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Donnerstag, 13. November 2014

Vom Gesundheitswahn und anderen Religionen

Manchmal, wenn ich den Eindruck habe, mein Leben sei stressig, hole ich eine Zigarette hervor, zünde sie an, rauche und träume mir dabei eine bessere Welt. Das ist nichts, worauf ich besonders stolz bin, es ist aber auch nichts, weswegen ich mich schäme.
Neulich war es wieder so weit. Ich stand auf meinem Balkon und langsam wurde mein Kopf leicht und meine Beine zittrig (ja so fühlt sich das bei mir an und ich schwöre es war wirklich nur Tabak) und meine Gedanken sprangen leichtfüßig umher, da sprach mich plötzlich ein Mann an, der unten vorbei ging: "He, rauchen ist ungesund." Mal davon abgesehen, dass es sehr unhöflich ist Menschen bei ihren zeremoniellen Handlungen zu stören, war ich nur bedingt bereit mich damit auseinander zu setzen, deswegen entgegnete ich höflich aber bestimmt: "Das Leben ist ungesund." "Häää, versteh ich nicht."
Da ich heute meinen geduldigen Tag habe, bin ich bereit es zu erläutern.
Als gesund bezeichnen wir gemein hin Dinge, die nicht tötlich sind. Das Leben kann also nicht gesund sein, denn es führt unweigerlich zum Tod. Aber diese Weisheit ist ja allgemein bekannt. Das Leben ist aber vorallem deswegen ungesund, weil es uns permant dazu zwingt Dinge zu tun, die es unweigerlich verkürzen. Damit meine ich nicht meinen gelegentlichen Griff zur Zigarette, da dieser in seiner Seltenheit kaum Einfluss nehmen kann. Ich meine damit vor allem Dinge, die wir täglich tun müssen, weil sie zum Leben gehören. Raus gehen und uns dem tödlichen Straßenverkehr stellen, Arbeiten, das uns über kurz oder lang sowohl körperlich als auch seelich ruiniert, auch Essen ist gefährlich für unser Leben, es locken Vergiftungen, Krankheiten und Übergewicht, nicht zu essen ist allerdings sehr schnell tödlich, damit äußert ungesund.
Glauben/Religion ist gesund, da es vielen Menschen eine Perspektive/einen Sinn bietet, der das Leben überhaupt erst erträglich macht und es damit unweigerlich verlängert. Auch die Regeln, die die meisten Religionen bieten dienen sind gesund, da sie dazu dienen unnötige Risiken zu vermeiden, die das Leben verkürzen. Darüber hinaus sind die meisten Religionen, nicht auf dieses Irdenleben beschränkt und nehmen damit dem Tod seine ungesunden Aspekte.
Religion ist aber auch ungesund. Damit meine ich nicht, all die Versuche Religion zu benutzen, um kriegerische Handlungen zu rechtfertigen. Denn hinter jedem Krieg stecken immer ökonomische und machtpolitische Ziele, alles andere ist Propaganda. Religion ist so ungesund wie das Leben selbst. Denn durch die Hoffnung, die sie den Menschen gibt, animiert sie nur zu Aktivitäten und Aktivitäten sind immer gefährlich, wie oben beschrieben.
Der Gesundheitswahn dieser Gesellschaft ist auch ungesund, gegessen werden nur noch Pflanzen, die sich freiwillig zum Verzehr geopfert haben (Stichwort: Frutarier) und am besten roh, damit auch ja kein Vitamin getötet wird. Zusätzlich wird stundenlang gesportelt, natürlich nur zur Figuroptimierung, nicht um mit Freunden in spielerischen Wettstreit zu treten. All diese Dinge werden unter dem Deckmantel der Gesundheit getan, dabei geht der Spaß am Leben verloren und der Verlust des Spaßes am Leben ist lebensgefährlich, also ungesund.
Dabei wusste man schon vor tausenden Jahren: "Carpe Diem" (Pflücke den Tag). Mach was aus Deinem Tag, lass ihn nicht ungenutzt verstreichen, aber fülle ihn nicht übervoll mit Aktivitäten, sondern nutze ihn für Dich, tue Dinge, die gut für Dich sind und Dich bereichern. Nur so kann ein Leben so gesund wie möglich gelebt werden, in all seiner Unvollkommenheit und trotz der natürlichen Ungesundheit

Dienstag, 20. September 2011

Von Waldfrucht und anderen Gewohnheitsmonstern

Ich hab eine neue Mitbewohnerin. Aber nur kurz. Und ausgesucht hab ich sie mir auch nicht. Oder naja, zumindest nicht wirklich. Ja wie nun? - Ja so: Meine ursprüngliche, von mir heißgeliebte und für perfekt erachtete Mitbewohnerin musste aus beruflichen Gründen drei Monate fort. Um die Miete wieder reinzubekommen, wurde also fix eine temporäre Mitbewohnerin gesucht. Da stand auch schon Waldfrucht [Name von der Redaktion geändert] vor der Tür. Meine Mitbewohnerin fand sie gut, also gab ich relativ spontan mein Okay. Flink war Waldfrucht dann bei mir in der Wohnung. Eine Fremde! Bei mir, die ich meine einsamen Stunden doch so genieße und im Eva-Kostüm durch die Wohnung flitze! Daran sollte Waldfrucht jetzt also teilhaben. Und schon bald fand ich überall Anzeichen von Wohnlichkeit. Die bunten, mamagestrickten Puschen auf der Schuhablage. Die dreifache Dosis Milch im Kühlschrank ("oh, ich hab auch welche gekauft!"). Das Fönkabel, das seit neustem zu exotischen Knoten verkettet wird, bevor es über seinem Haken hängt... 'hey, das geht so nicht!', ruft das Monster namens Gewohnheitstrott in mir. 'Und noch ganz andere Dinge sind nicht okay, du!' 'Guck mal', sagt das GeWoTro-Monster, 'die Spülbürste ist ganz verknickert und abgenutzt seit neustem. Das kommt davon, weil Waldfrucht damit viel zu dolle scheuert, und zwar nicht im wasservollen Spülbecken, sondern nur unter einem laufenden Wasserstrahl! Ja du weißt doch, wie viel Wasser das verbraucht?!' Ich gebe GeWoTro Recht und merke, dass sich meine Stirn runzelt. Schon zeigt es auf die nächste 'schräge Nummer! Die Waldfrucht lässt die Kühlschranktür ja noch länger offen stehen als du! Dabei bist du schon knapp an deiner eigenen Toleranzgrenze damit.' - Ja, sage ich, ja GeWoTro, und merke, wie meine Schultern sich verspannen. Aber Gnade bekomme ich nicht: 'Und hast du jetzt mal mitgezählt, wie oft du den Badezimmer-Mülleimer-Deckel wieder runtergeklappt hast, weil die Olle das vergessen hat?!' Ich will dem Monster erläutern, dass mich das doch gar nicht stört und dass ich sicherlich auch meine Macken habe, aber es gestikuliert nur fragend mit denn Händen - denn inzwischen hat Waldfrucht ihre Musik ohrenbetäubend laut angeschaltet, feinster Hiphop dröhnt uns um die Ohren. GeWoTro wird plötzlich ruhig, wir gucken uns an, und teilen eindeutig denselben Gedanken: Ich höre auch gerne Musik. Wir trinken einen Tee, und als die Musik wieder aus ist, setzen wir unser Gespräch fort. 'Weißt du noch, als Waldfrucht ihre schräge, laute Freundin da hatte?' - Ja, ich weiß noch, die war ganz schön laut. - 'Ach iwo, war sie gar nicht! Die war total lieb und interessiert, hatte halt ne laute Stimme, aber du hast doch sogar verschlafen, als die vom Feiern nach Hause gekommen sind.' - Ja... ja okay. War eigentlich echt nett, dass die da war. Und seit die Waldfrucht ständig abspült, ist auch irgendwie weniger schmutziges Geschirr in der Küche... Ich bin noch ein bisschen trotzig und hole mein Hammer-Argument raus: Aber sie hat doch gesagt, sie will hier ein Praktikum machen, und sie hat immernoch keinen Praktikumsplatz. Obwohl sie so fest davon überzeugt war. Zeigt das nicht Selbstüberschätzung? Schlechte Planung? Oder wenigstens Unzuverlässigkeit? Das kleine Monster GeWoTro lächelt bitter, selten argumentieren wir so offen miteinander. 'Es zeugt davon, dass sie an sich selber glaubt. Und nicht aufgibt und mutige Schritte wagt. Könntest du dir eigentlich mal eine Scheibe von abschneiden, neechan.' Ich habe verstanden. Neue Menschen bedeuten immer ein neues Universum der Gewohnheiten. Nur weil Waldfrucht nie meiner echten Mitbewohnerin das Wasser wird reichen können, heißt das nicht, dass sie kein toller Mensch ist. Schließlich ist es so schön, einen Menschen und seine Gewohnheiten kennenzulernen, wenn man es langsam angeht. Und ich habe jetzt eben den Express-Kurs Waldfrucht gebucht: erst zusammen leben, dann näher kennenlernen.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Von Brüchen und anderen (Lebens)Wegen

Was treibt uns Menschen an?
Sind es so unlautere Motive wie Machtstreben, Geltungssucht, Eitelkeit, Habgier, Ehrgeiz oder Neid?
Oder ist es einfach nur bloße Angst, die Angst nicht mehr mithalten zu können ins Hintertreffen zu geraten, einfach hinter den Anderen zurückzubleiben?
Während die ersten Motive sich darum drehen, besser zu sein als unsere Mitmenschen, drehen sich die letzteren darum wenigstens genauso gut zu sein wie unsere Peergroup.
Was haben wir von dem einen und was haben wir von dem anderen?
Und was folgt aus diesem Antrieb?
Die Menschen sehen in jeder Ungeradlinigkeit ihres Weges einen Fehler. Sie sehen nicht, welchen Nutzen es hatte diesen Weg bis dorthin zu gehen und dann umzudrehen und an der letzten oder gar vorletzten Kreuzung neu abzubiegen. Brüche in Lebensläufen werden als Schwächen gesehen, eine abgebrochene Ausbildung, ein abgebrochenes Studium, ein gewechselter Studiengang oder eine zweite nicht aufbauende, sondern völlig fachfremde, Ausbildung werden als verschwendete Zeit gesehen. Es wird nicht gesehen, dass jeder einzelne Schritt, den ein Mensch geht, ihn zu dem Menschen macht, der er ist.
Menschen, die uns beeindrucken sind selten die, die geradlinig ihren Weg erreichten immer wussten wo sie hinwollten und dieses Ziel mit möglichst geringem Aufwand und in möglichst kurzer Zeit zu erreichen versuchten.
Menschen die uns beeindrucken sind häufig Menschen, die wir als persönlich "erfolgreich" und "glücklich" erkennen, ohne dass es sich vielleicht um eine Position des maximalen Erfolges oder Gehaltes handelt, die aber mit persönlicher Erfüllung verbunden ist, die häufig über Umwege führte, bei der sich aber doch letztendlich die meisten vermeintlichen Schwächen als wichtige Puzzleteile einfügen.
Ich bewundere Menschen, die den Mut haben umzukehren, die, ich versuche es metaphorisch deutlich auszudrücken, sagen können: Ich bin erst einmal losgelaufen und gelaufen, bin dabei irgendwo falsch abgebogen, habe dabei aber einen Baum mit köstlichen Früchten gefunden, habe mir damit den Bauch vollgeschlagen und bin dann erst umgekehrt, habe einen anderen Weg eingeschlagen, der für mich wohl der richtige war und als ich das merkte, wollte ich eine Abkürzung nehmen, wäre dabei aber beinahe verdurstet, weil ich nicht gemerkt habe, dass an diesem Weg kein Brunnen liegt, so musste ich eine Schleife gehen, die letztendlich länger dauerte als der eigentliche Weg, aber unterwegs konnte ich noch einem Eselfohlen helfen, dass in einen Graben gefallen war und aus Dankbarkeit hat es meinen Weg eine Weile begleitet und mir sehr nette Gesellschaft geleistet und wir hatten viel Spaß und ich lernte interessante Sichtweisen auf die Welt kennen und heute bin ich nicht an dem Punkt angekommen, den ich zu Beginn meiner Reise erreichen wollte, aber ich bin an dem Ort angekommen, der mir einen Platz geboten hat, an dem eine Lücke war, in die ich mich gut einfügen konnte.

Ja, diese Menschen oder Menschen, die ähnlich verworrene Geschichten erzählen, bewundere ich.
Ich bin noch zu jung um zu wissen, ob mein Weg geradlinig wird, ob ich immer weiß, welche Abzweigung die richtige ist, aber ich würde mir wünschen, den einen oder anderen Umweg im Leben gehen zu dürfen, weil er das Leben bereichert, Erfahrungen bringt und Begegnungen schenkt. Vielleicht bewege ich mich auch gerade auf so einem Umweg und habe es nur noch nicht gemerkt, dann bin sehr dankbar dafür, denn ich habe jetzt schon viel gelernt und könnte daraus viele Erfahrungen ziehen und ich könnte all den Menschen, die mich fragen, warum ich denn so viel Zeit verschwendet habe, so viele Antworten geben, die die Skeptiker nicht befriedigen würden, die mir aber zeigen, dass es im Leben keine Fehler gibt, sondern das jeder (Ab)Bruch im Leben auch der Weg zum persönlichen Glück sein kann.

Freitag, 23. Juli 2010

Von Entscheidungen und anderen Alternativen

Wie treffen Menschen ihre Entscheidungen?
Psychologen definieren Entscheiden als den Prozess der Wahl zwischen Alternativen und die Auswahl oder Ablehnung vorhandener Möglichkeiten.
Aber was passiert praktisch in einem Menschen der eine Entscheidung trifft?
Da man die Zukunft nur erahnen und die Vergangenheit nie vollständig erfassen kann sind Entscheidungen nur begrenzt rational.
Die Formulierung der Frage hat einen enormen Einfluss auf die folgende Entscheidung. So verschiebt sich möglicherweise die Entscheidung, wenn wir keine Präferenzentscheidung mehr treffen müssen, sondern eine Ablehnungsentscheidung.
Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass die Alternative, die wir am ehesten präferieren, auch die Alternative ist, die wir am ehesten Ablehnen würden, ist uns klar geworden, dass diese Alternative viele Vor- und gleichzeitig Nachteile beinhaltet. Zu dieser Erkenntnis kommen Menschen in der Praxis häufig, wenn sie Pro- und Contra- Listen zur Entscheidungsfindung benutzen.
Eine wichtige Rolle bei einer Entscheidungsfindung spielen Erwartungen, an denen wir die Vorteile einer Alternative abwägen. Wenn wir beispielsweise kein Geburtstagsgeschenk erwarten, wird die Freude über eine Kleinigkeit groß sein, hatten wir aber einen bestimmten Wunsch gehegt, der nicht erfüllt wurde, wird unsere Freude getrübt und möglicherweise beeinflusst, wie wir uns entscheiden uns gegenüber dem Schenkenden zu verhalten. Auch wenn wir uns bemühen, wird es uns nicht gelingen uns von unseren Erwartungen vollständig zu lösen, d.h. sie beeinflussen jede unserer Entscheidungen.

Das Ziel einer Entscheidung ist eigentlich den Gewinn zu maximieren oder den Verlust zu minimieren. Je nach dem, ob wir eine Verlust- oder eine Gewinnvorrechnung erhalten wird auch hier unsere Entscheidung stark beeinflusst, beispielsweise bei medizinischen Entscheidungen: OP versus konservative Behandlung, ist entscheidend, ob einem Patienten jeweils die Überlebenswahrscheinlichkeit oder die Sterbewahrscheinlichkeit mitgeteilt wird. Und wer die Weitsicht besitzt die gebotenen Informationen umzurechnen, wird möglicherweise zu dem Schluss kommen, dass diese Entscheidung zu schwierig zu treffen ist und versuchen zu vermeiden eine Entscheidung zu treffen: Es kommt zu einer Entscheidungsaversion.

Zu Entscheidungsaversionen kommt es, wenn Probleme scheinbar zu komplex sind, um die optimale Entscheidung finden zu können, aber auch weil Menschen nicht gern Entscheidungen treffen bei denen Güter ungleich verteilt werden müssen, weil Menschen das Bedauern einer falschen Entscheidung antizipieren können, weil Menschen ungern Verantwortung für schlechte Resultate übernehmen und weil Menschen ungern Entscheidung für andere treffen.
Und Menschen mögen keine Entscheidungen, die andere für sie getroffen haben, deswegen führt eine Entscheidungsaversion generell zu Unzufriedenheit, denn irgendwer trifft früher oder später eine Entscheidung und wenn irgendwer eine Kraft ist, die wir einmal Schicksal nennen wollen.
Meist können wir uns auf unsere kognitiven Fähigkeiten verlassen und treffen häufig Entscheidungen mit denen wir gut leben können.
Kognitive Fähigkeiten
sagt schon, dass wir uns eher auf Kopf- als auf Gefühlsentscheidungen verlassen sollten, weil wir sonst möglicherweise falschen Signalen folgen. Aber bei den meisten Entscheidungsprozessen kommt der Kopf früher oder später zu dem gleichen Ergebnis, wie das „Herz,“ sodass es in dieser Hinsicht selten zu Komplikationen kommen sollte.

Mein Tipp für Probleme, die uns zu schwierig erscheinen: Sie einfach betrachten wie Probleme, deren Lösung uns leicht fällt (z.B. Ich habe Hunger. Was soll ich essen?), weil jede Alternative eine gute Entscheidung ist. Wenn wir also zu dem Schluss kommen, dass jede Alternative eine gute Seite hat, entfällt des Gefühl der möglichen Fehlentscheidung und wir können uns der Wahl des Besten unter dem Guten hingeben.

Mittwoch, 24. März 2010

Von Hefepilzen und anderen sexuellen Vorlieben

Es gibt nur wenige Branchen, die profitieren, wenn sich eine Wirtschaft in der Krise befindet, aber die Süßwaren- und Sexbranche gehören definitiv dazu. So stieg auch letztes der Umsatz der größten Kondomhersteller in außergewöhnlichen Umfang.

Sex geht immer. Das merkt man aktuell auch in den Medien. Zu Sendezeiten zu denen es sonst nicht üblich ist, findet man momentan hauptsächlich dieses Thema. Ich bin in den letzten Wochen gar nicht dazu gekommen, den Stift aus der Hand zu legen, weil ich viel zu beschäftigt war Sprüche mit zuschreiben, um mich auch noch Tage später bei jedem Smalltalk drüber lustig zu machen. Da schaut man aus versehen mal eine Wissenschaftssendung und lernt, was man nie wissen wollte, dass Hefepilze, wenn sie unter evolutionärem Druck stehen, auf eine sexuelle Fortpflanzung setzen. Vielen Dank für die Info, ich sehe mein Bier jetzt unter einem ganz neuen Licht und hoffe, dass die Pilze, die an der Herstellung beteiligt waren, nicht das Gefühl hatten, dass ihre Arterhaltung gefährdet ist.

Während ja bekannt ist, dass im Nachmittagsprogramm des Unterschichtenfernsehens jegliche zwischenmenschliche Beziehungen nur in einer sexuellen oder strafrechtlichen (was so viel heißt wie "strafrechtlich-sexuellen", weil es gibt ja nur Verbrechen, die in irgendeiner Form mit Sex zu tun haben) Komponente beleuchtet wird, war ich doch Mitte der Woche geschockt, als ich in einer „Lebenshilfe-Sendung“ mit einem Niveau, das üblicherweise etwas über dem der gewöhnlichen Nachmittagssendungen liegt, riesige Dildos sah, weil ein Angehöriger des wahrhaft schwachen Geschlechtes seiner schöneren Hälfte nicht zumuten wollte, mit einem Seil Billard spielen zu müssen.

Jetzt beginnt auch noch der Frühling und die ersten warmen Sonnenstrahlen erreichen unsere Haut und das Thema Sex wird, in Zusammenhang mit Frühlingsgefühlen, noch mehr ausgeschlachtet. Dabei ist der Lustgewinn im Frühling überhaupt nicht auf den Fortpflanzungstrieb ausgerichtet, sondern vielmehr auf die Befriedigung einer Selbstaufwertung, also Verbesserung des Selbstwertgefühls, nach den langen dunklen Tagen. Frauen wollen wieder schöner werden und ihr frühjährlicher Lustgewinn ist bei einer Shoppingtour am höchsten, während Mann jetzt wieder wichtiger sein will und sein Lustgewinn ist am höchsten, wenn er sein Cabrio auf Hochglanz polieren kann und damit durch den ersten Sonnenschein cruisen kann.

Wer hat nur das Gerücht verbreitet, dass Frühlingsgefühle etwas mit Sex zu tun haben? Es waren ausnahmsweise mal nicht die Männer, zumindest nicht alle. Es waren die Alten. Denn alte Menschen wissen, dass sie noch sie viel shoppen können, sie werden nicht wieder so schön wie früher und die alten Männer wissen, dass sie keinen Stich mehr sehen, also stürzen sich alte Menschen unter Vorwand der Jahreszeit in sexuelle Abenteuer, jetzt wunderbar in den Parkanlagen dieser Welt zu beobachten, um ihren Selbstwert auf fragwürdige Art zu optimieren und alle anderen müssen es ausbaden oder müssen ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie ihre Frühlingsgefühle richtig interpretieren und sich nicht waghalsig in komplizierte Beziehungen stürzen.

Genug zur aufgebauschtesten Nebensache der Welt and tribute to spring: Ich genieße jetzt die Sonne beim ersten Freiluft-Eis des Jahres und beobachte andere Menschen dabei, wie sie sich selbst nicht verstehen.

Dienstag, 2. März 2010

Von Monologmitschnitten und anderem alternativen Lebensdesign

Unser Blog heißt ja hier: "Ein bisschen mehr vom Leben". Ein bisschen mehr vom Leben könnte manchen Individuen wirklich nicht schaden - ein bisschen mehr vom realen Leben, wohlgemerkt. Denn so manches Mitglied unserer Gesellschaft scheint ja das virtuelle Idlen (ich weigere mich, es Leben zu nennen, und greife deshalb auf einen szeneinternen Anglizismus [to idle - faulenzen, lerrlaufen; Quelle leo.org] zurück) zu bevorzugen.
Die bescheidene Verfasserin neechan hat ja das zweifelhafte Vergnügen, ein solches internetsüchtiges Exemplar aus nächster Nähe beobachten zu dürfen. Ich möchte im Folgenden einen Auszug vorlegen aus dem Protokoll eines normalen, sich jeden Tag abspielenden Feierabends, den das Exemplar in seinem gewohnten Lebenraum - dem WeltWeitenWitz - verbringt.
Für die Glücklichen unter uns, die mit dem Phänomen der internet addiction disorder (http://en.wikipedia.org/wiki/Internet_addiction_disorder) nicht allzu vertraut sind, hier zuerst eine kurze Einführung.
Das erkrankte Exemplar kommt in sein Habitat (im Volksmund "zuhause", meistens ein Zimmer in der Elternwohnung oder ein Wohnheimzimmer), lässt Rucksack und Schuhe mitten im Flur stehen, stattet sich eventuell noch unterwegs mit Chips und Schokolade aus und lässt sich dann vor das symbiotisch schwer vermisste Unnütze-Freizeitaktivitäten-Ausübe-Gerät fallen (den PC). Dieses wird die nächsten vier bis acht Stunden nur zum Nahrungsnachschubauffinden oder Urinieren verlassen, welches beides in höchste Eile geschieht. Die eigentliche Aktivität besteht in unaufhörlichem Betätigen der Maus- und Tastaturknöpfe, im spezifischen Fall des beobachteten Exemplars in der Benutzung eines Headsets (Kopfhörer mit Mikrophon.) Sogleich wird ins ununterbrochene Daddeln übergegangen. Im vorliegenden Fall ein Spiel, das wir mal "Bunch of Heroes" nennen wollen, das man online mit mehreren echten Mitspielern spielt, über die man per "Teamspeak" kommunizieren kann. Aus ebendieser Kommunikation stammt nun der folgende Ausschnitt, der genau eine Viertelstunde dessen darstellt, was die bescheidene Verfasserin vom beobachteten Exemplar vernommen hat - ungekürzt:

(20:45)

*klickklickklickklickklick*...

„'Sis glaub ich nicht das Original oder. weiß auch nicht

Hui macht schon ganz gut Schaden

*lauterwerdend* Hier is Schacko hier ist schacko!! Komm zurück komm zurück!!

Oh, hier... mh...

klickklickklick....

Schieß sie zurück!! Och ich, eh... hier ich, brauch Hilfe!

Es war ne sehr geniale Band mal wieder... das war auch nicht... das war auch kaum Sarkasmus und so.. und Ironie... ja lass Tarek allein da rumlaufen, mnja....

Nee der Schacko ist auch grottig.

Doch. Neeenene. Nein, die pusht unten ne. Jetzt ist irgendwie nicht so gut, Sie pusht nicht als Tiger, sondern irgendwie als Puma, ne.

Ah. Blitz gefunden.

Ist das da für -? Mh.

Oh mein Gott. Jack saäuft ab. Ah hiers noch was.

Ja Malte is echt uncool. Malte is tooot.

Ah hier noch einen gefunden.

Yay der XY hat -36 Armor!

Drei unten. Wollen wir die drei holen?

Dann gehen wir einfach mal -

Ja die fehlen ja auch noch. Ah hier kommen sie. Nunu läuft hoch.

Ja ich geh mal mitte gleich mal. Kann doch ein Mal... hm...

Oh hier is Schacko.

Schimmelpilze?

Jaa komm zurück komm zurück.

Wieso?

Ach das zieht, der macht keinen Schaden eh.

Wem mach ich eigtl grad Lizard? Ach ich hab mich selber geholt, einfach.

Tarek! Hier rum! Hier rum! Tarek! Hilf uns!

Ach Tarek is nicht wieder da glaub ich.

Hat er gesagT?

Weißauch nicht. Ja.

Hinter mir.

Mitte ne.

Falle nach unteeen. (?)

MOAHH.

Ja geh ich hin. Ich geh zum -

Ey ey ihr müsst zusammenbleiben (x2) Malte, was machst du, Malte!

Hörst du uns jetzt wieder?

Soll ich Blitz End holen oderLast Whisper? Enddragon?

Ich dachte, ihr -

Kann man voll schlecht mit Alli.

*lacht*

Ich hab Ulti für... gut... Nunu is ulti.

Ja und Fiddle haben die alle nicht mehr, wollt ich nur mal sagen.

Ja, bleibt zusammen. Jacks kommen dazu und... nein die haben alle nicht mehr so viel.

Ehm mach den Inhibitor und dann – achso ok, ich geh nach rechts. Ich wollt -

Wann hast du wieder Ulti Rolf? Weil wir könnten barron machen. Ok.

Komm weg.

Was? Wieso das denn?

Jetzt hab ich Shining. (21:00)

Diese Gesprächsfetzen werden von einem ständigen Klicken der Maustasten begleitet - und mit ständig meine ich tatsächlich ohne Ende in in einem Takt von Millisekunden.
Nun stelle man sich mal vor, man hätte exakt diese Geräuschkulisse in seinem Wohnzimmer. Und zwar jeden Tag, jeden Abend, stundenlang. Sobald man nach Hause kommt, bis man ins Bett geht.
Das hat was von den Foltermethoden amerikanischer Geheimdienste, nicht wahr?
Um den schönen Kreis von Einleitung und Schlusswort zu schließen, bleibt nur noch zu sagen: "ein bisschen mehr vom (echten) Leben" würde Individuen wie dem vorgestellten Exemplar durchaus guttun. Und zwar nicht nur ihretwillen (ein kellergebräunter Nerd mehr oder weniger...), sondern auch ihrer armen, erholungsbreaubten Umwelt zuliebe.

Montag, 15. Februar 2010

Vom Winter und anderen Dopingvorwürfen

Neulich in der Bahn bekam ich ein Gespräch von 3 mittelalten Männern dabei zu, wie sie sich über die Leichtsinnigkeit der Bahn unterhielten. Es wurde erörtert, ob die Menschen denn die Katastrophen der letzten Jahrzehnte schon vergessen hätten. Heute wurden sie wieder daran erinnert. Erstaunlich daran war für mich in erster Linie, dass im amerikanischen Fernsehen viel früher und viel ausführlicher darüber berichtet wurde als in den deutschen Medien, obwohl es sich doch um ein Nachbarland handelt in dem das Zugunglück passierte.

Widerlich ist daran vor allem die Vorstellung, dass Kollegen sich über ein sogenanntes soziales Netzwerks mit Mikroblog darüber austauschten, wer im Zug gewesen sein könnte und wer nicht im Büro ist.

Europa ist geschockt und wieder wird über einen Verantwortlichen gemunkelt, der in seiner Übermacht jeden menschlichen oder technischen Fehler nichtig erscheinen lässt: Der Winter.


Die Welt ist ungerecht. Im beschaulichen Wintermärchen Deutschland gehen an den Universitätskliniken der Großstädte die Nägel aus, die man benötigt um Handgelenke nach einem Sturz wieder zu flicken, während in dem, dem Nordpol viel näher seienden, Canada der Schnee fehlt, der die Hauptstadt der USA letzte Woche in ein völliges Chaos stürzte.

Das nette an Stürzen in dieser Jahreszeit ist, dass man die Schmerzen nicht spürt, denn die betroffenen Körperregionen werden direkt ausgiebig gekühlt. Erst wenn man das Blut spritzen sieht oder die in eigenartigen Winkeln abstehenden Glieder sieht realisiert man, dass dieser Sturz schlimmer war als die letzten 23. Bei den 23 vorherigen Stürzen spürte man die Schmerzen erst als man den Körper mühsam unter der heißen Dusche auftaute und entdeckte die hübschenHämatome, die einen natürlichen Körperschmuck bilden.
Man kann also bald keine Handgelenke mehr flicken. Beunruhigt das die Menschen, die davon wissen? Hoffentlich nicht, denn überhöhte Vorsicht, führt zu einer erhöhten Zahl von Unfällen.
Ich kann mich auch nicht erinnern, dass jemals zuvor eine Autobahn wegen Salzmangels gesperrt war. In meiner Kindheit im Mittelgebirgsvorland gab es jeden Winter mehr oder weniger Schnee, doch Schulfrei gab es deswegen nie.
Wenn das Wetter eine Sportart wäre und der Winter ein Sportler, dann würde man ihm dieses Jahr vorwerfen gedopt zu sein.
Alle Menschen schreien schon Mitte Februar nach Frühling. Dabei fühlt sich der Frühling doch umso schöner an je länger und härter der Winter war.

Wie oben angedeutet, wartet man in einem anderen Teil der Welt auf Schnee – im Olympialand Canada. Ich gehöre zu den Menschen, die sich momentan nicht die Nächte um die Ohren schlagen, warum auch? Soll ich mir Dopingweltmeisterschaften anschauen? Warum schaut man Sport, bei dem der gewinnt, der am besten weiß, wie man Drogenkonsum effektiv betreibt und bestmöglich verschleiert.

Sportler schaffen es nie zu dem Superstarstatus wie mancher Musiker und Schauspieler, doch während denen ein Drogenimage nicht wirklich schadet, manchen sogar eher nutzt, ist ein Sportler schon abgeschrieben, wenn er nur unter Verdacht steht. Trotz all dem übt Olympia eine wahnsinnige Faszination auf die Menschen aus, die ich nicht nachvollziehen kann. Ist es der Ausgleich zu Krieg undAusbeuterei? Müssen sich Völker, Nationen, Menschen unbedingt permanent messen?


Samstag, 13. Februar 2010

Vom Lächeln und anderen outgesourcten Leistungen

Wir alle kennen die "Gelben Engel", aber ich möchte heute über die "gelben Teufel" schreiben. Das sind auch Menschen, deren Arbeitskleidung in dieser wunderschönen Farbe des Himmelskörpers, den wir seit Wochen (gefühlten Monaten) nicht mehr gesehen haben, strahlt und die mir das Leben schwer machen.
Dass sie nicht grüßen, ist ein geringes Übel, dass sie Schwierigkeiten haben zu lesen, schon ein größeres und dass sie gern Dinge verschwinden lassen, die mir gehören, ist ein riesiges Problem. Aber ich wollte eigentlich von der Service- Wüste Deutschland erzählen.
Man möchte sein Paket am Schalter einer so rar gewordenen Filiale der gelben Teufel -denn sie sind die wahren Meister des outsourcens, jeder kapitalistische Unternehmensberater, Entschuldigung Consulter, benutzt sie als Musterbeispiel- sein Paket abholen. Angesichts der Kälte und der typisch nordischen s-teifen Brise freut man sich, dass die Schlange genau hinter der Tür beginnt und man sich doch im warmen Neonlicht die Beine in den Bauch stehen darf. Aber wie jeder andere möchte man ja etwas von ihnen, deswegen bleibt man ja freundlich. (Dass man nur deswegen etwas von ihnen möchte, weil einer ihrer Legastheniker wieder irgendeinen Bockmist gebaut hat, kann man kurzfristig verdrängen.) Man wartet also geduldig und beim warten hat man Zeit:
Zeit zum Beobachten. Man beobachtet die Arbeitsmoral, der Schalterangestellten, man beobachtet die wartende Meute, die ungeduldig werdende Mutter, deren Unruhe auf ihr Kind übergeht, was für die Geduld der Mutter nicht zwingend förderlich ist, man beobachtet die junge angestellte aus der angegliederten Bank, die man durch eine riesige Glasfläche bei einer Kundenberatung sehen kann (so will ich mal nicht arbeiten).
Zeit zum Analysieren. Man sieht das breite Lächeln der Banktante und stellt fest, dass da der Unterschied zur Schalterangestellten liegt, zu der die Leute kommen, die was wollen, im Gegensatz zur Finanzberaterin, die selbst etwas will, etwas aufschwatzen.
Zeit zum Pläne schmieden. Egal wie lange ich noch warten muss und egal wie sehr mich das Geschrei des Kindes nervt, ich werde die gestresste Frau, dort vorn ganz freundlich anlächeln.
Gesagt, getan!
Ich kann euch nur raten, lasst es sein!

Gelber Teufel murrend murmelnd: "Ich brauch dann noch Ihren Ausweiß!"
Ich beschwingt lächelnd: "Natürlich, bitte schön!"
GT irritiert aufschauend: "Is irgendwas?"

Ist gelb das neue schwarz? Ich meine, es ist Farbpsychologisch belegt, dass Farben einen Einfluss auf unsere Stimmung haben. Manchmal erfüllen Farben auch nur einen praktischen Zweck (OP grün zum Beispiel), aber ich assozierte gelb immer mit Lebensfreude und Fröhlichkeit, obwohl ich wohl weiß, dass es auch die Farbe des Neids und Egoismus ist, aber die Menschen, die diese Arbeitskleidung tragen sind nicht aggressiv oder neidisch sondern eher, phlegmatisch und teilnahmslos bis traurig.
Aber Schornsteinfeger kontrastieren dann ja wieder ihr schwarz durch Freude, die -wie ich dachte- daher kommt, dass sich immer alle so freuen einen zu sehen und dann einfach einen freundlichen Mann sehen.
Beeinflusst wirklich die Farbe unserer Arbeitskleidung unser Verhalten und unsere Stimmung in anderer Weise als es Farben üblicherweise tun? Zeit für eine vergleichende Studie zwischen gelben Engeln, gelben Teufeln, Schornsteinfegern und Bestattungsunternehmern.
In der Folgestudie sollten auch unbedingt Tarnmuster untersucht werden, aber dazu brauch ich erst noch eine These.

Wo sind wir denn bitte hingekommen, wenn die Leute irritiert nachfragen, warum man freundlich ist, während sie andere Menschen weinend am Straßenrand als ganz normales Phänomen ignorieren???

Freitag, 22. Januar 2010

Von morgens und anderen Abenden

Wir befinden uns im Jahre 21 nach neechan. Schnee und Eis liegen auf den Straßen, die Einwohner eines mittelgroßen demokratischen Landes sind außer Rand und Band. Der Weg zur Arbeit wird zur Yogaübung, ein Bein auf dem Boden, das anderen in den Händen, meterweites Schlittern.
Ganz Hamburg? Nein, eine von unbeugsamen Menschen bevölkerte Minderheit hört nicht auf, der wetterangepassten Vernunft Widerstand zu leisten.
Es sind dir Radfahrer. Natürlich wissen wir alle, Radfahrer sind die besseren Menschen. Sie sind sportlich-fit, sparen Diesel, Gas, Blech, CO2, C3PO, R2D2, Menschenleben und Staumeldungen. Aber im Winter...?, müssen wir an dieser Stelle einwerfen. Man stelle sich den morgendlichen (für Studenten übersetzt: etwa 12 Uhr) Weg zur Arbeit (für Studenten: Coffee-to-go-Schuppen) vor, man ist mit dem Auto (Studenten: Bus oder Bahn) nach ewiger Parkplatzsuche (Studenten: Buspassagiere bis zur Toleranzgrenze begaffen) angekommen. Den kurzen Weg zur Arbeit (Studenten: langen Weg zur Uni) begeht man mit der üblichen Mischung aus Müdigkeit, Unlust und die Tagesplanung vorbereitenden Konzentration (Studenten: Müdigkeit, Unlust, und pappbechernen Schlucken vom DoubleDecafVanillaCreamToffeeJungleChocTripleSoyLattePeripherMacchiato) und der Financial Times (Studis: Gratiszeitschrift der Woche) unterm Arm.
Der Bürgersteig ist schmal und rutschig, die entgegenkommenden Passanten laufen ebenso vorsichtig wie man selber. Es geht wetterbedingt ein bisschen langsam voran, man wechselt sich mit dem Vorder- und dem Hintermann im gelegentlichen Gleichgewichtsverlust ab.
Doch plötzlich!, rringrring, ein Fahrradfahrer! Und eilig hat er es auch noch. Seinen Drahtesel 'vollends' (für Ironieresistente: zero) unter Kontrolle, schlingert er in mit einem Radius von knapp anderthalb Metern pro Rad durch die Gegend. Selbst für einen Geisteswissenschaftler berechenbar, stellt dieses Verkehrsverhalten auf Bürgersteigen, deren drei Meter Breite nur zu maximal zwei Drittel begehbar sind, eine beträchtliche Gefahr dar.
Als psychologisch geschulter Mensch möchten wir nun vermuten, dass es sich hierbei um eine Intervention handelt - all diese wagemutigen Bicicletteure sind Teilnehmer eines Verkehrsprogramms, dass die Konzentrationsfähigkeit und Balance schulen soll. Oder ist es gar ein Ausdruck von erhöhtem Umweltbewusstsein in Zeiten der Krise und der Globalisierung?
Oder ist es gar eine Maßnahme, im Arzneischrank aufgestaute Reserven an Erkältungstinkturen endlich zu verbrauchen, nachdem man nach 37 Minuten kalter Luft, kalten Fingern, laufender Nase, geschätzten 2,63 Stürzen und einem kontinuierlich um 30% erhöhten Distress-Level, sein Immunsystem herunterreguliert hat?
Nun, wir müssen uns wohl damit abfinden, dass es Dinge gibt, die wir nie so ganz verstehen werden. Buddha sagt: Alles, was keinen Sinn hat, wird einen Sinn finden, wenn man den Sinn nicht sucht, sondern ihn vergisst. (Ok, das sagt er wahrscheinlich nicht wirklich... aber ich bin mir sicher, wenn man es lange genug durch ein Übersetzungs-Tool jagt, kommt das dabei raus.)

Mittwoch, 30. Dezember 2009

Es war einmal... 2009

Zwischen dem großen Fressen und dem großen Knallen ist es Zeit zurückzublicken auf ein Jahr, in dem jeder seine Schwerpunkte anders setzte. Bei einigen Menschen in meinem Umfeld, lag der Schwerpunkt auf Neuanfängen, Experimenten und Erfahrungsgewinnung. Bei anderen Menschen ging es dieses Jahr um Stabilisierug, Konsolidierung und Wiederaufnahme. Aber mir scheint für viele war es ein Jahr des Verlustes und des Abschieds. Wir mussten uns beispielsweise von der guten alten Glühbirne verabschieden, obwohl die Wirksamkeit unseres neuen Gefährten von einem Großteil der Wissenschaft bezweifelt wird. Ich kenne viele Menschen, die dieses Jahr einen nahestehenden Menschen verloren haben, sei es durch Trennung oder Tod. Es war auch ein Jahr in dem sehr öffentlich gestorben wurde, beziehungsweise zog der Tod vieler Prominenter die Öffentlichkeit in einen fast unerhörten Bann.
Aber das ganze Jahr war vom Zurückschauen geprägt, es wurde nicht nur auf die Leben von Swayze, Jackson und Enke, um nur einige zu nennen, zurückgeblickt, sondern auch auf ein vergangenes Jahrzehnt, auch ich habe mich dem schon hingegeben. Es wurde auch auf große und kleinere Momente in der Geschichte zurückgeblickt, denn es war auch ein Jahr der Jubiläen:

• Bundesrepublik, 60 Jahre
• Sandmännchen, 50 Jahre
• Billyregal, 30 Jahre
• Privatfernsehen, 25 Jahre
• Mauerfall, 20 Jahre

Das waren die Jubiläen, die es in mein Bewusstsein geschafft haben. Aber wenn man ein ganzes Jahr nur mit Zurückschauen beschäftigt ist, hat das Jahr gar keine Zeit eigene Geschichte zu schreiben oder die Menschen haben gar keine Zeit diese Geschichte zu würdigen.
Aber dafür wird ja am Ende des Jahres in allen Medien das Jahr noch einmal wiederholt, damit man auch nichts vergisst. Die Frage ist: Wäre es nicht besser das ein oder andere einfach zu vergessen? Wären ohne die Medien einige Probleme eigentlich überhaupt Probleme geworden?
Lasst uns 25 Jahre "unabhängige" Medien feiern.

So klafften auch in meiner Erinnerung große Lücke über das vergangene Jahr bis ich zur Vorbereitung des Posts 2-3 Jahresrückblicke schaute und hätte ich nicht mitgeschrieben würden diese Lücke schon wieder klaffen und ich habe beschlossen diese Lücken auch Lücken sein zu lassen. Mir fiel beim Schauen nur eine Sache auf: Jeden Monat war irgendwas mit einem Autokonzern, den jeder wollte, aber sich keiner leisten konnte.
An die Geburt unseres ersten Helden des Jahres im Januar kann ich mich auch nur erinnern, weil es meinen Wortschatz um ein unglaubliches Wort erweiterte: Notwasserung.
Im Januar war doch auch die Vereidigung dessen, der seinen Heldenstatus zumindest in seiner Heimat schon fast verloren hat, oder?
Im Februar war ich eine Woche im Urlaub ohne Medienzugang: Pressefreiheit mal anders.
Wir feiern 25 Jahre "freie" Medien.

Im März begann ich mein persönliches Abenteuer Bloggen und alles, was mir persönlich im folgenden Erwähnenswert erschien, kann jeder nachlesen.
Im Juni gingen die Studentenproteste in die erste Runde und gut geplante Aktionen stießen damals noch auf breite Unterstützung und kleine Erfolge. Über die Leichen des Monats möchte ich nicht schreiben, weil es zum einen schon überall getan wurde und weil mir zum anderen der persönliche Bezug fehlt.
Dann kam das Sommerloch und danach die Wahl ohne Wahlkampf, weil dieser dem politischen Sommerurlaub weichen musste. Warum müssen diese Wahlen auch immer an einem strategisch so ungünstigen Termin im Spätsommer/Frühherbst stattfinden, wo unsere Politiker doch gerade so entspannt aus dem Urlaub kommen? Auch zur Wahl ist damit eigentlich schon alles gesagt.
Mitten in diesem Sommerloch bestätigte aber auch noch ein sowieso schon unbeliebtes Bundesland bei Landtagswahlen seine Gesinnung und wenn man jetzt fragt, will es keiner gewesen sein und keiner kann sich erklären, wie das schon wieder passieren konnte.
In der dunklen Jahreszeit (diese fängt, meiner Erfahrung nach, schon im Herbst an) sollte die Hochphase dieser neuen uns alle dahinraffenden Grippe kommen und es kam... das öffentliche Interesse an einer ganz anderen Krankheit, die sich eigentlich lieber ins Privatleben zurückzieht: Depression.
Wir feiern 25 Jahre "investigative" Medien.

Kurz vor Ende des Jahres weckt ein alter Bekannter wieder Urängste, der Terrorismus ist zurück im Westen. Sein Ziel? Angst schüren! Dabei hatte er Erfolg, vielleicht will auch jemand anders Angst schüren und benutzt ein etabliertes Wort, wer weiß?
Was bleibt dann noch für nächstes Jahr? Wir bekommen ein Comeback versprochen, das dieses Jahr schon in etwas anderer Form stattfinden sollte. Ansonsten erwarten wir die üblichen Katastrophen und freudigen Ereignisse. Alles was bleibt ist: abwarten.

Bis dahin einen fröhlichen Jahreswechsel.

Montag, 30. November 2009

Vom Ausziehen

Anschauen, aussuchen, verknallen, ausziehen und dann ...

He, seid ihr wieder versaut!



Ich meine natürlich: Einziehen!

Man lernt am meisten über einen Menschen, wenn man ihm beim Umzug hilft. Man erkennt seine Sammelleidenschaften, seine Macken, seine Belastbarkeit und seine Vorstellung von Sauberkeit.
Aber man lernt auch viel über einen Menschen, wenn er mir beim Umzug hilft oder helfen sollte/wollte. Man lernt etwas über seine Zuverlässigkeit, über seinen Umgang mit Besitz von anderen, seine Arbeitsauffassung und über seine Ansichten zum Thema Gegenleistungen.
Man lernt aber auch viel über sich selbst, wenn man Anderen beim Umzug hilft oder wenn man selbst umzieht.
Man lernt in erster Linie, dass die Wochen des laufenden Umzugs ein extremer Einschnitt in die Lebensqualität sind und man fragt sich, warum man sich das antut, deswegen versucht man auch die neue Wohnung so schön wie möglich zu gestalten, damit man sie nie wieder verlassen möchte.
Wenn man anderen hilft, erkennt man manchmal, dass die Macken, über die man sich bei sich selbst ärgert, in anderen Wohnungen noch viel schlimmer ausgeprägt sind. Wenn ein Mensch der auf Sauberkeit nicht den allerhöchsten Wert legt, in anderer Leute Wohnung plötzlich anfängt sich zu ekeln, lernt, dass seine eigene Schlampigkeit noch in engen Grenzen liegt. Man erkennt aber auch, dass Dinge, die einen nicht stören, eigentlich viel besser gelöst werden können als man es selbst tut.
Man lernt etwas darüber, ob man für handfeste Arbeit mit klaren Ergebnissen geeignet ist und ob diese Art von Arbeit Spaß macht und fragt sich viel zum ersten Mal, warum zur Hölle man eine Geister- und Gespensterwissenschaft studiert.
Man lernt auch etwas über seine eigenen Prioritäten. Style oder Komfort. Größe oder Aussehen. Praktisch oder hübsch. Oben oder unten...
Aber man erkennt auch, dass selbst wenn man einmal quer durch die Stadt zieht, sich gewisse Dinge einfach nicht ändern. Erst leidet man darunter, was welche Bequemlichkeiten man aufgibt, doch wenn man sich in der neuen Gegend erst einmal auskennt, dann ist vieles gleich geblieben.
Ein nerviges Industriegebiet ist immer noch nur einen Katzensprung entfernt. Der Weg zur Uni ist nur unwesentlich länger geworden. Der Weg zum einkaufen hat sich auch minimal verlängert, dafür sind die Brötchen näher gekommen und die Nachbarn netter geworden. Die Freunde besuchen dich immer noch und beschweren sich, wie eh und je, dass du am A**** der Welt wohnst. Aber das allerwichtigste: Dein Lieblings- Junk-Food- "Restaurant" ist immer noch exakt 4 Busstationen von deiner Wohnung entfernt!
Alles ist anders, doch nichts hat sich verändert, so wie immer.
Jedes Mal, wenn wir eine Kreuzung im Leben passieren kommen wir meist schon nach wenigen Wochen zu diesem Schluss. Manchmal ärgert es uns, manchmal freut es uns und manchmal ist es nicht wichtig.
Nach ein paar Wochen vergessen wir sogar, was wir über uns und unsere Mitmenschen gelernt haben.
Da bleibt die scheinbar entscheidendste Frage:
Ziehst du noch um oder lebst du schon wieder?

Freitag, 20. November 2009

Von Schweinegrippe und anderen Studentenprotesten

Eigentlich wollte ich hochphilosophische Töne anschlagen und mich aus den "aktuellen" Themen der letzten Wochen heraushalten, weil sie sich schon anhören wie Mensa-Essen aussieht -3 mal durchgekaut.
Aber Depression und Schweinegrippe sind nun mal ein dankbares Thema um seitenweise Text zu produzieren, der in den Boulevardmedien unter die Rubrik "Aufreger der Woche" fällt und mein Aufreger der Woche ist die Schweinegrippe.
Obwohl das eine Lüge ist, die Schweinegrippe regt mich gar nicht auf (zumindest solange sie mich in Ruhe lässt), sondern vielmehr der Umgang mit ihr.
Es ist sehr interessant, dass es anscheinend in Deutschland nicht zum Standart gehört sich regelmäßig die Hände zu waschen, denn wann immer man ein Interview sieht, wie sich das Verhalten der Leute seit Auftreten der Grippe geändert hat, ist immer einer dabei, der sagt: "Naja, ich wasch mir jetzt regelmaßig die Hände" -Herzlichen Glückwunsch, aber du wirst sowieso nie die Schweinegrippe kriegen, denn du hast ein super Immunsystem, bei den Keimen, die es bisher immer abzuwehren hatte.
Aber soviel zu den Vorsichtsmaßnahmen, denn ich möchte nicht über die Menschen mit extremer Panik sprechen, die als natürlichsten Schutz den Mundschutz wählen. Die sind ja auch in unserer Gesellschaft der (typisch deutschen) Skeptiker eher selten, denn wir sind skeptisch, ob das wirklich etwas bringt.
Wir sind skeptisch gegenüber der "neuen" Grippe, die etwas ganz besonderes zu sein scheint, der Erreger, eine Mutation des Erregers der Spanischen Grippe (1918). Mutation ist ein Wort, das bei uns Menschen Urängste weckt: Warum eigentlich? Zu viel X-Men geschaut und auch noch missverstanden? Wenn man der Evolutionsbiologie glauben kann, dann sind wir auch nur eine Mutation, die Weiterentwicklung allen Lebens wird auf Genmutation zurückgeführt, daraus lässt sich schließen, dass eine Mutation nicht von grundsätzlich schlecht sein muss, woher die Angst vor dem Wort kommt, weiß ich nicht.
Aber zurück zu den Skeptikern:
Wir sind aber nicht nur skeptisch gegenüber der Grippe im Allgemeinen, sondern wir sind skeptisch, ob sie nicht noch viel schlimmer sein könnte, als wir es uns vorstellen können, denn es ist ja etwas Neues und nie da Gewesenes, wir sind aber auch gleichzeitig skeptisch, ob sie wirklich so schlimm sein soll, wir merken doch gar nichts davon. Wir sind auch skeptisch gegenüber unserer Regierung und fragen uns die ganze Zeit, was sie von dieser Panik hat. Wir sind skeptisch gegenüber den Pharmafirmen, die die Antibiotika produzieren, ob sie die Grippe nicht vielleicht aus dem Labortresor gelassen haben (weil ja auch noch der Ex-US-Verteidigungsminister Aktien dieser Firma besitzt) und wir sind skeptisch gegenüber den Pharmaunternehmen, die den Impfstoff produzieren, weil wir sie für geldgierig und fahrlässig halten, weil sie ungetesteten Impfstoff verkaufen.
Wir sind aber gegenüber der Impfung genauso skeptisch wie gegenüber der Grippe, was uns in ein persönliches Dilemma stürzt. Risikogruppen, wie Schwangere und Herzkranke brauchen einen Impfstoff ohne Wirkverstärker, den kauft die Regierung aber nicht, weil es sich um eine Pandemie handelt, wenn aber die, die angeblich die Impfung brauchen, sich nicht impfen lassen können, warum sollte sich dann der normale Mensch impfen lassen, wenn er sie doch gar nicht braucht?
Aber vielleicht sollten wir auch weder der Grippe noch der Impfung vertrauen, denn bisher kommen Mediziner zu dem Konsens: Nur Menschen mit Vorbelastungen sterben an der Impfung und höchstwahrscheinlich sterben auch nur Menschen mit Vorbelastungen an der Schweinegrippe.
Dummerweise sagt ein Arzt, der den 1. Teil sagt, nicht den 2. Teil und andersherum, deswegen sind wir Skeptiker verunsichert, weil uns Verunsicherung liegt.
Diese Annahme lässt aber nur einen Schluss zu: Wir sollten skeptisch sein, ob wir nicht eine Vorbelastung haben und wenn wir nicht zu dem absolut sicheren Schluss kommen, dass dem nicht so ist, sollten wir das Haus nicht mehr verlassen, denn sonst werden wir definitiv draufgehen, entweder an der Grippe oder an der Impfung, jeder wie er es mag.
Deswegen bin ich auch dafür bei den aktuellen Studentenprotesten die Forderung aufzunehmen, die Uni zu schließen, bis die Pandemie vorüber ist um diesem riesigen Infektionsherd einhalt zu gebieten. Dann würde sich auch sicher endlich eine Mehrheit der Studenten zu den Protesten bekennen und sich nicht für die anarchistischen und kommunistischen Umsturzversuche einiger Kommilitonen schämen, weil sie doch eigentlich nur für die Abschaffung der Studiengebühren und/oder eine bessere Betreuung für die Studenten sind (so wie hier zu lesen (sehr gelungen, finde ich übrigens, auch wenn es andere Kommentare gibt): http://vayosphere.wordpress.com/2009/11/15/uni-brennt/).
Also wir boykottieren die Schweinegrippe und gehen deswegen nicht zur Uni ...

Samstag, 7. November 2009

Vom Einkaufen und anderem Gebell

Willkommen in der Sendung: "Wie Luxus ihr Sozialverhalten beeinflusst. Heute am Beispiel des Kaufverhaltens."
Generell kann man sagen, dass Wohlstand sich negativ auf Verhaltensweisen wie Rücksichtnahme, Toleranz und Gemeinschaftssinn auswirken. Aber das ist ja hinlänglich bekannt und muss hier also nicht näher ausgeführt werden.
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Supermarkt für Besserverdiener (weil sie sich verlaufen haben oder etwas kaufen wollen, was einen Fixpreis hat oder oder oder). Sie gehen mit einem Artikel an die Kasse, geöffnet die äußerst rechte und linke Kasse mit 2 ellenlangen Schlagen. Eine 3. Kasse wird geöffnet sowohl von links als auch von rechts treten Menschen an die mittlere Kasse, auch Sie, hinter ihnen kommt jemand von der anderen Kasse. Es passiert erst einmal nichts. Der Mann vor Ihnen wird abkassiert. Da spricht Sie plötzlich der Mann hinter Ihnen an, ob Sie denn nicht zusammengehören. Sie verneinen höflich, aber irritiert. Dann beginnt das Gezeter: "Finden Sie Ihr Verhalten denn nicht äußerst dreist? Was denken Sie sich denn dann, sich hier so hereinzudrängeln. Das ist ja eine Unverschämtheit. Was bilden Sie sich denn ein?!" "Oh ich wusste nicht das im Supermarkt die Rechts- vor- Links- Regel gilt. Ich habe nicht gedrängelt ich bin nur zufällig aus einer anderen Richtung gekommen." Ihr Gefühlszustand ist irgendwo zwischen genervt und belustigt. Die "freundliche" Kassiererin im Allgemeinen (deren Verfehlungen hier schon früher zur Sprache kamen) ist verunsichert und möchte, den Stammkunden ja auch nicht für jemanden verkraulen, die so aussieht als würde sie sowieso nie wieder einen Fuß ins Geschäft setzen. Sie fragt sicherheitshalber, wer denn nun dran sei. Der Schnösel: "Die junge Dame scheint es ja eilig zu haben."
Wenn mal wieder viel zu viele Leute vor mir an der Kasse stehen mach ich das demnächst auch so: Ich nicke erst dem Mann vor mir freundlich zu und wenn er dann fast dran ist, fange ich ein furchtbares Geschrei an, was er sich denn einbilde sich so dreist vorzudrängeln. Ich denke mit dieser Methode komme ich exakt 3 Minuten später aus dem Geschäft, als wenn alles seinen natürlichen Gang geht, denn durch die Prügelei am Kassenband verzögert sich nur die Arbeit der Kassiererin.
Nach dieser Geschichte noch ein harmloses Beispiel:
Jemanden an der Kasse vorlassen, hat für ja nur dann keinen persönlichen Nachteil, wenn man mit Wagenausladen länger braucht, als der Vorgelassene um abkassiert zu werden. Doch meist wird auch der Nachteil in Kauf genommen ein wenig länger zu brauchen, man ist ja eh mit dem Großeinkauf beschäftigt und der dauert meistens sowieso eine gefühlte Ewigkeit. Aber je günstiger der Discounter, desto eher ist diese selbstlose Verhalten zu beobachten, wobei es die Vorgelassenen noch nicht einmal eilig haben müssen. Aber in einem teuren Supermarkt habe ich dieses Verhalten noch nie beobachtet, auch wenn ich keine repräsentative Stichprobe habe, da ich mich dort eher selten aufhalte, möchte ich behaupten, dass dieses Verhalten dort seltener vorkommt. Möglicherweise, weil sich jeder dort selbst für die wichtigste Person der Welt hält, beziehungsweise: Was interessiert es den Mond, wenn ein Hund ihn anbellt.

Montag, 7. September 2009

Von Respektlosigkeit und anderen Alterserscheinungen

Verwirrte, respektlose, alte Menschen kreuzten in den letzten Wochen recht häufig meinen Weg:
Begonnen hatte alles mit jenen alten Menschen, die immer noch glaubten dem Alter entfliehen zu können. (Ich dachte bis dahin, diese Phase legt sich bei Frauen mit Mitte 30 und bei Männern mit Mitte 60, aber ich scheine mich getäuscht zu haben.) Sie veranstalteten ein rauschendes Fest um ihren Geburtstag noch mal würdig zu feiern, vielleicht feierten sie aber auch den nahenden Tod. Aber sie hatten vergessen, dass sie weder üppige Sahnetorten und ungewohnte Bewegung noch warme Temperaturen und fehlenden Mittagsschlaf vertrugen. Aber gut, so ein kleiner Ausflug ins Krankenhaus erspart die Bettelei beim Chef um Urlaub... ach nein, die sind ja schon Rentner.
Ich bin ja nicht gegendas Feiern und schon gar nicht gegen Feiern im Alter, man sollte vielmehr feiern, dann wäre man auch besser im Training, aber in dem Alter sollte man so langsam seine Grenzen kennen.
Es folgte einige Zeit später: die alte, kleine Frau mit den dicken Brillengläsern, beziehungsweise den Goldfischgläsern in Plastikgestell. Diese Frau hat doch tatsächlich gewagt auf dem Friedhof zu betteln und so das Leid und die dadurch entstehende Verweichlichung ihrer Mitmenschen auszunutzen - und dies auch auf sehr dreiste Weise:

AH = alte Hexe
TW = trauernde Witwe

AH: Wie spät haben Sie es?
TW (verwirrt aufschreckend): Was?
AH: Sie können mir doch sicher sagen, wie spät es ist!?
TW: ...12 Uhr
AH: Und sie haben nicht zufällig einen Euro im Portmonee?
TW (genervt in der Tasche kramend): hier nehmen Sie.
AH: Haben Sie vielleicht 2 Euro in ihrem Portmonee?
TW: Also ich muss doch sehr bitten...

Ich glaube es folgten noch ein paar Undankbarkeiten seitens AH.
Ich finde bedürftige Menschen (sofern sie denn bedürftig sind, was in diesem Fall nicht eindeutig war, aber dies sei dahingestellt) dürfen gern betteln, aber sie sollten Respekt vor Menschen haben, die noch bedürftiger sind, wenn auch auf anderer Ebene. Vor allem würde ein jugendlicher Bettler sofort in seine Schranken gewiesen werden, aber die alten Menschen dürfen sich so etwas einfach herausnehmen.
Dann hörte ich von einer garstigen alten Vermieterin, die ihrer über 30 jährigen Mieterin im lockeren "du" alle möglichen Unverschämtheiten an den Kopf warf und ihr Dinge vorwarf, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Ein Beispiel: Die junge Dame traute sich, sich zu beschweren, weil in ihrem Mitvertrag eine Warmmiete steht, die Heizung in ihrem Zimmer aber nicht funktioniert. Die Vermieterin war der Meinung, der junge Geist solle sich nicht so haben, die Miete sei ja so günstig, dass sie sich einen Heizlüfter kaufen kann.
Ich finde, da ist schon die Aussage allein blanke Ironie, das muss ich nicht noch kommentieren.
Die vorerst letzte Begegnung mit dem Alter hatte ich heute am Bahnhof: Ein alter Mann mit Rollkoffer versucht rechts an mir vorbeizulaufen, als er feststellt, dass seine Geschwindigkeit zu gering oder meine zu hoch ist um den Überholvorgang abzuschließen, beschließt er zum Abdrängen überzugehen, was mir erst richtig auffällt, als ich schon fast an der Wand klebe, sonst hätte ich ja bremsen können und mir in die Hacken laufen lassen. Mir entfährt ein klitzekleines, aber durchaus genervtes "Hee!!!", worauf hin dieser alte Mann tatsächlich kopfschüttelnd murmelte "keinen Respekt vorm Alter mehr."
Wenn ich ehrlich bin, muss ich gestehen, dass ich auch nicht einsehe jemanden die Füße zu lecken, nur weil er seit 10 Jahren keiner Arbeit mehr nachgehen muss. Warum sollte uns das Erreichen und Überschreiten eines bestimmten Geburtstages dazu befähigen mehr Wert zu sein als andere? Ich versuche jedem Menschen Respekt entgegen zu bringen, sofern er mich auch mit einer gewissen Achtung behandelt und ich finde, dass diese Achtung den heutigen Alten manchmal fehlt: Sie pöbeln permanent gegen die Jugend, nehmen keinerlei Rücksicht und sind derartig engstirnig, dass sie den Respekt, den man ihnen entgegen bringt, gar nicht wahrnehmen oder gar als Beleidigung empfinden.
Jemand ist mehr Wert, weil er schon so viel geleistet hat? Ist nicht jemand, der noch jung ist, dass er noch 3 Mal so viel leisten kann, nicht von denen, die ihre Leistung schon gebracht haben, mindestens genauso zu respektieren und in seinen Bedürfnissen zu unterstützen, damit er überhaupt dazu befähigt ist, seine Leistung zu erbringen?
Und ist es nicht so das wir nur lernen können, was wir beobachten können? Wenn keiner von den Alten zeigt, wie Respekt funktioniert, wie sollen es die Jungen dann können???

