Dienstag, 15. Juni 2010

Von Teufelskreisen und anderen Idealismen

"Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde." (Henry Louis Mencken)
Manchmal ist Vertrauen auch mehr als das. Manchmal ist Vertrauen, die Wahrheit nicht wissen zu müssen. Manchmal ist Vertrauen auch zu wissen, die Wahrheit sagen zu dürfen ohne den anderen zu verlieren. Manchmal ist Vertrauen auch die Wahrheit zu kennen, aber dem anderen zu überlassen, wann er sie sagen möchte.
Ich kenne Menschen, die sagen aus Liebe wächst Vertrauen und wenn man wirklich liebt kann man auch vertrauen. Ich glaube, es verhält sich anders herum, nur wenn wir dem anderen vertrauen, sind wir fähig ihn zu lieben und Liebe, die nicht auf Vertrauen basiert ist nur der Anspruch auf Besitz.

Ich denke häufiger darüber nach, warum man manche Dinge nicht verschweigt, seltener, warum man nicht lügt. In der Wissenschaft zählt auch Verschweigen zum Lügen, denn sonst würden es wahrscheinlich die wenigsten von uns auf täglich 200 Lügen schaffen. Doch wenn wir unserem Nachbar einen "Guten Tag" wünschen und ihn eigentlich nicht leiden können und ihm nichts Gutes gönnen, ist das eine Lüge. So schaffen wir es schnell auf 200 Lügen und wenn wir verschweigen, dass unserer Freundin ihr Kleid nicht steht? Schwer zu sagen! Wahrscheinlich erwartet sie von uns Aufrichtigkeit, auch wenn sie nicht danach fragt, dann ist es eine Lüge. