren klingt es dann so:
"Ich wollte das ja von Anfang an nicht, aber er/sie/es hat gesagt ich soll das machen und dann hab ich mich breitschlagen lassen, weil ich nicht so ein Arsch sein wollte, aber ich wusste ja schon vorher, dass das nichts werden kann."

Manche Menschen kommen vielleicht wirklich erst nach ein paar Wochen, dass dahinter, was sie eigentlich gefühlt haben und redeten es sich am Anfang noch schön. Aber die meisten Menschen beschönigen im Nachhinein ihre Meinung, um sich nicht die Blöße des Scheiterns zu geben. So verändern sich auch Geschichten von Trennungen im Laufe der Zeit, bei engen Freunden immer sehr schön zu beobachten, wenn man die Geschichte damals sogar miterlebte und sie dann ungefähr einmal im Jahr noch einmal hört, die Position des Erzählers wird immer edler. Aber wir können das unseren Freunden nicht wirklich übel nehmen, denn wir machen es genauso, wir merken es dann nur nicht so gut. Ich finde es sehr schade, dass der Mensch so selten in der Lage ist, seine eigene Unsicherheit zuzulassen und wenn sie erst im Nachhinein herauskorrigiert wird. Aber Geschichten in denen wir sagen: "So ich war damals halt noch mutig und hab dran geglaubt und irgendwie sollte es dann halt nicht sein, weil wir auch beide manche Dinge anders gemacht haben, als es der andere erwartete." sind doch auch schöne aufrichtige Geschichten.

Montag, 13. August 2012

Von Selbstzweifeln und anderen Leidenschaften

Seit 2 Stunden sitze ich da und schreibe Ideen, Entwürfe und Überschriften vor mich hin. Ich tue das nur, weil mir ein Thema auf der Seele brennt, über das ich im gleichen Maße schreiben und nicht schreiben möchte. Hier jetzt doch ein Versuch:

Sie kommen und sie gehen, doch leider gehen sie nie ganz: Selbstzweifel. Sie suchen mich immer ganz plötzlich heim, für gewöhnlich an lebensentscheidenden Punkten und Weggabelungen, manchmal kommen sie bevor ich abbiege, manchmal kommen sie danach. Aber sie treffen mich immer hart. Ich kann nicht mehr glauben, dass ich auch nur die kleinste Kleinigkeit auf die Reihe bekomme und ich kann mir noch weniger vorstellen, dass andere an mich glauben/ sich sicher sind, dass ich es schaffen kann. Ich möchte in diesen Momenten auch gar niemanden um mich haben, denn ich habe Angst sie mit in den Sog des Versagens zu ziehen und ich habe Angst ertappt zu werden, ertappt dabei ein Versager zu sein. Ich falle dann in meine alten Muster zurück und fange an mich selbst und alle anderen zu belügen, was ich eigentlich so tue und was ich eigentlich so geschafft habe und überhaupt wer ich eigentlich bin. Ich habe irgendwann den Moment verpasst an dem ich das noch steuern konnte, heute passiert es einfach automatisch, wenn ich mich in die Ecke gedrängt fühle, wie ein kleines Kaninchen, das im Todeskampf den Wolf beißt. Ich bin schon wahnsinnig stolz auf mich, dass es nur noch ganz selten so weit kommt, weiß aber nicht, ob es daran liegt, dass die anderen mir sowieso nix mehr zutrauen und mich deswegen nicht in die Ecke drängen oder ob ich tatsächlich mehr hinbekomme als früher. 
Wenn sie kommen, die Selbstzweifel, dann verliere ich jeden Antrieb, möchte nicht mehr aufstehen oder essen oder Dinge tun, bei denen ich versehentlich Spaß haben könnte. Ich habe keinen Antrieb, weil ich glaube zu scheitern und scheitere, weil ich nichts tue. Teufelskreisgefahr!
Wenn dann jemand kommt und versucht mir an diesem Tiefpunkt Mut zu machen, dann ist unsere Freundschaft eigentlich schon Geschichte, denn ich fühle mich belogen und habe den Eindruck, dass man sich über mich lustig macht. Manchmal hilft es vergangene Erfolge zu bedenken, aber meistens fallen mir dann automatisch alle Misserfolge ein und alles wird nur noch schlimmer. 
Irgendwann, wenn ich lange nichts schlechtes gehört habe, vergehen die Selbstzweifel wieder und trotzdem wundere ich mich, wie es andere Menschen mit mir aushalten. Ich bin leicht verletzbar und wenn ich wirklich verletzt wurde, dann bin ich auch sehr nachtragend und wenn ich einen Fehler gemacht habe, den ich für unverzeihlich halte versuche ich den anderen von mir fernzuhalten, damit ich gar nicht für etwas um Vergebung mitten muss, was mir nicht verzeihlich erscheint, ich werde einfach so zickig, dass der andere nichts mehr mit mir zu tun haben möchte. Es ist mir ein Rätsel, warum ich noch nicht auf einer einsamen Insel ausgesetzt wurde und ich finde die Vorstellung gar nicht so schrecklich, denn auf der einsamen Insel müsste ich keine unnützen Selbstzweifel hegen, denn der Zweifel, die Insel jemals verlassen zu können, ist durchaus berechtigt und außerdem könnte ich niemanden zur Last fallen. Aber aus irgendeinem Grund gibt es Menschen die mich mögen, die mich einfach ignorieren, wenn ich zweifle und wenn ich mich beruhigt habe sind sie da und stabilisieren meine positiven Gedanken, denn sie wissen, dass sie die negativen nicht beeinflussen können und alle die es nicht wissen, stehen nicht mehr auf meiner Liste... Bei manchen scheint mir das sehr schade, bei anderen war es leichter. 
Ich gebe zu, ich zweifle von Zeit zu Zeit ganz gern, ich leide auch mit Leidenschaft, ich mag es mich den kreisenden Gedanken hinzugeben, wenn es nicht um lebenswichtige Entscheidungen geht, da leide ich dann doch unter den Zweifeln, aber ansonsten sind sie treue und dankbare Begleiter und wer mich mögen will, muss es aushalten können, mich leiden zu lassen. Aber ich zweifle ja daran, dass mich jemand mögen will, warum sollte er? Vielleicht weil ich mit der gleichen Leidenschaft, mit der ich leide, auch genieße.

Mittwoch, 23. Mai 2012

Vom Schweigen und anderem Zuckerguss

Woher kommen all die Zuckermädchen? Überall im Internet tummeln sich (kleine) Mädchen die in allen Glitzer-Regenbogen-Farben beschreiben, wie wundervoll ihre Welt ist. Nebenbei erfährt man welchen rosa Zuckergusskuchen sie gebacken haben oder wie gut doch der (pinke) Nagellack ( der natürlich nach dem "schmackhaften Cocktail von letzter Woche benannt ist, sonst hätte ich ihn nie gekauft") von der teuersten Designermarke doch hält. Aber nicht nur im Internet, sie sind auch auf der Straße überall und können bei einem gepflegten Caramel Macchiato stundenlang über den Tragekomfort von Lip-Gloss beim Tanzen und Küssen philosophieren. Dabei wundere ich mich gleichzeitig, wie Drogerieketten pleite gehen können, wenn diese Menschen meine Jahresausgabe an Drogerieartikeln an einem Tag ausgeben. Ich frage mich, womit solche Menschen ihr Geld verdienen und wie leicht dieser Job sein muss, wenn es einem so leicht fällt, das (hart) erarbeitete Geld so schnell und teilweise sinnfrei auszugeben. 
Auch ich mache mich auch gern hübsch und besitze mit Sicherheit Kosmetika, die man nicht braucht, aber es würde mir schwer fallen mehrere 100 € im Monat für Kosmetik und nochmal mehrere 1000 € für Kleidung auszugeben und ich sehe keinen Sinn darin von allem nur Markenprodukte besitzen zu müssen. 
Aber was mich an diesen puderrosa Mädels wirklich stört, ist ihre "die Welt ist so toll und nichts kann das ändern" Einstellung.
Ich möchte sie schütteln und ihnen sagen, sie sollen doch mal raus auf die Straße gehen und gucken, sollen mal in einem Kinderheim oder einer Asylunterkunft vorbeischauen oder einfach mal Nachrichten schauen und dann möchte ich von denen wissen, ob die Welt wirklich nur aus Zuckerguss und Rouge besteht.
Ich frage mich dabei: Ist das Arroganz (Wenn es mir gut geht, muss die Welt in Ordnung sein...)? Oder ist es eher Fluchtreflex (Ich kann es nicht ändern, also will ich mich damit nicht beschäftigen...)? 
Ich weiß es nicht und es ist ungerecht sie zu verurteilen, nur weil sie gern über ihr Lieblingsthema reden, aber sie nerven mich. Sie sind mir zu fröhlich und zu laut und sie kultivieren die Banalität. Ich glaube das ist der Beginn vom Zerfall der Kultur, wenn die Banalität das Wichtigste wird und all die philosophischen Fragen nach Sinn und Sein an Bedeutung verlieren.
Ich wünsche mir, dass wir wieder das Schweigen lernen, bis wir wirklich etwas wichtiges zu sagen haben. In Zeiten in denen sich jeder darstellen kann, sei es in sozialen Netzwerken, Blogs oder Castingshows haben wir verlernt, dass nicht alles, was gesagt werden kann, auch gesagt werden muss...

Montag, 14. Mai 2012

Von Freunschaften und anderen Haltbarkeitsdaten

Es gibt Freundschaften, die halten ewig, man teilte schon seine Kindheit miteinander, verbrachte seine "wilden Jahre" miteinander, erlebte gemeinsam die erste Verliebtheit und man hat bereits alle seine Konflikte, die man jeweils mit dem Charakter des anderen hatte, eher spielerisch (auch wenn es damals hoch dramatisch erschien) ausgetragen und irgendwann am Ende der Schulzeit trennen sich die Wege, aber die Lebensstile bleiben ähnlich (beide studieren oder eben nicht), aber auch nicht so gleich, dass man sich gegenseitig langweilt, manchmal hört man Monate nichts von einander, aber wenn man sich wieder sieht oder hört ist alles wie immer, man findet sofort ein Gesprächsthema, man weiß sofort, wie es dem anderen geht, man kennt sich und man weiß, dass man immer bei dem anderen vor der Tür stehen kann, ohne dass der andere einen im Regen stehen lässt.
Es gibt Freundschaften, die früher felsenfest erschienen und plötzlich mit dem Ende der Schulzeit in die Brüche gehen, entweder weil man sich entfremdet, zu unterschiedliche Lebensstile entwickelt und unterschiedliche Vorstellungen von der Intensität der Freundschaft hat oder sie enden, weil sie, im Nachhinein betrachtet, Abhängigkeitsbeziehungen waren, das heißt, einer war immer stärker als der andere, der eine hat immer den einen bewundert und ihm "gedient" und mit Beginn des neuen Lebensabschnitts gewinnt der bisher Schwächere Stärke und findet den anderen plötzlich uninteressant oder der andere erträgt keine Beziehung auf gleicher Ebene und zieht sich zurück.
Es gibt auch Freundschaften für gewisse Stunden, man teilt ein Hobby und findet sich ganz nett, verbringt Zeit miteinander und mit Ende des Hobbys geht man einfach auseinander, ohne dass einer der beiden darunter leidet.
Es gibt Freundschaften bei denen man miteinander eine ganze Weile viel Zeit miteinander verbringt, sich sehr nahe steht und bei denen plötzlich einer von beiden bei dem anderen Ansichten entdeckt, die er dem anderen nicht verzeihen kann oder man trifft klare Absprachen und einer von beiden kann sich daran nicht halten und darauf hin ist die Freundschaft einfach zerstört, einer ist einfach zu verletzt oder enttäuscht.
Es gibt aber auch Freundschaften, die entwickeln sich erst im Laufe des Lebens, eher zufällig, sie werden schnell sehr intensiv und scheinen ebenso fest wie die Freundschaften aus der Kindheit, aber sie sind zerbrechlicher. Meist werden sie aber durch partnerschaftliche Beziehungen gestört (nicht zwangsläufig zerstört): Entweder verliert einer der Befreundeten im Laufe der Freundschaft seinen Partner und hat plötzlich andere Ansprüche an den Freund, die der nicht erfüllen kann oder einer von beiden findet erst im Laufe der Freundschaft einen Partner und zieht sich zurück oder der andere fühlt sich plötzlich zurückgesetzt. Diese Freundschaften setzen nicht voraus, dass sie sich nur zwischen 2 Menschen, die Single sind oder beide in  Beziehungen sind, entwickeln können, sondern es ist nur so, dass sie sich in einem klar definierten Beziehungsgefüge entwickeln und in diesem extrem stabil sind, außerhalb dessen extrem fragil.
Und es gibt Momente im Leben, da sitzt du da und denkst:
Eigentlich habe ich 15 Freunde, die mir alle ziemlich wichtig sind, die mir nahe stehen und trotzdem habe ich gerade ein Problem und ich möchte keinen von ihnen hier haben und mit ihm drüber reden, was los ist. Der eine ist zu sehr involviert, bei dem anderen müsst ich zu weit ausholen und der Dritte hat überhaupt keine Erfahrung auf dem Gebiet, ein Gespräch scheint einfach aussichtslos, die Probleme des Nächsten scheinen so groß, dass die eigenen minimal erscheinen. An dieser Stelle fragt man sich, was man für Freund ist, der seinen Freunden scheinbar nicht vertraut und doch weiß man, dass man jederzeit für sie da wäre,wenn sie an gleicher Stelle säßen und man würde auch schweigend trösten, wenn es nötig wäre.
Freundschaften sind höchst kompliziert und ihre eigentliche Haltbarkeit beschränkt sich, trotz all meiner vorherigen Erläuterungen auf die Verfügbarkeit im richtigen Moment. Es ist egal, ob ich für gewöhnlich rund um die Uhr für alle erreichbar bin, wenn ich im entscheidenden Augenblick nicht da bin (egal ob selbst verschuldet oder zufällig nicht veränderbar), kann das eine Freundschaft so stark schwächen, dass sie sich in naher Zukunft einfach abschwächen wird, bis sie sich irgendwann ganz auflöst.