Dienstag, 11. August 2009

Von der Selbstkasteiung und anderen Selbstversuchen

Hinter mir liegt jetzt eine Woche, genauer gesagt sechs Tage, Fasten.
(Platz für entsetzten Aufschrei)
Heilfasten, wohlgemerkt. Das heißt in der Essenz, das es gar nicht zum Abnehmen da ist, sondern um zu 'entschlacken', wie das so schön heißt.
Ich habe die ganzen sechs Tage über nichts festes zu mir genommen. Als Eiweißerhalter (damit die Muskeln nicht abbauen) gab es täglich etwa 1, 5l Molke - kleiner Tipp am Rande, Berchtesgadener Land Fruchtmolke ist lecker, Sauermolke in jeder Form widerlich, und Molkenpulver schmeckt am besten und sättigt am meisten, wenn man es in warmem, aber noch nicht ganz heißem Wasser auflöst. Meine Meinung. - und ein bisschen Fruchtsaft. Nun bin ich in den "Aufbautagen", habe heute morgen also ein bisschen Haferflocken in meine Molke gemischt, mittags gestampfte Kartoffeln und Möhren gegessen und abends einen Joghurt mit frischen Pflaumen darin. Alles Bio wohlgemerkt, da schmeckt insbesondere der Joghurt einfach besser. Die Marke Andechser kann ich sehr empfehlen, da ist sogar der ganz magere Joghurt göttlich cremig und schmackhaft.
So, bevor das entweder zu einer Ernährungsberatung oder einer Werbeveranstaltung ausartet, möchte ich gerne mal die Ergebnisse, Erlebnisse und sonstige Ungereimtheiten schildern, die mir im Laufe der letzten Woche widerfahren sind.
* Aufgrund der Erlebnisberichte im Internet und von Freunden hatte ich mir beinahe eine Erleuchtung erwartet, so begeistert schien mir die Welt von der Enthaltsamkeit.
Das Nirvana ist leider ausgeblieben, aber ich habe meine Lektion gelernt. Ich weiß jetzt, dass man ohne größeren Schaden auch ruhig mal hungrig ins Bett gehen kann oder über einen Rummel schlendern - gerade für jemanden wie mich ist diese Erfahrung wichtig, der dann schnell eine Bratwurst oder eine Tafel Schokolade in der Hand hält.
Ich habe auch das Essen nicht vergessen - im Gegenteil, ich habe nur noch daran gedacht!! Die ersten beiden Tage habe ich das Gefühl einer knusprigen Pizza in den Händen vermisst. Die Tage darauf eher den Döner. Und die letzten drei Tage habe ich alle Kochbücher durchgeblättert, die mir unter die Finger kamen... glaubt mir, ich bin die nächsten paar Tage gut beschäftigt mit dem Ausprobieren leichter, exotischer Gerichte. (Wer zum Futtern vorbeikommen will, melde sich.)
* Ich habe fünf Kilo abgenommen (in sechs Tagen), Fett ab- und Muskeln aufgebaut. Nagut, dafür war ich nach dem Joggen und den Kraftübungen auch ganz schön geplättet.
* Jetzt kommt das für mich persönlich Kurioseste: die Reaktionen meiner Umwelt.
Zuallererst die Entsetztheit der Menschen, die meine Planungsphase nicht mitbekommen haben. Das klang ungefähr so: "Du isst GAR nichts mehr?! Aber du bist doch schon total schlank, das hast du doch gar nicht nötig!"
Ok, erste Erkenntnis: der allgemeine Sprachgebrauch denkt, Fasten sei eine Diät. Aber wenn man abnehmen will, ist Fasten leider eine Fehlentscheidung. Da käme dann nämlich unser aller Freund, der Jojo-Effekt, zum Tragen.
Dann die Reaktionen mir näherstehender Personen.
Mein Vater dachte ebenfalls, ich wollte abnehmen, und befand es für unnötig. Außerdem riet er mir davon ab, in Stresssituationen zu fasten. Nunja, leider bin ich Bachelor-Studierende sowie Kind meiner Generation, das heißt: 'Keinen Stress' gibt es nicht. Es gibt immer eine Hausarbeit, einen Arzttermin, ein Praktikum, einen Verwandtenbesuch...
Meine Mutter? - Wüsste sie es, müsste ich mir eine Gardinenpredigt anhören, denn sie hat schlichtweg Angst, dass ich magersüchtig werde. Weil ich nicht dick sein will. Ja, Mutti. Liebe Leser, Mütter mit der rosaroten Brille ("mein Kind ist eh das hübscheste und schlankste!") und selber einer vom Durchschnitt abweichenden Figur (sie wiegt gefühlte siebenunddreißig Gramm) sind die härtesten. Ogott, mein Kind will seine überflüssigen Pfunde loswerden, es MUSS magersüchtig sein! Oder sein wollen!
Kommen wir kommentarlos zu meiner Lieblingsreaktion, zur Verfügung gestellt von meinem Yang (Yin und Yang, ihr wisst schon, na, mein Freund halt): Er findet, ich sehe klasse aus, so dünn, und lobt mich ständig dafür, sodass ich mich nach klassischer Konditionierung eigentlich in meinem Tun bestärkt fühlen müsste, was widerum zu einem anhaltenden Verhalten führen müsste - ich ess nix. Nicht erstrebenswert, was?
Tja, Freunde der Erfahrungsberichte, das war es auch schon, die Frauenzeitschriftenatmosphäre dieses Blogs macht mir selber schon zu schaffen.
Ich versuche mich mal an enem Summa Summarum:
Die Leute sind komisch, nix essen ist ok, neue Erfahrungen machen Spaß.

Sonntag, 9. August 2009

Vom Wort zum Sonntag und anderen Anti-Raucher-Kampagnen

Zum Warmwerden beginnen wir heute mit einem Ratespiel. Wer ist das asozialste Pack, das auf der Erde kreucht und fleucht?
Antwort: Raucher.

Nach dieser fulminanten Einleitung haben wir hoffentlich betreffendes Klientel verscheucht, und ich kann mit meiner Hassparole, ich wollte sagen, gerechtfertigten Irritation fortfahren.

Was gibt es Schöneres an einem sonnigen Sonntag, der völlig ohne Familienbesuch oder drohende Leistungsabfragen verlaufen kann, gemütlich in einem Café zu sitzen, mit einer Saftschorle, einem Kaffee oder Tee, und einer gutmütigen Gleichgültigkeit gegenüber saccharosophilen Wespen auf einem kleinen Tischchen.
Vogel singen, die Getränke sind köstlich, die Zeit bleibt stehen, es ist herrlich.
Du hebst dein Glas zum Mund, nimmst einen Schluck und fühlst, wie sich sämtliche Papillen in deinem Mund- und Nasenraum zu einem süßen, erfrischenden gemeinsamen Geschmackserlebnis öffnen - und verschluckst dich tierisch, weil plötzlich ein Geruch nach unter anderem Kohlenstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Stickstoffoxid, Benzol, Formaldehyd, Butadien, Acetaldehyd, Methanol, Blausäure, und nicht zuletzt Nikotin zu dir herüberzieht.
Nein, denkst du, das ist jetzt nicht wahr, und drehst dich um, nur um tatsächlich ein älteres Ehepaar mit Fluppen zwischen den gelblichen, faltigknochigen Fingern zu sehen.
Du fühlst dich gestört, aber du willst nicht unhöflich sein. Antippen und sagen "Entschuldigung, können Sie Ihre Zigarette bitte so halten, dass ihr Rauch nicht zu mir rüberweht?" - naja, vielleicht später, erstmal schauen, vielleicht kommen sie ja selbst drauf. (Da kannst du lange warten. Das weißt du auch. Raucher, gerade in diesem Alter, denken immer, dass das ja 'ihre Sache' ist und dass sie ja 'niemandem Schaden zufügen außer sich selbst'.)
Muss das denn überhaupt sein? Kaffee UND Kippe? Meine Güte, ihr seid draußen, atmet doch mal durch, nachher könnt ihr immernoch euer gelbwandiges Wohnzimmer vollqualmen.
Du sitzt also über deinem Glas und stellst dir vor, wie der Qualm langsam in deine Lunge wandert, dort lustige schwarze Teerflecken hinterlässt, weiterwandert in die Blutbahn, und schlussendlich im Gehirn ankommt, um sich an deinen Denkzellen gütlich zu tun.
Und dieses dämliche ältere Ehepaar... sitzt da und freut sich des Lebens, während sie deines Zug um Zug verkürzen!
Du stehst auf, bezahlst, das war ja ein erholsamer Sommernachmittag, und denkst dir, das Rauchverbot sollte auch außerhalb von Gastronomien gelten, wenn dort noch Sitzplätze sind.

Herzlichen Dank, liebe Raucher, ihr rücksichtsloses und asoziales Pack. Dieses Gerauche ist ein Schandmal, dass sich durch alle Gesellschaftsschichten zieht und zu ebenso verbreiteten Phänomenen beiträgt. Denn es ist genauso Kindesmisshandlung, wenn eine schwangere Frau raucht, als wenn sie ihr Kind schlägt oder nur jeden zweiten Tag füttert.

Mittwoch, 5. August 2009

Von meinem Gehirn und anderer Spammail

Liebes Gehirn!
Dies ist eine Liebeserklärung. Du warst so super die letzten Tage. Ich habe dich mit Wissen gefüttert, das du bereitwillig aufgenommen hast. 4 Klausuren in 3 Tagen, und alle sind gut bestanden - du bist mein Held. Wie schaffst du das nur, so kurzfristig so viel Zeug zu behalten - und mir in der Abfragesituation dann noch Wissensbrocken hinzuschmeißen, von denen ich erst recht nicht weiß, woher sie kommen. Auf jeden Fall warst du großartig die letzten Tage.

Liebe neechan,
das ist ja... feinfühlig von dir, dass du zur Abwechslung auch mal an mich denkst. Ich finde auch, ich habe das sehr gut gemacht.
Aber wenn du so dankbar bist, warum behandelst du mich dann nicht zur Abwechslung mal gut?

Liebes Gehirn,
tu ich das nicht? was meinst du?

neechan,
gesunde Ernährung, Brainfood, viel Bewegung, genug Schlaf... schon mal was von gesunder Lebensweise gehört?

Hey Gehirn,
klar, und viel Training und abwechslungsreiche Ernährung nennst du nichts? Naja, aber du weißt doch, dass niemand perfekt ist, ich kann doch nicht nur für die Wellness leben.

Liebe neechan,
aber du könntest doch öfter mal deinen inneren Schweinehund überwinden!

Ehm, Gehrin,
Schweinehund heißt Selbstdisziplin, richtig? Und naja, für sowas wie Motivation, Zielsetzung und so bist du doch zuständig, oder? Also, hm, wenn du was willst, veranlasse es doch selber!

Liebe neechan,
du hast da... ein Argument. Ich werde mich in stiller Kontemplation zurückziehen und... weiterhin denken.
Mit freundlichen Grüßen - dein Gehirn.

