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Mittwoch, 23. Mai 2012

Vom Schweigen und anderem Zuckerguss

Woher kommen all die Zuckermädchen? Überall im Internet tummeln sich (kleine) Mädchen die in allen Glitzer-Regenbogen-Farben beschreiben, wie wundervoll ihre Welt ist. Nebenbei erfährt man welchen rosa Zuckergusskuchen sie gebacken haben oder wie gut doch der (pinke) Nagellack ( der natürlich nach dem "schmackhaften Cocktail von letzter Woche benannt ist, sonst hätte ich ihn nie gekauft") von der teuersten Designermarke doch hält. Aber nicht nur im Internet, sie sind auch auf der Straße überall und können bei einem gepflegten Caramel Macchiato stundenlang über den Tragekomfort von Lip-Gloss beim Tanzen und Küssen philosophieren. Dabei wundere ich mich gleichzeitig, wie Drogerieketten pleite gehen können, wenn diese Menschen meine Jahresausgabe an Drogerieartikeln an einem Tag ausgeben. Ich frage mich, womit solche Menschen ihr Geld verdienen und wie leicht dieser Job sein muss, wenn es einem so leicht fällt, das (hart) erarbeitete Geld so schnell und teilweise sinnfrei auszugeben. 
Auch ich mache mich auch gern hübsch und besitze mit Sicherheit Kosmetika, die man nicht braucht, aber es würde mir schwer fallen mehrere 100 € im Monat für Kosmetik und nochmal mehrere 1000 € für Kleidung auszugeben und ich sehe keinen Sinn darin von allem nur Markenprodukte besitzen zu müssen. 
Aber was mich an diesen puderrosa Mädels wirklich stört, ist ihre "die Welt ist so toll und nichts kann das ändern" Einstellung.
Ich möchte sie schütteln und ihnen sagen, sie sollen doch mal raus auf die Straße gehen und gucken, sollen mal in einem Kinderheim oder einer Asylunterkunft vorbeischauen oder einfach mal Nachrichten schauen und dann möchte ich von denen wissen, ob die Welt wirklich nur aus Zuckerguss und Rouge besteht.
Ich frage mich dabei: Ist das Arroganz (Wenn es mir gut geht, muss die Welt in Ordnung sein...)? Oder ist es eher Fluchtreflex (Ich kann es nicht ändern, also will ich mich damit nicht beschäftigen...)? 
Ich weiß es nicht und es ist ungerecht sie zu verurteilen, nur weil sie gern über ihr Lieblingsthema reden, aber sie nerven mich. Sie sind mir zu fröhlich und zu laut und sie kultivieren die Banalität. Ich glaube das ist der Beginn vom Zerfall der Kultur, wenn die Banalität das Wichtigste wird und all die philosophischen Fragen nach Sinn und Sein an Bedeutung verlieren.
Ich wünsche mir, dass wir wieder das Schweigen lernen, bis wir wirklich etwas wichtiges zu sagen haben. In Zeiten in denen sich jeder darstellen kann, sei es in sozialen Netzwerken, Blogs oder Castingshows haben wir verlernt, dass nicht alles, was gesagt werden kann, auch gesagt werden muss...

Sonntag, 29. April 2012

Vom Horizont und anderen Beschränkungen

Seit wenigen Tagen ist es mir wieder möglich, direkt von meinem Laptop auf das Internet zuzugreifen. Nach monatelanger (gefühlter jahrelanger) Abstinenz wusste ich jedoch gar nichts mehr damit anzufangen.
Wenn ich in letzter Zeit im Internet unterwegs war, beschränkte sich das häufig auf Mails checken, soziales Netzwerk öffnen, feststellen, das da auch nix spannendes passiert, wieder schließen und ab und an mal eine Recherche für das Studium, alles in allem war ich täglich nicht länger als 15 bis 30 Minuten im Netz unterwegs. Da saß ich nun am Freitag vor meiner neugewonnenen Freiheit und wusste nicht mehr wie man seine Lebenszeit verschwendet. Leider dauerte dieser Zustand nicht lange an. Bereits heute habe ich mich wieder stundenlang auf irgendwelchen Blogs verirrt und bin von einer Seite zur nächsten geirrt ohne zu wissen, warum ich angefangen hatte und was ich eigentlich wollte. 
Es ist wunderbar, jetzt werde ich abends nicht mehr das Gefühl haben, ich habe den ganzen Tag nichts gemacht, denn ich habe ja so viel gelernt, auch wenn ich es eigentlich gar nicht wissen wollte und auch nie wieder brauche. 
Als ich meine eigenen Posts durchstöberte, fiel mir auf, dass ich im Laufe der Zeit immer harmloser und weniger eloquent geworden bin. Ich weiß nicht genau, was mir die Bissigkeit geraubt hat. Ich vermute, es ist das Gefühl, dass bereits alles gesagt wurde, dass sich im öffentlichen Leben unseres Landes permanent alles wiederholt, dass die Menschen immer wieder die gleichen Fehler machen und man müde wird immer wieder nur zu kritisieren.
Diese Erkenntnis hat auch meinen Internetkonsum beeinflusst, ich habe gerade alle Blogs aus meinem Reader geschmissen, die in irgendeiner Form einen politischen Inhalt hatten oder nur dem Zweck der Gesellschaftskritik dienten und habe sie durch einige spannende Lifestyle-Blogs ersetzt.
Es ist nicht so, dass ich weniger politisch interessiert bin als früher, es ist nur so, dass ich mir zu schade bin alles 5 mal zu lesen oder zu hören und mich dann auch noch genötigt fühle meinen Senf dazu zu geben. Ich möchte mir wieder meine eigenen Gedanken machen und mit neuen Blogs zu neuen Themen möchte ich meinen Horizont erweitern, nicht um mich inhaltlich zu verändern und die 3000000ste Lifestyle-Bloggerin zu werden, sondern nur um mich mal in anderen Bereichen zu bilden und so neue Inspirationen für mein gewohntes Gebiet zu bekommen.
Es ist mit den Blogs mit dem Fernsehen. Obwohl ich nach 3 Minuten weiß, wer der Mörder ist und welche Wendung der Film nimmt, schaue ich immer wieder Krimis, weil bei geliebten Gewohnheiten Glückshormone ausgeschüttet werden und weil ich Erfolgserlebnisse (den richtigen Täter frühzeitig erkennen) mag. Bei den Blogs weiß ich, wer sich wie zu welchem Thema äußern wird noch bevor ich meinen Reader geöffnet habe, dabei bleiben allerdings die Glückshormone aus und es kommt eher Langeweile auf und es lähmt die eigene Kreativität. Ich suche mir jetzt also neue Impulse um wieder zu meiner alten Form zurückzukehren und mich wieder in aller Ruhe über die Welt im Generellen und im Speziellen aufzuregen.

Montag, 16. Januar 2012

Von Ruhm und anderen Meinungen

Im ersten Viertel des neuen Jahres starten wieder reichlich Sendungen im deutschen Fernsehen, die den Menschen zu ihrer angemessenen Berühmtheit verhelfen, wieder verhelfen oder sie (im Falle der Jury-Mitglieder und/oder Moderatoren) auf ihrem Level halten.
Der Drang einiger Menschen berühmt zu sein, ist dabei so groß, dass sie auch negative Berühmtheit -im Sinne von sich lächerlich machen- in Kauf nehmen, um nach ihren 5 Minuten Ruhm vielleicht doch irgendwie in die ewige Geschichte einzugehen.
Obwohl ich diesen Drang nicht teile, kann ich ihn doch gut verstehen. Aufmerksamkeit braucht jeder und wenn man irgendwann einmal Mangel litt, braucht man von da an dauerhaft mehr. Ich kenne einige Leute, denen im Leben irgendwann mal irgendwas gefehlt hat und jetzt haschen sie permanent nach Aufmerksamkeit, ob auf der Straße, auf der Party oder im Seminar in der Uni. Warum die meisten von ihnen nicht in den großen Fernsehshows zu finden sind, liegt schlicht und einfach an ihrem hohen Intelligenzquotienten. Sie sind klug genug um vorherzusehen, dass diese 5 Minuten Ruhm nicht die Aufmerksamkeit sind, die sie suchen.

Ich möchte gar nicht berühmt sein und ich möchte auf gar keinen Fall auf der Straße erkannt werden als: "Das ist doch die, die da neulich..." Nein, das wäre überaus schrecklich. Dennoch habe ich nicht wirklich einen geringeren Anspruch als die Casting-Sänger, -Models und Dschungel-Prominenz:
Ich möchte WICHTIG sein. Eine echte kichererbse möchte gefragt werden, ich möchte in all diesen Polit-Talkshows sitzen und zu allen(!) gesellschaftlich relevanten Themen befragt werden, ich möchte immer eine Meinung haben, eine Meinung, die polarisiert, wäre noch besser und was ich sage, soll für die Menschen Bedeutung haben. Es soll nicht heißen: "Da hat irgendein junger Schnösel irgendwas gesagt, von dem er doch noch gar keine Ahnung hat!" Nein, es heißt: "Na, wenn die kichererbse das gesagt hat, dann muss ich da mal drüber nachdenken!"
Am Ende der Sendung verschwinde ich dann wieder in mein kleines unentdecktes bürgerliches Leben und wenn die Welt mich wieder braucht, dann bin ich montags bei Hart aber fair und TV total (die jungen Leute sollen ja nicht außen vor bleiben), dienstags bei Menschen bei Maischberger, mittwochs bei Anne Will und Stern TV, donnerstags bei Beckmann und Lanz, freitags in der NDR Talkshow, bei Tietjen und Hirschhausen oder was sonst gerade freitags abends vom dem NDR ausgestrahlt wird, samstags hab ich frei oder gehe zu irgendeinem anderen 3. Programm und sonntags bin ich bei Günther Jauch.
Es geht mir dabei nicht darum als Person berühmt zu werden, wie einige vielleicht jetzt meinen könnten ("Die kritisiert die doch nur, weil sie sich selbst darin wiederfindet."), eigentlich möchte ich nur, dass mal jemand die richtige Meinung vertritt, mal jemand die Aspekte beleuchtet, die die Politiker oder so genannte Experten auslassen, weil es unbequem ist. Ich möchte der Gesellschaft in Diskussionen mehr Optionen aufzeigen und zu mehr Nachdenken anregen.
Ich könnte auch zu allen wichtigen Themen einen blog schreiben? Aber die Leute, die die Meinung der Gesellschaft prägen lesen sicherlich nicht meinen blog. Außerdem kann man, besonders frau und im ganz Besonderen kichererbsen in gleicher Zeit viel mehr sagen als schreiben und damit viel schneller die Welt bewegen.

Dienstag, 27. April 2010

Von fleißigen Studenten und anderem regelwidrigen Verhalten

Die Zeitung mit dem Pfotenabdruck titelte gestern: "Akademikerkinder sind faul"
Ich weiß nicht, was in dem Artikel stand, denn ich habe ihn nicht gelesen, weil er mich nicht betraf, zumindest der erste Teil. Faul bin ich auch durch und durch, aber außer Menschen die regelmäßig unangemeldet meine Wohnung betreten und meiner ehemaligen Mathematiklehrerin ist es niemandem aufgefallen. Im Gegenteil, hier an der Uni, unter den fast ausschließlichen Akademikerkindern (wie Studien zum Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Status (SÖS) und Bildungschancen belegten), gelte ich gelegentlich sogar als Streber.
Ja ja, das hätte mal niemand gedacht.
Faul oder nicht, das ist ja mehr oder weniger auch eine sehr subjektive Einschätzung. Warum ein hoher SÖS nun automatisch faul macht, ist damit aber nicht zu erklären. Meine These ist, dass Akademikereltern ihren Kindern viel mehr abnehmen können, zum einen weil sie sich besser auskennen mit z.B. Uni-Angelegenheiten, zum anderen weil sie durch ihre Studienzeit über enorme Netzwerke verfügen, die sie jederzeit für ihre Kinder wieder aktivieren können und es ihnen so leichter gemacht wird, z.B. an einen interessanten Praktikumsplatz zu kommen.
Das macht Akademikerkinder aber nicht unbedingt faul, sondern kann eher zu einer Unselbstständigkeit führen.
Vielleicht sind sie auch faul, weil sie meinen, das Geld, das ihre Eltern verdienen reicht auch für sie. Aber ich wäre sehr verwundert, wenn die Akademikerkinder die letzten wären, denen man erzählt, dass ein akademischer Titel allein noch nicht ausreicht und das gerade in wirtschaftlich schwachen Zeiten, auch in diesem Bereich nur bedingt sichere Jobs zu haben sind.
Also ist das doch auch eine eher abwegige These.
Warum bin ich nur ein armer Student aus einer Nichtakademikerfamilie, sodass ich mir nicht einmal außer der Reihe die Zeitung mit dem Pfotenabdruck leisten kann, wenn ich am Monatsletzten noch ein warmes Mittagessen habe möchte, denn mich würde sowohl die Quelle für ihre Thesa als auch ihre Begründung interessieren. Ich kenne nämlich fast nur Akademikerkinder, zumindest seitdem ich studiere, die mindestens genauso fleißig sind wie ich.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Frage ist nur, ob meine Regel oder die der Pressemenschen.

Freitag, 12. März 2010

kichererbses Kopf-Tsatsiki und anderes politisches Gyros

Die EU bröckelt an ihren Außengrenzen. Griechenland ist pleite und damit nicht mehr kreditwürdig, EU will kein Geld locker machen, doch der Euro ist in Gefahr - Zusage, dass man die eigene Währung nicht abschmieren lässt. Die griechische Regierung kündigt Sparmaßnahmen an, niedrigere Löhne und höhere Preise - große Zustimmung der Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und den USA, man sei auf dem richtigen Weg. Protest bei den Griechen - Generalstreik. Polizei kämpft bei Auseinandersetzung mit den randalierenden Demonstranten gegen eigenen Kollegen, die gegen ein Leben am Existenzminimum kämpfen. Forderung: die Reichen sollen zahlen und nicht die Armen bluten. (Hat Griechenland reiche Menschen außerhalb der (korrupten) Regierungskreise?)
Wir können den Griechen unsere "Arbeit muss sich wieder lohnen"-Plakate schicken. Daran glaubt hier eh niemand.
Generalstreik beendet, zurück bleibt Chaos, heute gibt es keine Zeitung, weil gestern auch die Journalisten streikten, vielleicht ist das besser für die Griechen, dann lesen sie wenigstens keine neuen Hiobsbotschaften.
Folgen für den Rest-EU-Raum:
Der Euro ist weniger Wert.
Der Urlaub in Griechenland wird günstiger und gefährlicher (arme Menschen sind von Natur aus kriminell).
Falls Griechenland doch ganz abschmiert, zahlt die EU schon, also der europäische Steuerzahler.
Es wird gemunkelt, die griechische Regierung hofft auf Naturkatastrophe, damit sie von den Aufbauhilfen etwas zur Staatssanierung abzweigen kann.
Seit Beginn der wirtschaftlichen Probleme in Griechenland können Flüchtlinge, die über Griechenland in die EU eingereist sind, erfolgreich dagegen klagen zurück nach Griechenland geschoben zu werden, setzt voraus das der Asylbewerber über die finanziellen Mittel für einen Prozess verfügt, denn Nichtdeutsche erhalten für diese Art von Verfahren keine Prozesskostenbeihilfe, aber das ist ja kein Problem für die meisten Menschen, die lebendig ein Kriegs- oder Krisengebiet verlassen haben, die sind ja alle besonders wohlhabend.

Das ist alles was ich in den letzten Wochen den Medien über das "Griechenlandproblem" entnommen habe. Ich habe mich weder besonders mit dem Thema beschäftigt noch versucht einen Bogen darum zu machen. Die Fetzen sind halbwegs chronologisch nach ihrem Erscheinen in meiner Wahrnehmung geordnet, aber möglicherweise in höchstem Maße selektiv.
Es geht mir nicht um Berichterstattung, sondern ich will zeigen, wie mein Kopf Informationen verarbeitet und speichert, wenn er nicht zur Außeinandersetzung mit diesen Infos angeregt wird.
Ich hätte auch jedes andere ähnlich medienpräsente Beispiel wählen können, aber da die Medien momentan nur um gefühlte 3 Themen kreisen und ich mich mit einem davon etwas intensiver auseinandergesetzt habe, war die Auswahl etwas beschränkt.
Ich habe keine Ahnung, wie sich das "Griechenlandproblem" lösen wird, mit Staatspleite oder einem mühsamen Regenerationsprozess oder ob es nach dem Medienhype der letzten Wochen nicht einfach nur in einem journalistischen Wattebausch endet, aber ich wünsche den Griechen das Beste für ihr Land und schaue bald bei meinem Lieblingsrestaurant für Griechische Küche vorbei und, wie ich den Besitzer kenne, werde ich den ein oder anderen Ouzo auf jeden guten Griechen trinken.

Dienstag, 9. März 2010

Von Abschiebung und anderen Todesstrafen

Bereits heute Nacht habe ich mir Gedanken gemacht, worüber ich bloggen möchte. Doch als ich heute morgen aus der Traumwelt in die Realität abglitt, wurde mir plötzlich überdeutlich klar, wie aktuell mein präferiertes Thema ist.
Ich wollte heute einen kleinen Exkurs zum Thema "Deutsches Recht für alle" geben. Wobei dieser Satz mindestens 4-deutig gemeint ist:
- zum einen der Verständnisaspekt: Kann jeder Juradeutsch verstehen?
- zum anderen der Wissensaspekt: Wieviel Ahnung haben die Leute von den Gesetzen, die für sie gelten
- darüber hinaus der Zugehörigkeitsaspekt: Für wen gilt "deutsches Recht"
- zu guter letzt der Nachdenkaspekt: Sollte es für alle gelten? Wie sollte was für wen gelten?

Aber der Exkurs ins Rechtssystem darf nur noch den Rahmen bilden. Denn ich habe heute morgen erfahren, dass am Sonntag ein 17-jähriger Flüchtling in einem Hamburger AbschiebeGEFÄNGNIS gestorben ist. Er war allein ohne Eltern hier in Deutschland und saß seit Anfang Februar in Haft und musste tagtäglich damit rechnen ausgewiesen zu werden. Er hat wohl nach wochenlangem psychischem Stress seinem selbst Leben ein Ende gesetzt. Ein Kind kann in einem deutschen Gefängnis vom Wachpersonal unbemerkt ums Leben kommen!?
Er starb allein und verzweifelt und wählte den vorzeitigen Tod, weil für ihn Abschiebung das gleiche bedeutete.
Er hatte deutschen Boden betreten und trotzdem galt für ihn kein deutsches Recht. Für ihn galt noch nicht einmal, dass die Würde des Menschen unantastbar ist.

Wir leben in einem Staat in dem es Regeln/Pflichten gibt, die für jeden gelten, der sich in ihm aufhält, aber es gibt Rechte nur für die, die durch einen Pass zu dieser Nation gehören und für alle, die sich hier aufhalten und diesen Pass nicht besitzen gelten noch zusätzliche Regeln. Darüber, dass die Bedingungen diesen Pass zu erhalten irreal und willkürlich sind, brauchen wir hier nicht zu reden.
Reden möchte ich über das Recht auf Freizügigkeit (das Recht da hin zu ziehen, wo man leben möchte), gilt für jeden Deutschen innerhalb Deutschlands und in eingeschränkter Form auch für die EU. Warum gilt es nicht für die ganze Welt? Warum gilt es nicht einmal für einen Asylbewerber in der EU oder noch eingeschränkter in Deutschland? Jemand, der es lebend bis hierher geschafft hat und zumindest vorübergehend bleiben darf, darf nicht entscheiden an welchem Eckchen in Deutschland er bleiben/überleben darf.

Wir behaupten "alle Menschen sind gleich" oder haben zumindest die gleichen Rechte verdient. Wenn wir also so eine Weltgemeinschaft gleichberechtigter Menschen sind, warum darf dann nicht jeder dieser Weltgemeinschaft leben wo er möchte, warum darf sich nicht jeder seine Nation und Sprache, sein politisches und religiöses System, seine Nachbarn und geographischen Vorlieben selbst aussuchen?
Ich möchte keine staatenlose Welt (egal ob anarchistisch oder kommunistisch), aber ich möchte, dass jeder sich das System aussuchen kann, dass am besten zu ihm passt.



noch ein Update zu dem 17-jährigen Toten:
In Hamburg gibt es zahlreiche kleine Organisationen, die sich um Menschenrechte bemühen, auch und besonders um die Rechte von Asylbewerbern, Migranten, Menschen mit befristeten Aufenthalten. In diesen Kreisen herrschte heute morgen Bestürzung und Krisenräte tagten, eine Spontandemonstration wird angesetzt, besonders unterstützt aus kirchlichen Kreisen. Auch die Lokalredaktion eines großen Fernsehsenders hatte von dem toten Minderjährigen im Gefängnis gehört und witterte einen Skandal und will heute Abend berichten und fragte in mindestens einer Organisation an, ob sie denn die Aktionsplanung filmen dürften, vielleicht die Herstellung von Transparenten. Als ihnen ein Interview zu den Ereignissen zugesagt wurde, lehnten sie jedoch mit der Begründung ab, man brauche Action für die Zuschauer, ein Gespräch sei zu langweilig.
Ich lasse das jetzt so stehen und versuche meine Kritik an der Medienperversion, die aus der Sensationsgeilheit der Zuschauer resultiert zurückzuhalten.

Montag, 1. März 2010

Vom Altern und anderen Alkoholproblemen

Leute, ich bin alt geworden!
Woran ich das gemerkt habe? Es gibt mehrere Indikatoren: Ich fange an, 16-jährige, selbstverliebte Jungs niedlich zu finden, mein Verständnis von Gerechtigkeit geht über meinen eigenen Horizont und meine eigenen Probleme hinaus, ich bin besser über das aktuelle tagespolitische Geschehen informiert als die meisten meiner Bekannten (obwohl ich sagen muss, ich bin immer noch unterirdisch informiert, aber auch diese Erkenntnis scheint mir ein Phänomen des "alt Seins" zu sein) und ich finde Comedy, die sich über negative Entwicklungen unserer Gesellschaft lustig macht nur noch bedingt lustig: So blieb bei dem Satz: eine "Was ist momentan das Schlimmste, was dir passieren kann? Du machst bei jesuitischen GebirgsjägernSchiedsrichterausbildung!" von Stefan Raab in seiner Comedyshow bei mir nur ein bitterer Nachgeschmack von: Muss man wirklich das Leid anderer Menschen ausnutzen um Leute zum Lachen zu bringen?
Die Welt ist bitter geworden und was machen Konservative dafür verantwortlich: den Verfall der Werte. Dabei beobachten Soziologen in den letzten Jahren einen Trend der Jugend, sich wieder stärker an konservativen Werten zu orientieren und darin die scheinbar verlorene Sicherheit wieder zu finden.
Aber die Medien erzählen uns das auch an den Orten, an denen wir Werte und Sicherheit vermuten, nichts mehr in diese Richtung geboten wird:
Nach der lange andauernden negativen Medienpräsenz der katholischen Kirche hat jetzt auch die evangelische Kirche mit skandalträchtigen Schlagzeilen auf sich aufmerksam gemacht, möglicherweise eine Reaktion des Protests der Protestanten (ja, ich weiß, der war flach).
Es war vielleicht die einzige Möglichkeit eine für einige führende Politiker sich einer unliebsamen einflussreichen Person zu entledigen, die durchaus auch über religiöse Kreise hinaus in der Gesellschaft Gehör fand.
Menschen machen Fehler, es ist mittlerweile üblich, dass Menschen des öffentlichen Lebens, die Fehler machen ihre Position verlassen, ich empfinde das gelegentlich als feigen Rückzug, besonders bei Managern, die erst ihre Firma ruinieren und dann mit einem "tut mir Leid" und mehreren Millionen Euro gehen dürfen und andere müssen den Schaden ausbügeln.
Aber zurück zu kleineren Fehlern, es gibt sicher einige Menschen, denen dieser Rückzug gelegen kam, aber er erntete auch viel Anerkennung, besonders von Männern, die Frauen plötzlich größere innere Stärke als ihrem eigenen Geschlecht zuschreiben.
Aber dieser zum Skandal hochstilisierten Fall von riskantem Alkoholkonsum sollte in unserer Gesellschaft zu einer neuen Debatte anregen. Mir sind in letzter Zeit immer mehr bewundernswerter Menschen begegnet, die völlig auf Alkohol verzichten und dafür in der Gesellschaft viel Unverständnis ernten. Öffentliches NICHTtrinken fällt mehr auf und irritiert mehr als übermäßiger Konsum in der Öffentlichkeit. Das ist meines Erachtens eine völlige Fehlentwicklung der Gesellschaft, man sollte Alkohol nicht verteufeln, das bringt andere Probleme mit sich, aber man sollte mehr Verantwortungsbewusstsein wecken und willensstarken Menschen mehr Respekt entgegenbringen.
Schließen will ich heute nachdenklich mit einem Songtitel einer berühmten deutschen Punkrockband: "Kein Alkohol ist auch keine Lösung"

Montag, 15. Februar 2010

Vom Winter und anderen Dopingvorwürfen

Neulich in der Bahn bekam ich ein Gespräch von 3 mittelalten Männern dabei zu, wie sie sich über die Leichtsinnigkeit der Bahn unterhielten. Es wurde erörtert, ob die Menschen denn die Katastrophen der letzten Jahrzehnte schon vergessen hätten. Heute wurden sie wieder daran erinnert. Erstaunlich daran war für mich in erster Linie, dass im amerikanischen Fernsehen viel früher und viel ausführlicher darüber berichtet wurde als in den deutschen Medien, obwohl es sich doch um ein Nachbarland handelt in dem das Zugunglück passierte.

Widerlich ist daran vor allem die Vorstellung, dass Kollegen sich über ein sogenanntes soziales Netzwerks mit Mikroblog darüber austauschten, wer im Zug gewesen sein könnte und wer nicht im Büro ist.

Europa ist geschockt und wieder wird über einen Verantwortlichen gemunkelt, der in seiner Übermacht jeden menschlichen oder technischen Fehler nichtig erscheinen lässt: Der Winter.


Die Welt ist ungerecht. Im beschaulichen Wintermärchen Deutschland gehen an den Universitätskliniken der Großstädte die Nägel aus, die man benötigt um Handgelenke nach einem Sturz wieder zu flicken, während in dem, dem Nordpol viel näher seienden, Canada der Schnee fehlt, der die Hauptstadt der USA letzte Woche in ein völliges Chaos stürzte.

Das nette an Stürzen in dieser Jahreszeit ist, dass man die Schmerzen nicht spürt, denn die betroffenen Körperregionen werden direkt ausgiebig gekühlt. Erst wenn man das Blut spritzen sieht oder die in eigenartigen Winkeln abstehenden Glieder sieht realisiert man, dass dieser Sturz schlimmer war als die letzten 23. Bei den 23 vorherigen Stürzen spürte man die Schmerzen erst als man den Körper mühsam unter der heißen Dusche auftaute und entdeckte die hübschenHämatome, die einen natürlichen Körperschmuck bilden.
Man kann also bald keine Handgelenke mehr flicken. Beunruhigt das die Menschen, die davon wissen? Hoffentlich nicht, denn überhöhte Vorsicht, führt zu einer erhöhten Zahl von Unfällen.
Ich kann mich auch nicht erinnern, dass jemals zuvor eine Autobahn wegen Salzmangels gesperrt war. In meiner Kindheit im Mittelgebirgsvorland gab es jeden Winter mehr oder weniger Schnee, doch Schulfrei gab es deswegen nie.
Wenn das Wetter eine Sportart wäre und der Winter ein Sportler, dann würde man ihm dieses Jahr vorwerfen gedopt zu sein.
Alle Menschen schreien schon Mitte Februar nach Frühling. Dabei fühlt sich der Frühling doch umso schöner an je länger und härter der Winter war.

Wie oben angedeutet, wartet man in einem anderen Teil der Welt auf Schnee – im Olympialand Canada. Ich gehöre zu den Menschen, die sich momentan nicht die Nächte um die Ohren schlagen, warum auch? Soll ich mir Dopingweltmeisterschaften anschauen? Warum schaut man Sport, bei dem der gewinnt, der am besten weiß, wie man Drogenkonsum effektiv betreibt und bestmöglich verschleiert.

Sportler schaffen es nie zu dem Superstarstatus wie mancher Musiker und Schauspieler, doch während denen ein Drogenimage nicht wirklich schadet, manchen sogar eher nutzt, ist ein Sportler schon abgeschrieben, wenn er nur unter Verdacht steht. Trotz all dem übt Olympia eine wahnsinnige Faszination auf die Menschen aus, die ich nicht nachvollziehen kann. Ist es der Ausgleich zu Krieg undAusbeuterei? Müssen sich Völker, Nationen, Menschen unbedingt permanent messen?


Mittwoch, 30. Dezember 2009

Es war einmal... 2009

Zwischen dem großen Fressen und dem großen Knallen ist es Zeit zurückzublicken auf ein Jahr, in dem jeder seine Schwerpunkte anders setzte. Bei einigen Menschen in meinem Umfeld, lag der Schwerpunkt auf Neuanfängen, Experimenten und Erfahrungsgewinnung. Bei anderen Menschen ging es dieses Jahr um Stabilisierug, Konsolidierung und Wiederaufnahme. Aber mir scheint für viele war es ein Jahr des Verlustes und des Abschieds. Wir mussten uns beispielsweise von der guten alten Glühbirne verabschieden, obwohl die Wirksamkeit unseres neuen Gefährten von einem Großteil der Wissenschaft bezweifelt wird. Ich kenne viele Menschen, die dieses Jahr einen nahestehenden Menschen verloren haben, sei es durch Trennung oder Tod. Es war auch ein Jahr in dem sehr öffentlich gestorben wurde, beziehungsweise zog der Tod vieler Prominenter die Öffentlichkeit in einen fast unerhörten Bann.
Aber das ganze Jahr war vom Zurückschauen geprägt, es wurde nicht nur auf die Leben von Swayze, Jackson und Enke, um nur einige zu nennen, zurückgeblickt, sondern auch auf ein vergangenes Jahrzehnt, auch ich habe mich dem schon hingegeben. Es wurde auch auf große und kleinere Momente in der Geschichte zurückgeblickt, denn es war auch ein Jahr der Jubiläen:

• Bundesrepublik, 60 Jahre
• Sandmännchen, 50 Jahre
• Billyregal, 30 Jahre
• Privatfernsehen, 25 Jahre
• Mauerfall, 20 Jahre

Das waren die Jubiläen, die es in mein Bewusstsein geschafft haben. Aber wenn man ein ganzes Jahr nur mit Zurückschauen beschäftigt ist, hat das Jahr gar keine Zeit eigene Geschichte zu schreiben oder die Menschen haben gar keine Zeit diese Geschichte zu würdigen.
Aber dafür wird ja am Ende des Jahres in allen Medien das Jahr noch einmal wiederholt, damit man auch nichts vergisst. Die Frage ist: Wäre es nicht besser das ein oder andere einfach zu vergessen? Wären ohne die Medien einige Probleme eigentlich überhaupt Probleme geworden?
Lasst uns 25 Jahre "unabhängige" Medien feiern.

So klafften auch in meiner Erinnerung große Lücke über das vergangene Jahr bis ich zur Vorbereitung des Posts 2-3 Jahresrückblicke schaute und hätte ich nicht mitgeschrieben würden diese Lücke schon wieder klaffen und ich habe beschlossen diese Lücken auch Lücken sein zu lassen. Mir fiel beim Schauen nur eine Sache auf: Jeden Monat war irgendwas mit einem Autokonzern, den jeder wollte, aber sich keiner leisten konnte.
An die Geburt unseres ersten Helden des Jahres im Januar kann ich mich auch nur erinnern, weil es meinen Wortschatz um ein unglaubliches Wort erweiterte: Notwasserung.
Im Januar war doch auch die Vereidigung dessen, der seinen Heldenstatus zumindest in seiner Heimat schon fast verloren hat, oder?
Im Februar war ich eine Woche im Urlaub ohne Medienzugang: Pressefreiheit mal anders.
Wir feiern 25 Jahre "freie" Medien.

Im März begann ich mein persönliches Abenteuer Bloggen und alles, was mir persönlich im folgenden Erwähnenswert erschien, kann jeder nachlesen.
Im Juni gingen die Studentenproteste in die erste Runde und gut geplante Aktionen stießen damals noch auf breite Unterstützung und kleine Erfolge. Über die Leichen des Monats möchte ich nicht schreiben, weil es zum einen schon überall getan wurde und weil mir zum anderen der persönliche Bezug fehlt.
Dann kam das Sommerloch und danach die Wahl ohne Wahlkampf, weil dieser dem politischen Sommerurlaub weichen musste. Warum müssen diese Wahlen auch immer an einem strategisch so ungünstigen Termin im Spätsommer/Frühherbst stattfinden, wo unsere Politiker doch gerade so entspannt aus dem Urlaub kommen? Auch zur Wahl ist damit eigentlich schon alles gesagt.
Mitten in diesem Sommerloch bestätigte aber auch noch ein sowieso schon unbeliebtes Bundesland bei Landtagswahlen seine Gesinnung und wenn man jetzt fragt, will es keiner gewesen sein und keiner kann sich erklären, wie das schon wieder passieren konnte.
In der dunklen Jahreszeit (diese fängt, meiner Erfahrung nach, schon im Herbst an) sollte die Hochphase dieser neuen uns alle dahinraffenden Grippe kommen und es kam... das öffentliche Interesse an einer ganz anderen Krankheit, die sich eigentlich lieber ins Privatleben zurückzieht: Depression.
Wir feiern 25 Jahre "investigative" Medien.

Kurz vor Ende des Jahres weckt ein alter Bekannter wieder Urängste, der Terrorismus ist zurück im Westen. Sein Ziel? Angst schüren! Dabei hatte er Erfolg, vielleicht will auch jemand anders Angst schüren und benutzt ein etabliertes Wort, wer weiß?
Was bleibt dann noch für nächstes Jahr? Wir bekommen ein Comeback versprochen, das dieses Jahr schon in etwas anderer Form stattfinden sollte. Ansonsten erwarten wir die üblichen Katastrophen und freudigen Ereignisse. Alles was bleibt ist: abwarten.

Bis dahin einen fröhlichen Jahreswechsel.

Dienstag, 15. Dezember 2009

nichts passiert oder von Erinnerung und anderen Retrospektiven

Es scheint mir noch zu früh in diesem Jahr um einen Jahresrückblick zu schreiben, obwohl sowohl die Printmedien als auch die Flimmermedien voll davon sind. Aber ein zweiter Rückblick ist in den letzten Tagen sehr beliebt: Der Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt: 10 Jahre Nullen.
Ich finde diese objektive Beschreibung der Erscheinung der Jahreszahlen von 2000 bis 2009 -10 Jahre Nullen- sagt auch eine Menge über den Inhalt des sich neigenden Jahrzehnts.
Es gibt nur 2 Ereignisse, die ich unweigerlich mit den letzten 10 Jahren in Verbindung bringe: Das Ankommen des "islamistischen" Terrorismus in der westlichen Welt und die offizielle Euro-Einführung, wobei die Euro- Einführung als Buchwährung bereits 1999 war und ab da auch schon geprägt wurde und damit noch nicht einmal ihre Geburtsstunde in den 2000ern hat.
Wenn ich über weitere Großereignisse berichten sollte, müsste ich nachdenken. Ich erinnere mich noch dunkel an den Tsunamie und dass wir (gemeint: die BRD) die ein oder andere kriegerische Auseinandersetzung im Nahen Osten unterstützt haben. Desweiteren begann bereits 2008 eine Weltwirtschaftskrise, die heute von einigen Finanzexperten als finanzielle Nahtoderfahrung beschrieben wird. Bei dieser Nahtoderfahrung fragen sich aber einige Wenige, ob nicht doch alles ein großer Schwindel war und man sich so ein paar unliebsamer Probleme entledigen konnte oder Unternehmensschulden zu Staatsschulden machen konnte. Reale Auswirkungen dieser Krise haben nicht-an-der-Börse-spekulierende Ottonormalverbraucher erst in den letzten Monaten realisiert, als doch das ein oder andere Großunternehmen das Handtuch hin- und die Mitarbeiter herauswarf. Aber bei Krisenskeptikern und Verschwörungstheoretikern hält sich vehement das Gerücht, diese Firmen waren auch so am Ende.
Desweiteren gilt die letzten 10 Jahre als Retro- Jahrzehnt, die merkwürdigen Kleidermacken aller Jahrzehnte kamen geballt und zeitweise neu kombiniert zurück.
Ach, und dann war da auch noch die Fußball-WM in Deutschland und man hat sich bemüht "Freunde" zu werden mit der Welt, eine gute Gelegenheit das angekratzte Gastgeberimage aufzupolieren, mit mäßigem Erfolg. Wir sind einfach keine Feiernation und wenn man sich dann als junger Deutscher mit "Du bist Deutschland"- Kampagnen identifizieren soll, bei denen man die ganze Zeit mit toten Dichtern und Denkern verglichen wird, kommt auch keine richtige Feierstimmung auf: "Goethe ist tot, Goethe ist Deutschland, DU bist Deutschland, du bist tot, Deutschland ist tot."
Da enden sie auch schon: die weltbewegenden Ereignisse, die in meinem Bewusstsein hängen geblieben sind. Aber vielleicht bin ich auch nur ignorant und/oder mir sind viele Ereignisse einfach nicht in ihrer bedeutungstragenden Rolle deutlich geworden.
Aber vielleicht wesentlicher als das große Ganze sind die persönliche Erfahrungen mit dem letzte Jahrzehnt. Diese sind im aber eigentlich auch nicht so rosig. Es war die vielleicht schwierigste Zeit in meinem Leben, der Weg von einem naiven, sensiblen Kind, das die Welt in bunten und schillernden Farben sieht, zu einer jungen Erwachsenen, die Negativität und Schwärze der Welt erkennt und mit realitätsnahen Zynismus das beste daraus zu machen versucht.
Jeder, der es erlebt hat, kennt die Probleme der Pubertät und die verzweifelten Versuche die Eltern zu erziehen, aber im Großen und Ganzen waren keine dieser Erfahrungen an das Jahrzehnt gebunden -schade, dass ich leider kein Flowerpowerkind werden konnte, weil die Jugend von heute zu auf- oder abgeklärt für eine Retrovariante von Love and Peace ist.
Auch der Schritt aus den verkrusteten Strukturen in die Moderne ist mir gelungen, aber nicht durch bereichernde Erfindungen des Jahrzehnts, sondern durch Landflucht und ein neues Leben in der Großstadt in der man für DSL nicht auf den Kirchturm klettern muss, wenn überhaupt.
Aber Erfindungen ist ein gutes Stichwort. Hatten wir welche in den letzten Jahren? Neue Möglichkeiten Musik innerhalb der Ohren abzuspielen, aber dafür gab es in den 80ern den Walkman und in den 90ern den Diskman, also nur eine Weiterentwicklung. Ein Auto in das eigentlich nur 2 Leute reinpassen jetzt für 4 Leute, auch nichts wirklich Neues. In der Kommunikations- und IT- Branche findet sich die ein oder andere Neuheit, aber da ist der jungen Generation gar nicht mehr klar, dass Ende der 90er die Handys der meisten Leute noch gelb waren und am Straßenrand standen und nur privilegierte Menschen eine tragbare Telefonzelle besaßen und man in der Zeit des Ladens einer Website den Wochenabwasch machen konnte, beschreibt Entwicklung diese Phenomene besser als Erfindung. Auch social networking scheint eine Erfindung der letzten Jahre. Obwohl es früher wahrscheinlich besser funktionierte, als man die Leute noch von Angesicht zu Angesicht kannte und nur den Begriff dafür noch nicht.
So ist das eben mit dem "time ghost" oder wie die Engländer zu sagen pflegen: "zeitgeist"

Freitag, 20. November 2009

Von Schweinegrippe und anderen Studentenprotesten

Eigentlich wollte ich hochphilosophische Töne anschlagen und mich aus den "aktuellen" Themen der letzten Wochen heraushalten, weil sie sich schon anhören wie Mensa-Essen aussieht -3 mal durchgekaut.
Aber Depression und Schweinegrippe sind nun mal ein dankbares Thema um seitenweise Text zu produzieren, der in den Boulevardmedien unter die Rubrik "Aufreger der Woche" fällt und mein Aufreger der Woche ist die Schweinegrippe.
Obwohl das eine Lüge ist, die Schweinegrippe regt mich gar nicht auf (zumindest solange sie mich in Ruhe lässt), sondern vielmehr der Umgang mit ihr.
Es ist sehr interessant, dass es anscheinend in Deutschland nicht zum Standart gehört sich regelmäßig die Hände zu waschen, denn wann immer man ein Interview sieht, wie sich das Verhalten der Leute seit Auftreten der Grippe geändert hat, ist immer einer dabei, der sagt: "Naja, ich wasch mir jetzt regelmaßig die Hände" -Herzlichen Glückwunsch, aber du wirst sowieso nie die Schweinegrippe kriegen, denn du hast ein super Immunsystem, bei den Keimen, die es bisher immer abzuwehren hatte.
Aber soviel zu den Vorsichtsmaßnahmen, denn ich möchte nicht über die Menschen mit extremer Panik sprechen, die als natürlichsten Schutz den Mundschutz wählen. Die sind ja auch in unserer Gesellschaft der (typisch deutschen) Skeptiker eher selten, denn wir sind skeptisch, ob das wirklich etwas bringt.
Wir sind skeptisch gegenüber der "neuen" Grippe, die etwas ganz besonderes zu sein scheint, der Erreger, eine Mutation des Erregers der Spanischen Grippe (1918). Mutation ist ein Wort, das bei uns Menschen Urängste weckt: Warum eigentlich? Zu viel X-Men geschaut und auch noch missverstanden? Wenn man der Evolutionsbiologie glauben kann, dann sind wir auch nur eine Mutation, die Weiterentwicklung allen Lebens wird auf Genmutation zurückgeführt, daraus lässt sich schließen, dass eine Mutation nicht von grundsätzlich schlecht sein muss, woher die Angst vor dem Wort kommt, weiß ich nicht.
Aber zurück zu den Skeptikern:
Wir sind aber nicht nur skeptisch gegenüber der Grippe im Allgemeinen, sondern wir sind skeptisch, ob sie nicht noch viel schlimmer sein könnte, als wir es uns vorstellen können, denn es ist ja etwas Neues und nie da Gewesenes, wir sind aber auch gleichzeitig skeptisch, ob sie wirklich so schlimm sein soll, wir merken doch gar nichts davon. Wir sind auch skeptisch gegenüber unserer Regierung und fragen uns die ganze Zeit, was sie von dieser Panik hat. Wir sind skeptisch gegenüber den Pharmafirmen, die die Antibiotika produzieren, ob sie die Grippe nicht vielleicht aus dem Labortresor gelassen haben (weil ja auch noch der Ex-US-Verteidigungsminister Aktien dieser Firma besitzt) und wir sind skeptisch gegenüber den Pharmaunternehmen, die den Impfstoff produzieren, weil wir sie für geldgierig und fahrlässig halten, weil sie ungetesteten Impfstoff verkaufen.
Wir sind aber gegenüber der Impfung genauso skeptisch wie gegenüber der Grippe, was uns in ein persönliches Dilemma stürzt. Risikogruppen, wie Schwangere und Herzkranke brauchen einen Impfstoff ohne Wirkverstärker, den kauft die Regierung aber nicht, weil es sich um eine Pandemie handelt, wenn aber die, die angeblich die Impfung brauchen, sich nicht impfen lassen können, warum sollte sich dann der normale Mensch impfen lassen, wenn er sie doch gar nicht braucht?
Aber vielleicht sollten wir auch weder der Grippe noch der Impfung vertrauen, denn bisher kommen Mediziner zu dem Konsens: Nur Menschen mit Vorbelastungen sterben an der Impfung und höchstwahrscheinlich sterben auch nur Menschen mit Vorbelastungen an der Schweinegrippe.
Dummerweise sagt ein Arzt, der den 1. Teil sagt, nicht den 2. Teil und andersherum, deswegen sind wir Skeptiker verunsichert, weil uns Verunsicherung liegt.
Diese Annahme lässt aber nur einen Schluss zu: Wir sollten skeptisch sein, ob wir nicht eine Vorbelastung haben und wenn wir nicht zu dem absolut sicheren Schluss kommen, dass dem nicht so ist, sollten wir das Haus nicht mehr verlassen, denn sonst werden wir definitiv draufgehen, entweder an der Grippe oder an der Impfung, jeder wie er es mag.
Deswegen bin ich auch dafür bei den aktuellen Studentenprotesten die Forderung aufzunehmen, die Uni zu schließen, bis die Pandemie vorüber ist um diesem riesigen Infektionsherd einhalt zu gebieten. Dann würde sich auch sicher endlich eine Mehrheit der Studenten zu den Protesten bekennen und sich nicht für die anarchistischen und kommunistischen Umsturzversuche einiger Kommilitonen schämen, weil sie doch eigentlich nur für die Abschaffung der Studiengebühren und/oder eine bessere Betreuung für die Studenten sind (so wie hier zu lesen (sehr gelungen, finde ich übrigens, auch wenn es andere Kommentare gibt): http://vayosphere.wordpress.com/2009/11/15/uni-brennt/).
Also wir boykottieren die Schweinegrippe und gehen deswegen nicht zur Uni ...

Donnerstag, 24. September 2009

Von der SPCDFDB90GdPdLP und anderen nicht wählbaren Alternativen

„Heute habe ich einer Freundin auf den Arsch geguckt, und morgen mach ich mit ihr 'nen Dreier.“

Diese und ähnliche Sätze sind es, mit denen 'wir Frauen' gerne mal 'euch Männern' zeigen, wie leicht manipulierbar ihr doch seid.

Allerdings ist es auch einer dieser Sätze, die einfach keinen Sinn machen – oder keinen anständigen... -, wenn man sie nicht ordnungsgemäß erläutert. Ähnlich auch: „Geh nicht zu viel joggen, sonst wirst du wieder schwanger!“ (Um den von der Mediengesellschaft eh schon seiner Phantasie beraubten verehrten Leser ein bisschen auf die Pfade seiner Imagination zurückzuführen, überlassen wir es jetzt mal Ihrer Phantasie, was dieser Satz wirklich beinhaltete. Und auch, weil wir es selber nicht mehr wissen. Tja.)

Worauf wollen wir hinaus? Dass die Medien uns die Phantasie, die Gehirnzellen, aber auch den letzten Rest Anstand rauben? Uns in pervertierte, über dreißig Jahre lang pubertierende, schönheitsgeile Jugendwahnsinnige verwandelt? - Jaja ok, aber wo ist da das Neue?

Heute sprechen wir mal, die Einleitung und unsere Gewohnheiten völlig außer Acht lassend, über Politik.

Wieso unsere Gewohnheiten? Weil wir zu der Generation „Politikverdrossenheit“ gehören, der Generation „Lieber BigBrother gucken als ihn wählen“, der Generation „Angela... wer? Ist die nicht mit dem Pitt zusammen und adoptiert halb Afrika?“, der Generation „Wenn ich schon über Politik sprechen muss, dann nur über das, was mich betrifft, und ich bin generell und sowieso DAGEGEN.“, der Generation „Ich als gebürtiger Deutscher beherrsche drei Sprachen fließend: Englisch, Türkisch, und Assi, Alda!“.

So schlimm das ist, aber statistisch fallen auch die neechan und Ihre kichererbse in diese Kategorie der jungen Wähler.

Nun stehen wir also wieder, wie alle Jubeljahre, mit zwei bis drei bunten Papierchen in der Wahlkabine und denken: „....ähh?“. Es war doch so, dass die Politiker und die älteren Wähler immer schon gerne wissen wollten, was wir jungen Leute zur Wahl denken, und was wir zu unserer Zukunft beitragen wollen. Also, macht euch gefasst, hier kommt es:
„ÄÄÄÄÄÄHHHHHHH......?!“












Ok, vielleicht gibt es das Ganze auch in einer eloquenteren Version.

Geben wir unsere Stimme der schwarzen Pest, kommen wir wieder ins Mittelalter, und haben Koalitionsmöglichkeiten wie 'den Kartoffelkäfer' – übrigens ein schwarz-gelber Schädling, der unsere Nahrungsressourcen angreift -, oder aber einer Kombination, die wir schlichtweg 'Lächerlich' getauft haben (so wie ein ökologisch an- und abbaubarer Salat (ohne Atomkraft gedüngt), der aber so verschimmelt ist, dass er schon wieder schwarz ist).

Wählen wir also die rote Krätze, nur um uns dann wieder vier Jahre lang zu jucken und keinen Arzt zu finden, weil die alle streiken? Und auch hier die Koalititionsmöglichkeiten: 'das gerade erwachende Faultier' – rot geäderte Augen und grüner Schimmel am Hinterteil -; 'das Sonderangebots-Preisschild' in Knallrotrot – jetzt zwei ehemals linke Parteien ohne Konzept zum Preis von einer! MHD kurz vorm Ablaufen! -, 'der Clown' – rote Pappnasen und gelbe Plattfüße, und genauso zum Lachen.

Fehlt da nicht noch was? Achja, die Große Chaoslisation. Wäre das hier eine Liveübertragung, lieber Leser, würden Sie uns jetzt hier schweigend und mit verschränkten Armen sitzen sehen, da wir gerade dabei sind, die effektiven und langwährenden positiven Wirkungen dieser Regierungsperiode aufzuzählen. So ist das, wenn alle Kinderchen mitspielen wollen, aber keiner sich auf irgendwelche Regeln einigen kann.

Die flotten Dreier? Na, das haben wir doch am Anfang schon abgehakt, und Sie dachten, wir kommen nicht mehr darauf zurück! Ist gut, um die niederen Spezies in die Irre zu führen (oben: Männer; hier eher: Politiker), aber irgendwer kommt immer zu kurz. Oder zu schnell.

Tja, die Orangen. Da gilt der eh und je mit dieser Farbe assoziierte Fußballsprechchor: „Ohne Holland fahr'n wir zur WM!!“ Aber mal im Ernst, die sind wie alle Zitrusfrüchte im Wachstum: ganz sauer, aber mit dem Kopf viel zu hoch in den Wolken, als dass sich jemand ernsthaft für sie interessieren würde. Vielleicht sollten sie erstmal die obligatorische Augenklappe ablegen, um mehr zu sehen als nur ihre Pornoseiten, äh, wir meinen natürlich, Internetsperrenthematik.


Da bleibt nichts außer „ääääh...“!

Zum Schluss möchten wir unseren Lesern noch einige Tipps mit auf dem Weg geben, wie Sie sich dieses Jahr die Entscheidung etwas leichter machen können. Sie brauchen: 2-3 schmale Papierstreifen, um damit die Parteien, die Sie auf keinen Fall wählen werden, abzudecken, und ein bis zwei Würfel (oder so einen Rollenspielwürfel mit 20 Augen, macht das ganze fantastischer, eh, realistischer, eh....).

Legen Sie einen der Papierstreifen auf die Reihe mit der NPD. Ein bis zwei weitere haben Sie danach zur freien Verfügung. Nehmen Sie nun ihren Würfel, würfeln Sie. Vergessen Sie nicht, das Ergebnis laut in der Wahlkabine auszurufen: „Eine Sechs! Eine Sechs! Ich darf nochmal!!“

Stellen Sie dann fest, dass Sie den Zahlen keine Parteien zugeordnet haben. Benutzen Sie einen Abzählreim. Laut.


Mit herzlichen Grüßen wünschen Ihnen kichererbse und neechan viel Freude.

Mittwoch, 23. September 2009

Bundeskanzler, Mobbingopfer, Freiheitsberauber und die Rache der Jugend

Am Freitag wurde gemobbt, und zwar niemand geringeres als unsere Bundeskanzlerin. Es wurde zwar eigentlich geflashmobt, aber dieser Flashmob bestand schon irgendwie darin die Kanzlerin zu mobben.
Es war so ähnlich wie bei der unbeliebten kleinen Jacqueline-Chantal, die ein Referat in Geschichte (denn was die gute Frau Kanzlerin da tat, war keine Wahlkampfrede, sondern ein Tatsachenbericht zur Wiedervereinigung) halten soll und nach jedem Satz von der Klasse unterbrochen wird und eben nicht heulend rausrennt, weil sie schon 55 Jahre alt ist und ihr das in ihrer Clique, dem Bundestag, auch nie anders geht.
Was war also passiert? Eine Meute junger Menschen, etwa zwischen 16 und 45 Jahren alt, hatte sich versammelt um nach jedem Satz der Kanzlerin ein "yeeaahh" zu brüllen, was schwierig war, denn die Sätze und Satzenden der Kanzlerin, waren bei permanten Lärm durch Atomgegner nur schlecht zu verstehen.
Die jungen Menschen hatten Spaß auch wenn die Atomgegner über "Jubelschreie" für die Kanzlerin nur den Kopf schütteln konnten und treue CDU- Anhänger der älteren Generation sich ein wenig zu sehr freuten, weil sie die Ironie nicht erkannten.
Aber die Jugendlichen hatten nicht nur Spaß, diverse alte Menschen gehen davon aus, dass sich dort ungebildete und uninteressierte Jugendliche verabredet haben um zu tun, was "solche Leute" am liebsten tun: Stören ohne Sinn und Zweck. Vielleicht gab es die auch. Aber ein großer Teil der Leute wollte ausdrücken, dass das was auf einer solchen Wahlkampfveranstaltung erzählt wird, so beliebig ist und keinerlei Auswirkung auf Realpolitik hat, dass jede Art von Zustimmung nur Ironie sein kann. In diesem Punkt ist der Protest tatsächlich nicht zielgerichtet gegen die CDU oder die Kanzlerin, sondern gegen jeden Wahlkampf-Sand-in-die-Augen-Streuer.
Doch ein nicht unerheblicher Teil dieser Schreihälse kam aus dem Umfeld einer gerade neu entstandenen Partei, die sich für die Freiheit und die Rettung der Bürgerrechte, vor allem im Netz, einsetzt, die mit jedem "yeeaahh" eindeutig politische Kritik an der CDU und deren Netzpolitik äußerten.
Was viele Schreihälse gestört hat, war das ihre Kritik es nicht in die öffentliche Wahrnehmung geschafft hat. Es gab außerhalb von Blogs kaum ein Echo auf diesen Flashmob, keinen Kommentar in den großen Nachrichten oder Tageszeitungen. Auf einigen online-Seiten von Zeitungen oder Zeitschriften, konnte man etwas unter der Rubrik "Internet" -oder wie auch immer sie jeweils heißen- lesen, aber viele hatten sich zumindest eine Randnotiz in der Rubrik "Politik" gewünscht.
Vielleicht sollten Politikwissenschaftler diese scheinbar kleinen Aktionen als das politische Erwachen der jungen Generation betrachten, der ja behandlungsresistente Politikverdrossenheit oder gar politisches Desinteresse vorgeworfen wird, vielleicht muss man sie erst genug in die Enge treiben, bis sie sich wehren. Oder aber man muss politisches Engagement endlich anders definieren, das heißt: den Gegebenheiten der heutigen Jugendkultur anpassen, erkennen, dass heute anders protestiert wird als vor 40 Jahren.

Mittwoch, 9. September 2009

Was aus Ideenlosigkeit so entstehen kann...

In meinem Kopf existieren momentan mindestens 3 Themen, die sich gut zu einem Blog verarbeiten ließen, aber mir fehlt irgendwie der Text dazu, mir fehlt der "rote Faden". Außerdem stelle ich im Nachhinein fest, dass je festgelegter mein Thema vor dem Beginnen des Schreibens war, desto schlechter ist der Post geworden. An den Tagen, an denen ich mich einfach an den Rechner gesetzt habe und vor mich hingeschrieben habe, fand ich meine Posts immer ganz gut und habe meist auch positives Feedback erhalten.
Aber vielleicht wächst mittlerweile auch mein persönlicher Anspruch und damit mein Druck auf mich selbst, weil ich mittlerweile nicht mehr das Gefühl habe, ich schreibe nur für mich selbst, meine persönliche Schreibtherapie gegen Weltschmerz und um den Zynismus mal aus den realen Gesprächen herauszubekommen. Ich hab das Gefühl die Leserschaft wächst und ich bekomme immer mehr Rückmeldungen zu meinen Posts und habe vielleicht Angst zu enttäuschen.
Dabei drängt sich irgendwie die Frage auf, ob kichererbse irgendwann gläsern und durchschaubar sein wird und man sie in der realen Welt erkennen könnte, nur anhand dessen, was man von ihr liest. Wobei sich dann wiederum die Frage stellt: Gibt es die reale kichererbse überhaupt? Und gibt es die Menschen, die diesen Blog lesen und/oder kommentieren auch im realen Leben, d.h. sind es die gleichen Menschen oder sind es mehr 2 verschiedene Seelen oder besser 2 verschiedene Gehirne in einem Körper?
Wie sehr verändert ein Medium, das uns erlaubt absolut anonym unsere tiefsten Gedanken zu offenbaren, eigentliche unser restliches soziales Leben, sofern noch vorhanden?
Manchmal habe ich das Gefühl, es führt dazu, dass sich Menschen generell offener, ungezwungener und scheinbar ohne Schamgefühl über alles Mögliche austauschen, weil sie nicht merken, dass sie "da draußen" doch beobachtbar und erkennbar sind. Andererseits scheint es aber auch dazu zu führen, dass sich manche noch mehr aus der realen Kommunikation zurückzuziehen und die einzige Frage, sich nicht mehr nach dem Befinden erkundigt, sondern lautet: "Hast du meine Mail schon beantwortet, weil da steht ja alles wichtige drin?!"
Dabei entsteht da gerade eine Vision einer besseren Welt in meinen Kopf:
Wenn man das Internet zum anarchistischen, rechtsfreien Spielplatz erklären würde, auf dem sich jeder ohne Konsequenzen austoben könnte, seine ganzen Aggressionen abbauen könnte, seine verbalen und physichen Angriffe auf imaginäre Ersatzcharaktere der wirklichen Personen starten könnte, dann könnte mehr Frieden herrschen. Dann würde es gegenüber dem aggressiven Justin-Kevin-Maik* nicht mehr heißen: "Geh auf die stille Treppe" sondern "Geh eine Stunde ins Internet, da darfst du deine kleine Schwester blau anmalen und deine Mami anspucken oder abstechen, wie auch immer dir gerade ist und dann ist alles wieder gut."

Wie friedlich wäre diese Welt, wenn jeder seine Aggressionen in einem Kasten lassen könnte...


*Name von der Redaktion geändert

Mittwoch, 29. Juli 2009

Von Badehosen und anderen Dummheiten

Ich wurde heute darum gebeten zu entscheiden, welche Badehose mein Radiomoderator mit in den Urlaub nehmen sollte. Naja, nicht wirklich ich persönlich sollte entscheiden, sondern vielmehr die Masse aller Hörer sollte entscheiden. Trotzdem hat mich das im höchsten Maße beschäftigt: Einerseits fragte ich mich wie blöd eine Gesellschaft oder besser eine bestimmte Generation dieser Gesellschaft, denn Radiosender sind ja stark generationslastig, sein muss, um von so etwas angesprochen zu werden. Andererseits konnte ich es nicht lassen mir die Auswahl online anzuschauen und war dann wiederum überfordert, denn ich fand alle hässlich und konnte mich nicht entscheiden. Die Tatsache, dass ich mich entscheiden wollte, machte mir dann aber wieder sehr deutlich, dass ich eindeutig zu den Dummen gehöre, über die es tausend gute Gründe gäbe sich aufzuregen und tausend schlechte (das sind die, auf die unsere Eltern kommen, wenn sie sich aufregen). Aber dank dieser kollektiven Dummheit, ist es mir auch nicht peinlich, machen wir doch alle nichts anderes.
Warum kann ein Radiosender Hörer damit beeindrucken eine Badehosenauswahl zu treffen? Weil wir uns gern vor wirklich wichtigen Entscheidungen drücken mit der vermeintlichen Ausrede, wir müssten ja so viel entscheiden und wir hätten ja auch schon so viel entschieden, dass das Wichtige ja noch ein wenig warten kann. Außerdem sind Entscheidungen für andere Leute sowieso viel leichter zu treffen als eigene. Deswegen gehen Frauen auch gern zu zweit einkaufen: Die eine entscheidet, was der anderen steht, ob es zu teuer ist oder zu freizügig oder der Gelegenheit (un)angemessen und natürlich anders herum. Wenn wir dann zu Hause bereuen, was wir eingekauft haben, haben wir immer noch jemanden, dem wir die Schuld in die Schuhe schieben können, was wir natürlich nicht tun, weil wir nicht bereuen, aber wir könnten...

Aber um noch einmal abschließend deutlich zu machen, warum ich unsere Generation für dumm halte, möchte ich mit einer Schlagzeile aus den Nachrichten des gleichen Radiosenders schließen: "Die zunehmende Kinderlosigkeit trägt die Schuld an den geringen Geburtenzahlen der letzten Jahre."
Mir ist zwar mittlerweile klar geworden, was der Satz eigentlich meint, aber ich finde trotzdem, dass man bei dieser Formulierung folgenden Satz in die Nachrichten aufnehmen sollte: "Wenn ich nichts mehr esse, werde ich verhungern."

Mittwoch, 8. Juli 2009

Von Experten und anderen Elefanten

Training zu Vorstellungsgespräch: Aufgabe zur Übung: "Denken Sie mal, an was Sie wollen, ist mir total egal, woran Sie denken. Nur denken Sie NICHT an einen himmelblauen, kleinen, dicken Elefanten mit einem rosa Schmetterling auf seinem Rüssel."
Ich bin mir ganz sicher, dass mich diese Übung für meinem Einstieg ins Berufsleben optimal vorbereitet hat.
Aber mal ehrlich, wenn man mit so einem Unsinn Geld verdienen kann, dann will ich auch ins Berufsleben und ich würde ganz sicher reich werden.
Berater erzählen uns, wie wir Bewerbungen nicht schreiben dürfen, welche Kleidung wir tragen müssen, um erfolgreich auszusehen, welches Parfüm wir tragen müssen, um unseren Lebenspartner zu finden und ihn unterbewusst an uns zu binden (Lösung: Vanille, zumindest um Männer zu binden) und Knigge- Experten streiten sich, ob man besser "Gesundheit" sagt oder nicht. Für alle Lebensbereiche gibt es mittlerweile Seminare und Ratgeberbücher. Auch das Fernsehen kürt Experten aller Bereiche, z. B. Sexperten, Flirt- oder Beziehungsexperten, je nach Konservativität des Senderprofils oder Medienexperten, Haushalts- und Ernährungsexperten und jede Menge Erziehungsexperten, um sie in nervenaufreibenden Dokushows ihre Ratschläge verbreiten lassen, weil ohne sie unser Leben den Bach heruntergehen muss.
Wir behaupten, wenn wir überhaupt zugeben, die eine oder andere dieser Shows zu schauen, dies nur zu unsere persönlichen Belustigung zu tun, probieren aber doch an unserem Mitbewohner aus, ob die "stille Treppe" später bei unseren Kinder funktionieren könnte.
Man sitzt am Stammtisch und sagt: "Neulich beim Flirten habe ich mich total blamiert, weil..." und die Stammtischkollegen fragen ganz entsetzt: "Hast du etwa das Buch von Y nicht gelesen?" Leider ist der Nachteil an sogenannten Expertentipps, wenn sie an die Allgemeinbevölkerung übergegangen sind, gelten sie nicht mehr als expertengerecht und neue werden erfunden, wenn man sich dann noch an die alten hält, fällt man unter Kennern noch negativer auf.
Gibt es denn keinen Lebensbereich mehr, in dem jeder Zeit hat, eigene Erfahrungen zu sammeln, eigene Fehler zu machen und sich selbst zu finden? Ist unsere Zeit so schnelllebig, dass wir nur Zeit haben aus den Fehlern der anderen zu lernen und uns auf Tipps von Experten verlassen müssen, von denen absolut unklar ist, was sie zu selbigen macht und wer das objektiv beurteilen kann?
Werde ich Experte für Kommunikationsformen und Aggressionsbereitschaft von Jugendlichen, nur weil ich das jeden Tag in der Bahn beobachten kann? Werde ich Experte für Wanderexpeditionen rund um Timbuktu, weil ich eine gemacht habe oder werde ich Experte für budgetorientiertes Einkaufen, wenn ich ein Buch darüber schreibe?
Falls das so einfach sein sollte, dann ist mein angestrebtes Berufsziel "Experte"- egal für was- spätestens wenn die Medien Notiz von mir genommen haben, habe ich finanziell ausgesorgt und ansonsten schreibe ich 2 Mal das gleiche Buch mit unterschiedlicher Kapitelsortierung und einem Titel der die Worte "jetzt noch mehr..." beinhaltet, so wie wir es von Experten erwarten.

Sonntag, 7. Juni 2009

Von Wahlen und anderen Verschwörungen

Ich war lange versucht auch einen Appell zu schreiben, um euch zum Wählen zu ermutigen. Aber von überall her schallt es: "Geht wählen!... Wählt!... Es liegt in eurer Hand!" Mal davon abgesehen, dass dieser Appell wohl auch etwas zu spät käme, kann es doch keiner mehr hören und die, die es nicht tun, tun es sowieso nicht und die, die wählen, machen es, weil sie wollen und nicht, weil man sie nervt.

Also habe ich beschlossen über einen Artikel, den ich heute gelesen habe, zum Thema "Verschwörungstheorien" zu philosophieren. In diesem Artikel wurden Studien vorgestellt, die untersuchten, wie anfällig Menschen und vorallem welche Menschen anfällig für Verschwörungstheorien seien.
Aber der Artikel warf für mich eine ganz andere Frage auf: Ist eine Verschwörungstheorie noch eine Theorie, wenn sich herausstellt, dass sie wahr ist oder ist es dann eine Verschwörungstatsache? Im Text wurde behauptet, dass durch die Watergate- Affäre der Nixon- Regierung, sich nur zufällig eine Verschwörung als wahr herausstellte, es trotzdem erstaunlich sei, wie viele Menschen an Verschwörung glauben. Wäre es in diesem Fall nicht naiv zu behaupten, es hätte keine Regierungsverschwörung gegeben? Ein wahrlich paranoider Verschwörungstheoretiker würde im Fall von Watergate zwar wahrscheinlich behaupten, es war eine Inszenierung der Verschwörung durch die Opposition, um die Regierung zu stürzen. Ich weiß aber nicht, ob der Artikel nicht genau darauf hinauswollte, dass es keine Verschwörungen gibt und es nur eine zufällige Akkumulation von Verbrechen mehrerer unabhängig von einander agierender Personen gab. Ich werde, das Gefühl nicht los, dass den Text jemand geschrieben hat, der den Leuten ausreden will, dass es Verschwörungen gibt.
Fazit des Artikels war jedenfalls, dass es ganz normal ist an die ein oder andere Verschwörung zu glauben und das im Prinzip jeder tut.
Interessant war die Aufstellung der Top- Five- Theorien und der Erweiterung um andere beliebte Theorien (Ich wüsste gern, welche Quellen die Zeitschrift für die Daten hat und wer an diesem Ranking teilnahm):
  1. Im Bermudadreieck verschwanden überzufällig viele Flugzeuge und Schiffe.
  2. Die USA sind wegen des Öls 2003 in den Irak einmarschiert.
  3. Unterschwellige Werbung existiert.
  4. Lady Diana wurde ermordet.
  5. Die Mondlandung war von der NASA inszeniert.
  • Die US- Regierung verschleiert die Landung von Außerirdischen.
  • Die Pharmaindustrie blockiert die Verbreitung gewisser sinnvoller Medikamente.
  • Strichcodes haben geheime Funktionen.
  • Am 11.09.2001 gab es kein Flugzeug, das ins Pentagon stieß.
Ich war überrascht, dass Punkt 2 in die Kategorie der Verschwörungstheorien fällt und nicht in internationale politische Beobachtung, denn ich glaube, es gibt nur wenige internationale Politikwissenschaftler, die das Öl nicht als einen der Gründe für den Einmarsch sehen, wenn als bewiesen gelten sollte, dass Öl keine Rolle spielte, dann bin ich auch ein Verschwörungstheoretiker.
Und zum letzten Punkt ist vielleicht auch anzumerken, dass in diesem Zusammenhang die Theorie sehr beliebt ist, die US- Regierung wusste bereits vorher von den Anschlägen.
Verschwörugnstheorien seien besonders innerhalb von Minderheiten und innerhalb von Gruppen, die sich von Minderheiten bedroht fühlen, verbreitet.
Ich denke, ein gewisses Maß an Verschwörungstheorien schützt uns der Erkenntnis, dass in Leben Dinge geschehen auf die niemand Einfluss nehmen kann, ob man diese Ereignisse nun dem Zufall oder einer höheren Macht zuschreibt sei dahingestellt, aber meiner Meinung nach fürchten wir nichts mehr als Kontrollverlust und um diesen zu kompensieren erscheinen uns zeitweise absurde Theorien logisch. Diese Erklärung macht allerdings nur für die wenigsten Theorien Sinn für alle anderen gilt: Entweder jemand wollte seine Fantasie und seine Überzeugungskunst testen oder sie sollen etwas Größeres vertuschen oder sie sind wahr, das muss dann jeder mit seinem Verstand abwägen.

Samstag, 16. Mai 2009

"YOU'RE UNDER A TEST"

"Teste jetzt dein Wissen"-"Wie gut im Bett bist du wirklich"- "Welcher Job passt zu Ihnen"- "Bist du geeignet für dein Ingenieursstudium"- "Welcher prominenten Person entsprichst du am ehesten"
Von überall her brüllen uns diese Selbsterkennungsmöglichkeiten entgegen. Egal ob Arbeitsagentur, Internet, Berufsberatungscenter, Zeitschriften, alle wollen, dass wir uns testen. Überall und in allen Bereichen, ob in intimen, öffentlichen, komplexen oder langweiligen, kann man sich selbst evaluieren.
Ständig werden wir damit konfrontiert uns selbst einschätzen zu müssen, testen in mehr oder weniger durchsichtigen Tests unsere Werte für Neurotizismus, Zufriedenheit oder Motivationsfähigkeit, wundern uns kurz, was unsere Vorliebe rote Socken zu tragen damit zu tun, akzeptieren aber jede noch so abwegige Frage und sind am Ende irritiert, warum wir unser Leben noch alleine bewältigen können und keine Zwangsstörung haben, obwohl uns die Testauswertung dringend empfiehlt uns in die Psychiatrie einweisen zu lassen.
Je mehr Tests wir zu einem Aspekt machen, desto weniger ermöglichen wir uns eine eindeutige Selbsteinschätzung, denn jeder Fragebogen kommt zu einem anderen Ergebnis. Mal sind wir hochgradig suchtgefährdet, ein anderes Mal widerstehen wir souverän jeder Versuchung und sind extrem diszipliniert, wären somit idealgeeignet für eine Diät, wenn wir uns nicht so gut unter Kontrolle hätten, dass diese überhaupt gar nicht mehr nötig ist. Während uns ein anderer Test eben bescheinigt hat, dass 3 Kilogramm weniger nicht schaden könnten. Am Ende eines Testmarathons, den wir machten um gewisse Dinge klarer zu sehen, sind wir nur irritiert und verunsichert oder auch erheitert, aber definitiv nicht schlauer.
Die meisten dieser Test müssen wir nicht machen und tun es auch nicht. Manche machen wir aus Spaß. Andere leichtdurchschaubare Tests machen wir um unser Selbstwertgefühl ein wenig aufzupolieren. Aber gegen einige Test können wir uns kaum wehren, zum Beispiel in Vorstellungsgesprächen, bei Eignungstest für die Uni und vielleicht auch bald beim Hausarzt, denn denen werden immer wieder zeitsparende Schnelltests für Depression oder Alkoholmissbrauch nahe gelegt, damit sie noch weniger Zeit mit den Patienten verbringen müssen. Diese Tests, die teilweise nur aus 6 Fragen bestehen, haben nur das Manko, dass sie im Prinzip jeden der Risikogruppe zu ordnen, denn wer kann den Satz: "Ich kann besser einschlafen, wenn ich Alkohol getrunken habe" schon mit "nein" beantworten - jemand der noch nie getrunken hat und damit keine Erfahrungen gesammelt hat, ansonsten ist es eine dazugehörige Nebenwirkung, was noch nicht sagt, dass man ihn dazu benutzt um einschlafen zu können, aber das fragt der Test ja nicht, das schlussfolgert der Auswerter!
Wir befinden uns in einer Art Dauerselbstbeobachtung, weil es für unsere Generation dazu gehört: Kaum eine Website kommt ohne den "Teste-dich"-Button aus, keine Jugendzeitschrift wird gelesen, wenn nie ein spannender "Psycho"-Test darin ist. Durch eine sich rasant verändernde Umwelt sind wir verunsichert und suchen in diesen Tests ein wenig Halt oder Klarheit oder irgendetwas anderes, was uns beruhigt.
Alle Generationen vor uns erhielten entweder von der vorhergehenden Generation der Alten und Weisen, die das Unheil vorausahnen konnten einen (meist abwertenden) Namen oder wurden 20 Jahre später von Soziologen und anderen Volksbeobachtern klassifiziert, siehe "Generation Kriegskinder" oder "Generation 68". Unsere Generation schafft es durch ständige Selbstevaluierung sich von außen zu betrachten und sich ständig selbst Namen zu geben und diese, wenn nötig, ständig zu hinterfragen und zu korrigieren.
Wir sind nicht "Generation Rucksack", "Generation Praktikum", "Generation ewige Jugendliche" oder "Generation Bachelor"- Wir sind GENERATION SELBSTREFLEXION!
Hoffentlich werden zukünftige Soziologen dankbar sein dafür sein, dass wir ihnen die viele Arbeit uns zu klassifizieren abgenommen haben.

Mittwoch, 13. Mai 2009

Von käuflicher Schönheit und anderem Kontrollverlust

Die Welt könnte schöner sein, das bestreitet kaum jemand, auch manche Menschen könnten schöner sein. Aber schöner sein meint hier hauptsächlich mehr aus sich machen, auf ihr Äußeres achten. Aber der Schock sitzt tief, wenn eine junge Frau, die man zwar nur flüchtig kennt, aber immerhin kennt, mitten in einem lockeren Smalltalk plötzlich offenbart, dass sie sich einer "Schönheitsoperation" hingibt, um ihre wohlgeformten zierlichen Brüste in einen Atombusen verwandeln zu lassen. Käufliche Schönheit verdirbt nicht nur die Wahrnehmung unserer Jugend, die sich immer kritischer mit ihrer Figur auseinandersetzt, wie eben wieder eine große Studie bestätigte, sondern sie verdirbt auch den Charakter der Personen, die sich operieren lassen, obwohl es keinen Grund gibt, denn sie halten sich mit ihrer künstlichen "Schönheit" für unwiderstehlich und beginnen "Durchschnittsmenschen" (die es als solches nicht gibt) für unwürdig zu halten.
Warum verkauft man seinen Körper und damit sich selbst und zahlt dafür auch noch Unsummen? Warum glauben junge attraktive Frauen sich mit angeklebten Haaren, Fingernägeln und Wimpern, mit eingepflanzten Brüsten und Po- Implantaten und mit korrigierten Nasen und aufgespritzten Lippen wirklich verschönern zu können?
Man kann es auf die sogenannte Schönheitsindustrie oder die Medien, die mit "Wir ändern dein Leben, indem wir dein Aussehen verändern"- Formaten dazu beitragen, schieben und sicher sind sie auch nicht unschuldig. Aber einem Menschen mit halbwegs klarem Verstand, sollten Sendungen dieser Art doch sofort suspekt sein und außerdem ist auch hinlänglich bekannt, dass "Barbie" rein anatomisch nicht existieren könnte, demzufolge sollten auch Fotos mit ähnlich gebauten Personen schnell als irreale Nachbearbeitung erkannt werden.
Das Problem ist doch das diese Gesellschaft dieses Bild von Schönheit haben möchte. Es ist eine Art kollektiver Anorexia Nervosa (Magersucht), die den Kontrollverlust kompensieren soll. Die Gesellschaft hat kaum noch Einfluss auf die Politik, trotz Partizipation durch Wahlen, werden heute kaum noch Wahlprogramme in befriedigender Art und Weise erfüllt, somit stellt sich die Frage, warum überhaupt engagieren? Darüberhinaus haben stehen immer mehr Menschen einem sehr unsicheren Arbeitsmarkt gegenüber. Wenn das Leben einer ganzen Gesellschaft aus den Fugen zu geraten scheint, sucht man sich einen Faktor, den man ohne größere Schwierigkeiten, kontrollieren kann, in diesem Fall: das "Schönheitsideal" und die Umsetzung des selbigen. Man sucht sich etwas wodurch man sich definieren kann, ohne dabei in größere gesellschaftliche Konflikte zu geraten, denn man möchte ja keinen existenziellen Konkurrenzkampf, sondern nur die Suche nach Bestätigung.
Es wird Zeit, dass sich unsere Gesellschaft eine gesundheitsverträglichere Bestätigungsvariante suchen!

Montag, 27. April 2009

Von Zukunftsvisionen im Datenschutz und anderen Verschwörungstheorien

Hallo Internet!

Hat jemand die ZEIT letzter Woche gelesen? Ein Redakteur beschreibt, wie er Verfassungsklage gegen das neuste BKA-Gesetz einlegen will. Darin geht es im Prinzip um die weitere Legalisierung der Beschneidung von Datenschutz und Freiheit der Privatsphäre. Zum Beispiel, den Einbau von "Kleinstkameras" in die Wohnung von Bürgern, ohne es denen jemals mitteilen zu müssen. Oder die Beschneidung der ärztlichen Schweigepflicht.

Mich erinnern solche Artikel und Szenarien daran, wie ich gerade "Brave New World" gelesen hatte. Oder "Minority Report" geguckt. Der Mensch als planbares und präventiv kontrollierbares Konstrukt. Damals hab ich noch gedacht, so weit könnte das nie kommen - die Technik dazu wird abgelehnt werden.

Aber genau das gleiche hab ich erst von iPods, dann vom iPhone, dann von BluRay gedacht. Und übrigens auch von den TV-Serien "Lost" und "Grey's Anatomy", aber das soll ein anderes Thema sein.

Jedenfalls lief mir im Kino, als ich frisch aus dem Saal kam, so mit der leeren Popcorn-Tüte in der Hand, ein Schaudern über den Rücken. "Das könnte uns hier nie passieren."

Inzwischen musste ich für meine Einreise nach Japan ein biometrisches Passfoto machen und meinen Fingerabdruck abgeben.

Paranoid bin ich ja wohl nicht. Ich gehe in der Wirtschaftskrise munter weiter shoppen und benutze trotz Vorratsdatenspeicherung ICQ, MSN, Facebook und StasiVZ.

Einsatz Mister Schäuble (kein Zitat!): "Den jungen Leuten von heute sollte es doch eh egal sein - sie geben ihre Daten doch freiwillig auf all den Plattformen preis!"

Ja, eben, FREIWILLIG! Auf Studi schreibe ich, welche Musik ich mag und wo ich meine Handtasche gekauft habe, aber eben nicht, wann ich das letzte Mal Malaria hatte (Krankendaten/Gesundheitsbetreff) oder mich über einen Ausländer aufgeregt habe (staatsgefährdende Gesinnung)! (ersteres, für die Korrektheit: nie; zweites: in der 3. oder 4. Klasse, als Pinar es partout nicht geschafft hat, ihren Notenschnitt zu verbessern, obwohl ich ihr helfen wollte).

Und war es nicht so gedacht, dass in einer Demokratie die Selbstverwaltung besteht, die Bürger bilden ihre eigene Regierungselite, und es gibt nicht die "Krone" des Volkes, die Regierung, die Bestimmungen auferlegt?

"Ja, aber! Die jungen Leute von heute gehen ja auch nicht mehr wählen! Politikverdrossenheit! Wählerunmut! Medienkonsum! Amokläufe!"

Oh, wir 'jungen Leute' sind's schon wieder gewesen? Ja, wahrscheinlich, das ist freilich schade...

Das einzige, was ich dagegenzustellen habe, ist, dass ich im momentanen Parteiengefüge am liebsten auch nicht wählen würde. Schließlich hat mir bei der letzten Wahl keiner weniger Studiengebühren oder wenigstens höhere Bildungsqualität verschafft. Geschweige denn die versprochene Vergleichbarkeit von Studiengängen und einfacheren Zugang zum Auslandsstudium.

Nun gut, ich bin volljährig und selbstbestimmt, und nun bin ich ein Bachelor-Versuchskaninchen, wenn ich es absolut nicht gewollt hätte, hätt ich mit meinem Studium halt noch etwas warten müssen.

Aber was ist mit den Schulkindern? Die können nämlich nicht warten, die brauchen ihre Lesekenntnisse, ihren ersten Fremdspracheunterricht, und ihren Schulabschluss sofort. Und auch sie werden in die versuchsreformierte Oberstufe gesteckt und in einen Lehrplan gepfropft, von dem keiner die Folgen so richtig vorhergerechnet hat.

Man lässt die Kinder von 8 bis 16 in der Schule sitzen, erwartet, dass sie so Freude an Bildung erwerben.

Dann sollen sie noch daran arbeiten, nicht mehr die dicksten Europäer zu sein (Zeit für einen Sportverein? Und Geld?) und sich womöglich noch in frühen Jahren für Politik interessieren, denn die berühmte Politikverdrossenheit will man sich ja nicht weiter heranzüchten.

Oh, hab ich Sozialleben in der Aufzählung vergessen? Mh, ist nicht zwangsweise wichtig, viele meiner Kommilitonen kommen schließlich auch mit einem Minimum aus.

Ach, ich erinnere mich auch noch an die Diskussion um die Erzieherrolle. Die Eltern sollen mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen? Und gleichzeitig mehr arbeiten und shoppen gehen, damit die Wirtschaft wieder läuft. Und ordentlich Auto fahren. Und dabei die Umwelt schützen, sowie das Klima.

Puh, ganz schön viele Sachen auf einmal, oder?

Vielleicht fangen wir nochmal bei der Bildung an, denn wenn wir Kinder vernünftig erziehen und eine Grundlage zur Selbstbildung geben, lernen sie auch, dass man Dinge ohne Terroranschläge und rechte Parolen lösen kann.

Soweit meine Hypothese. Könnte sich ja bewahrheiten. Genauso durchdacht wie die Hypothesen des Bologna-Vertrags ist sie allemal. Schließlich lese ich Zeitung. Haha. Wenn sie jemand aus dem Stand falsifizieren kann, umso besser.