Sonntag, 29. April 2012

Vom Horizont und anderen Beschränkungen

Seit wenigen Tagen ist es mir wieder möglich, direkt von meinem Laptop auf das Internet zuzugreifen. Nach monatelanger (gefühlter jahrelanger) Abstinenz wusste ich jedoch gar nichts mehr damit anzufangen.
Wenn ich in letzter Zeit im Internet unterwegs war, beschränkte sich das häufig auf Mails checken, soziales Netzwerk öffnen, feststellen, das da auch nix spannendes passiert, wieder schließen und ab und an mal eine Recherche für das Studium, alles in allem war ich täglich nicht länger als 15 bis 30 Minuten im Netz unterwegs. Da saß ich nun am Freitag vor meiner neugewonnenen Freiheit und wusste nicht mehr wie man seine Lebenszeit verschwendet. Leider dauerte dieser Zustand nicht lange an. Bereits heute habe ich mich wieder stundenlang auf irgendwelchen Blogs verirrt und bin von einer Seite zur nächsten geirrt ohne zu wissen, warum ich angefangen hatte und was ich eigentlich wollte. 
Es ist wunderbar, jetzt werde ich abends nicht mehr das Gefühl haben, ich habe den ganzen Tag nichts gemacht, denn ich habe ja so viel gelernt, auch wenn ich es eigentlich gar nicht wissen wollte und auch nie wieder brauche. 
Als ich meine eigenen Posts durchstöberte, fiel mir auf, dass ich im Laufe der Zeit immer harmloser und weniger eloquent geworden bin. Ich weiß nicht genau, was mir die Bissigkeit geraubt hat. Ich vermute, es ist das Gefühl, dass bereits alles gesagt wurde, dass sich im öffentlichen Leben unseres Landes permanent alles wiederholt, dass die Menschen immer wieder die gleichen Fehler machen und man müde wird immer wieder nur zu kritisieren.
Diese Erkenntnis hat auch meinen Internetkonsum beeinflusst, ich habe gerade alle Blogs aus meinem Reader geschmissen, die in irgendeiner Form einen politischen Inhalt hatten oder nur dem Zweck der Gesellschaftskritik dienten und habe sie durch einige spannende Lifestyle-Blogs ersetzt.
Es ist nicht so, dass ich weniger politisch interessiert bin als früher, es ist nur so, dass ich mir zu schade bin alles 5 mal zu lesen oder zu hören und mich dann auch noch genötigt fühle meinen Senf dazu zu geben. Ich möchte mir wieder meine eigenen Gedanken machen und mit neuen Blogs zu neuen Themen möchte ich meinen Horizont erweitern, nicht um mich inhaltlich zu verändern und die 3000000ste Lifestyle-Bloggerin zu werden, sondern nur um mich mal in anderen Bereichen zu bilden und so neue Inspirationen für mein gewohntes Gebiet zu bekommen.
Es ist mit den Blogs mit dem Fernsehen. Obwohl ich nach 3 Minuten weiß, wer der Mörder ist und welche Wendung der Film nimmt, schaue ich immer wieder Krimis, weil bei geliebten Gewohnheiten Glückshormone ausgeschüttet werden und weil ich Erfolgserlebnisse (den richtigen Täter frühzeitig erkennen) mag. Bei den Blogs weiß ich, wer sich wie zu welchem Thema äußern wird noch bevor ich meinen Reader geöffnet habe, dabei bleiben allerdings die Glückshormone aus und es kommt eher Langeweile auf und es lähmt die eigene Kreativität. Ich suche mir jetzt also neue Impulse um wieder zu meiner alten Form zurückzukehren und mich wieder in aller Ruhe über die Welt im Generellen und im Speziellen aufzuregen.