Donnerstag, 30. Juli 2009

Von Luxus und anderen sauren Gurken

Woran merken Sie, dass Sie in einer Konsumgesellschaft leben? Daran, dass Sie rund um die Uhr alles bekommen können, was Sie wollen? Falsch, das wissen Sie zwar, aber das nehmen Sie im alltäglichen Leben kaum wahr.
Wir merken erst, dass wir in einer Konsumgesellschaft leben, wenn wir ein ganz bestimmtes (Luxus)Produkt, also kein Grundnahrungsmittel, wollen, dass es in jedem Laden zu geben scheint und welches wir auch immer im Laden sehen, aber es ist aktuell nicht verfügbar.
Die gelassenen Exemplare Mensch geben sich damit zufrieden, gehen nach Hause und regen sich ein wenig auf. Andere rennen in 3 Läden, finden es in keinem davon und sind tief unglücklich und wieder andere machen ihrem Ärger noch direkt im Supermarkt ihres Vertrauens Luft und beschimpfen völlig wehrloses Personal, das freundlich bleiben muss, obwohl sie überhaupt nichts dafür können, dass gerade alle in der Stadt auf scheinbar die gleiche Idee gekommen sind.
Letztendlich ist die Reaktion egal, es ändert nichts daran, dass man momentan auf dieses Produkt verzichten muss.
Und genau das ist das Problem der Konsumgesellschaft: Wir haben nicht gelernt zu entbehren. Wir können nicht mehr verzichten, wie das unsere Großeltern oder Urgroßeltern der (Nach)Kriegsgeneration noch konnten, wir haben gelernt jederzeit einen geöffneten Laden zu finden und zu bekommen, wonach uns gerade der Sinn steht. Schlimmer als um uns steht es um die folgende Generation, die jetzt lernt alles jederzeit im Internet oder per Telefon bestellen zu können und es dann auch noch geliefert zu bekommen.
Was würde wohl passieren, wenn die westliche Welt unter einer plötzlichen Nahrungsmittelknappheit zu leiden hätte. -Ein Horrorszenario, das ich mir nicht ausmalen möchte.
Wahrscheinlich würde ein Krieg um ein Glas saure Gurken ausbrechen, ähnlich des Krieges wegen einer großen Anzahl Luftballons aus einem bekannten NDW-Song und am Ende wüsste keiner mehr, warum die Welt in Schutt und Asche liegt.

Sonntag, 5. Juli 2009

Von der Freundschaft

Ich glaube, dass ein gewisses Maß an Vertrauen tief in uns verwurzelt ist und durch nichts erschütterbar ist, auch wenn es immer wieder Menschen gibt, die genau das versuchen. Man geht durch das Leben und je jünger man ist, desto mehr Menschen nennt man Freunde. mit dem Alter reift man und lernt zu differenzieren, erkennt, dass nicht jeder mit dem man sich gut versteht ein Freund ist, bis dahin verbringt man viel Zeit damit kleine und große Enttäuschungen zu verarbeiten. Aber nur wenige geben dadurch, das Projekt "Freundschaft" nicht ganz auf -und das ist auch gut so! Immer wieder schenken wir unser Vertrauen Menschen, von denen wir glauben, sie hätten es verdient und glücklicherweise gibt es auch immer wieder Menschen, die es verdienen. Manchmal entgeht uns auch eine tiefe Freundschaft, weil irgendetwas unser Misstrauen erregt, was gar nicht bedeutsam ist und wir können diesen Fehler nicht überwinden, weil "irren menschlich ist" und wir uns manchmal einfach auf unsere Urteile verlassen (müssen).
Trotz der Tatsache, dass das Leben immer wieder Freunde für uns bereit hält, tut es viel zu sehr weh von einem Menschen enttäuscht zu werden, den man für einen Freund hielt. Obwohl X vielleicht schon von jemand viel großartigeren, bewundernswerteren Menschen abgelöst wurde, der uns viel besser auf unserem neuen Lebensabschnitt begleiten kann, stürzen wir in ein tiefes Loch, wenn X auf uns als Menschen, unsere gemeinsamen Erinnerungen oder eine geteilte Zukunft keinen Wert legt. Und manchmal ist die Tatsache, die uns auf den Gedanken bringt, X nicht mehr wichtig zu sein, derartig belanglos, dass sie nach logischen Kriterien nur schwer nachvollziehbar erscheint.
Aber was macht eigentlich einen Freund aus? Da setzt wohl jeder Mensch andere Prioritäten. Ich betrachte Menschen als Freunde, von denen ich weiß, dass wenn ich ein Problem habe, sie für mich da sind ohne dabei lösungsorientiert zu sein, d.h. sie erkennen an, dass es für mich ein Problem ist, auch wenn es aus rationaler Sicht unsinnig erscheint. Aber viel wichtiger ist für mich bei der Bezeichnung "Freund", dass jemand zu mir Vertrauen hat, dass er mich mitten in der Nacht anruft oder jederzeit vorbeikommt, wenn er jemanden braucht, an dessen Schulter er weinen kann, ohne dass es morgen die halbe Welt weiß oder er in einer komplizierten Frage jemanden sucht, mit dem er einfach mal die Möglichkeiten durchdenken kann ohne Ratschläge zu erhalten. Nur wenn jemand mir vertraut, weiß ich, dass er das Prädikat "Freund" verdient, denn nur dann, weiß er wirklich, wie ich bin. Wichig ist auch offen und direkt Kritik äußern und empfangen zu können, ohne dass einer beleidigt ist und ohne dass sie über 3 Ecken kommt und ohne sie als Angriff gewertet werden kann, sondern vielmehr die eigene Reflexion anregt im Sinne von: "Ich fand eigenartig, was du da gemacht hast, vielleicht kannst du es mir erklären." Dies setzt voraus, dass man noch mal nachdenken muss und wenn es eine angemessene Erklärung gibt, auch Verständnis für das eigene Verhalten erreichen kann.
Ein Freund ist ein Freund, wenn du jedesmal, wenn du ihn triffst oder du von ihm hörst, dich freust und auch am Ende jedes Gesprächs froh bist es geführt zu haben und ein Freund ist ein Freund, wenn ihr auch wochenlang nichts von einander hören könnt, ohne dass etwas zwischen euch steht, denn ihr wisst, wenn ihr einander braucht, ist der andere da und jederzeit zum Gespräch bereit. - Falls ihr niemanden habt auf den das zutrifft solltet ihr über euer Außenwirkung nachdenken.

Anmerkung der Autorin: Wäre ich wirklich so zynisch, wie mir gelegentlich vorgeworfen wird, würde dieser Post: "Von Freunden und anderen Enttäuschungen" heißen.

Montag, 1. Juni 2009

Von deutschen Feiermuffeln und anderer Bürokratie

- in Bezug auf Kichererbses Blog vom selben Tag: Von Feiermuffeln und anderen Deutschen -

In der Tat sind "wir Deutschen" ein faules Volk, das lieber vor der Fernsehcouch sitzt und sich von D. Bohlen und V. Pooth beschallen lässt, als mal munter in den Garten zu spazieren und mit Freunden zu feiern. Zumindest verallgemeinert.

Woran kann das denn liegen?
Ich behaupte mal, es liegt an mangelnder Spontanität und Perfektionsdrang; Und die Begründung folgt stehenden Fußes.

Eine deutsche Feier muss organisiert werden. Wie viele Leute kommen? Wann treffen wir uns, und wo genau? Was soll ich mitbringen? Darf ich den-und-den-einladen, oder streitet der sich dann wieder mit der-und-der? Können da auch alle kommen? Haben alle meine Einladung bekommen? Haben wir alle überhaupt genug Platz? Darf man da überhaupt grillen?
All diese Fragen müssen strengstens abgeklärt werden, bevor eine Feier hier begangen werden kann.
Nur wenige Gastgeber/Feierorganisatoren sind entspannt genug, um eine spontan auftauchende Menschentraube mit einem lockeren Lächeln begrüßen zu können, oder um bei einer Grillfeier nicht mit einem Wort zu beklagen, dass für dreizehn Leute zwei Steaks da sind, aber ungefähr sieben Baguettes.

Natürlich stelle ich mir auch die Frage, warum ich Pfingsten feiern sollte, schließlich bin ich weder jüdisch noch christlich.
Andererseits muss man es doch mal so sehen: Seid ihr schon mal morgens (so um 12Uhr) zur Uni gehetzt, oder habt mittags am Schreibtisch gesessen, während ihr durch fleckige Glasscheiben starrtet und die Sonne wunderschön vom Himmel leuchtete - und dann gedacht: "Boah, jetzt grillen/Hängematte/tanzen gehen/...."? Ich gehe davon aus, dass das jedem gelegentlich so geht, vielleicht in leicht abwendelbarer Situation.
Heute, Pfingstmontag, den 1.6.09, herrscht ein glorioses Wetter: kein Wölkchen am Himmel, alles Eisdielen haben offen, angenehmer Sonnenschein. Da kann man doch einfach diesen Umstand mal genießen. Rausgehen, an den See setzen; oder einfach nur ein paar Freunde anrufen, auf die man Lust hat, und sich irgendwas schönes suchen.
Und das ist nicht nur auf Sommerwetter beschränkt: Feiert doch einfach mal die Feste, wie sie fallen! Diese ominösen Brückentage, an denen man sich denkt: "heute arbeite ich an meinem Projekt weiter" (was meistensnicht funktioniert) - man kann sie sich doch einfach nehmen und geselliges Zusammensein praktizieren. Und zum Trost für das oben genannte 'wichtige Projekt': Im Zweifelsfall hättet ihr eh maximal 90 Minuten konzentriert dran gesessen, und den Rest des Tages in "Ich muss was tun aber ich kann mich nicht aufraffen"-Stimmung verbracht.

Also, ich schließe mich mal ein bisschen Kichererbses Meinung an: es ist schon seltsam, dass die stressgeplagten Deutschen ihre freien Tage nicht exzessiver nutzen.
Aber wir sind dazu wohl einfach nicht prädestiniert. Was erwartet man von einem Volk, dessen Nationalgerichte sich in der Zubereitung in etwa so lesen: "Nimm Fleisch und Butter, serviere schwere Teigspeise dazu, und wenn du dahast, TK-Gemüse." [für die Rhethoriker unter uns: das Stilmittel hier nennt man ironische Überhöhung].

Andererseits: Liebe Kichererbse, möchtest du wirklich ständig irgendwelche Paraden auf den Straßen haben? Mir reicht schon Christopher Street Day völlig.
Und wenn du das nächste Mal den TDDE (Tag der deutschen Einheit) feiern möchtest, lade ein! Wir sind dabei, so spontan, flexibel, feierfreudig und undeutsch wie uns Deutschen das nur möglich ist!

Zum Abschluss noch eines: Feier- und Gedenktage sollten ruhig kontrovers diskutiert werden.
Ist der Muttertag abschaffungswürdig, weil er von den Nazis für ihre Zwecke missbraucht wurde? Ist Ostern heutzutage überhaupt noch ein Festtag? Ist es absoluter Schwachsinn, Halloween zu feiern? [hier kurz eine Anmerkung im Eigeninteresse: nein, ist es nicht, und ich will auch dieses Jahr wieder feiern!! Ab in die Kostüme!!] Und kann man den TDDE nicht auch negativ sehen, zum Beispiel weil man sich vor der Einheit ein wirtschaftskräftigeres Ostdeutschland gewünscht hätte?

Mein Vorschlag wäre: gesetzlich festgelegte Feiertage werden gemütlich begangen, jeder feiert so, wie er das für gut hält (im Rahmen des Gesetzes, versteht sich). Und damit wir unsere Feiertage auch genießen können, baut jeder Arbeitgeber eine Woche ein, in der liegengelassene Arbeit aufgeholt werden soll - kein Urlaub, sondern eine Chance, die echten Feiertage ohne schlechtes Gewissen genießen zu können.

In dem Sinne, frohe Pfingstfeiertage!