Freitag, 13. April 2012

Vom Sein und anderen Träumen

Junge, lebensbejahende, einsame Studentin sucht: SICH SELBST. Wenn du das liest, dann melde Dich doch bitte bei mir, ich freue mich Dich kennenlernen zu können, Du sollst der wichtigste Teil meines Lebens werden, ich hoffe, wir teilen ein paar Hobbys und genießen es, Zeit miteinander zu verbringen. 
Erkennungszeichen: rosa Stoffpantoffel und schwarze Lederjacke.

So oder so ähnlich könnte sie lauten, die Kontaktanzeige der meisten Menschen in meinem Alter, denn es wird uns immer wieder bescheinigt, dass wir nicht wissen, wer wir sind und wo wir hinwollen und wer wir letztendlich sein möchten. Es erscheinen immer mehr Bücher, die uns nicht sagen, wer wir sind, sondern nur, dass wir es herausfinden sollen. Warum? Weil wir wissen müssen, wer wir sind, um uns zu dem heutigen Ideal zu verändern: erfolgreich, zielorientiert, selbstbewusst...

Ich möchte gar nicht wissen, wer ich bin. Ich möchte jeden Tag so sein, wie es mir gerade in den Sinn kommt, ohne abends darüber nachgrübeln zu müssen, warum alles, was ich heute getan habe, überhaupt nicht zu mir passt. Ich möchte heute voller Enthusiasmus ein neues Projekt anfangen, um morgen an der Sinnlosigkeit des Seins zu scheitern und tiefdeprimiert alles anzuzweifeln, was das Leben mir bietet. 
Ich tue heute Dinge, die ich vor knapp 2 Jahren noch ausgeschlossen habe, weil sie mir andere aufdiktieren wollten, heute tue ich sie, weil sie mit meinen aktuellen Werten übereinstimmen.
Natürlich hinterfrage ich mein Tun, wie jeder andere auch, besonders wie jeder andere junge Mensch. Manchmal stelle ich auch fest, dass mir nicht 100 prozentig gefällt, was ich tue, aber ich habe erkannt, dass ich nicht zu dieser Sorte Menschen gehöre, die einem festen Plan folgen können und sich dabei immer treu bleiben. Ich bin sprunghaft, pessimistisch, naiv, zynisch, zweifelnd, optimistisch, vertraue anderen nur schwer, stürze mich Hals über Kopf in intensive Freundschaften. Auch wenn sich die Hälfte davon gegenseitig ausschließt, bin ich so und ich mag mich so! Meistens.
Ich will mein aalglattes Ich nicht finden. Es mag sein, dass ich dann erfolgreicher, souveräner und sozial verträglicher wäre, aber ich wäre auch noch etwas anderes: LANGWEILIG.

Manchmal kommen die Wesen, die immer alles gradlinig auf die Reihe bekommen, auf mich zu und fragen mich, ob ich denn keine Träume habe.
Natürlich habe ich Träume, denn desillusioniert bin ich trotz allem nicht, mir ist auch durchaus bewusst, dass man für deren Erfüllung manchmal hart arbeiten und Dinge durchziehen muss, aber ich weiß auch, dass nicht alle Träume in Erfüllung gehen, egal wie hart man dafür arbeitet und was noch viel wichtiger ist, dass sich Träume im Laufe des Lebens ändern, sonst wäre ich schon längst Prinzessin am spanischen Hof und würde ein sehr trauriges Leben führen, weil ich mir mal mit 5 Jahren erträumt hatte, dass es nichts schöneres geben könne als Prinzessin zu sein und nichts mehr selbst tun zu müssen.
Mein wesentlicher Traum bleibt immer gleich: ein zufriedenes Leben mit meinem Partner an einem für mich schönen Fleckchen Erde, aber alle Träume darum herum ändern sich ständig, fast minütlich: Lieber Hausfrau oder Bundespräsidentin, lieber Katze oder Esel oder Schildkröte, lieber Dusche oder Badewanne oder Pool oder Whirlpool, lieber Wohnung oder Hütte im Wald oder Haus oder Villa oder Schloss?
Warum soll ich mich jetzt entscheiden und auf dieses Ziel hinarbeiten, wenn mir doch morgen schon etwas ganz anderes verlockend erscheinen könnte?
Warum heute schon entscheiden, wer ich in 20 Jahren sein will nur um dann enttäuscht zu sein, dass ich nicht die geworden bin, die ich sein wollte?

Montag, 16. Januar 2012

Von Ruhm und anderen Meinungen

Im ersten Viertel des neuen Jahres starten wieder reichlich Sendungen im deutschen Fernsehen, die den Menschen zu ihrer angemessenen Berühmtheit verhelfen, wieder verhelfen oder sie (im Falle der Jury-Mitglieder und/oder Moderatoren) auf ihrem Level halten.
Der Drang einiger Menschen berühmt zu sein, ist dabei so groß, dass sie auch negative Berühmtheit -im Sinne von sich lächerlich machen- in Kauf nehmen, um nach ihren 5 Minuten Ruhm vielleicht doch irgendwie in die ewige Geschichte einzugehen.
Obwohl ich diesen Drang nicht teile, kann ich ihn doch gut verstehen. Aufmerksamkeit braucht jeder und wenn man irgendwann einmal Mangel litt, braucht man von da an dauerhaft mehr. Ich kenne einige Leute, denen im Leben irgendwann mal irgendwas gefehlt hat und jetzt haschen sie permanent nach Aufmerksamkeit, ob auf der Straße, auf der Party oder im Seminar in der Uni. Warum die meisten von ihnen nicht in den großen Fernsehshows zu finden sind, liegt schlicht und einfach an ihrem hohen Intelligenzquotienten. Sie sind klug genug um vorherzusehen, dass diese 5 Minuten Ruhm nicht die Aufmerksamkeit sind, die sie suchen.

Ich möchte gar nicht berühmt sein und ich möchte auf gar keinen Fall auf der Straße erkannt werden als: "Das ist doch die, die da neulich..." Nein, das wäre überaus schrecklich. Dennoch habe ich nicht wirklich einen geringeren Anspruch als die Casting-Sänger, -Models und Dschungel-Prominenz:
Ich möchte WICHTIG sein. Eine echte kichererbse möchte gefragt werden, ich möchte in all diesen Polit-Talkshows sitzen und zu allen(!) gesellschaftlich relevanten Themen befragt werden, ich möchte immer eine Meinung haben, eine Meinung, die polarisiert, wäre noch besser und was ich sage, soll für die Menschen Bedeutung haben. Es soll nicht heißen: "Da hat irgendein junger Schnösel irgendwas gesagt, von dem er doch noch gar keine Ahnung hat!" Nein, es heißt: "Na, wenn die kichererbse das gesagt hat, dann muss ich da mal drüber nachdenken!"
Am Ende der Sendung verschwinde ich dann wieder in mein kleines unentdecktes bürgerliches Leben und wenn die Welt mich wieder braucht, dann bin ich montags bei Hart aber fair und TV total (die jungen Leute sollen ja nicht außen vor bleiben), dienstags bei Menschen bei Maischberger, mittwochs bei Anne Will und Stern TV, donnerstags bei Beckmann und Lanz, freitags in der NDR Talkshow, bei Tietjen und Hirschhausen oder was sonst gerade freitags abends vom dem NDR ausgestrahlt wird, samstags hab ich frei oder gehe zu irgendeinem anderen 3. Programm und sonntags bin ich bei Günther Jauch.
Es geht mir dabei nicht darum als Person berühmt zu werden, wie einige vielleicht jetzt meinen könnten ("Die kritisiert die doch nur, weil sie sich selbst darin wiederfindet."), eigentlich möchte ich nur, dass mal jemand die richtige Meinung vertritt, mal jemand die Aspekte beleuchtet, die die Politiker oder so genannte Experten auslassen, weil es unbequem ist. Ich möchte der Gesellschaft in Diskussionen mehr Optionen aufzeigen und zu mehr Nachdenken anregen.
Ich könnte auch zu allen wichtigen Themen einen blog schreiben? Aber die Leute, die die Meinung der Gesellschaft prägen lesen sicherlich nicht meinen blog. Außerdem kann man, besonders frau und im ganz Besonderen kichererbsen in gleicher Zeit viel mehr sagen als schreiben und damit viel schneller die Welt bewegen.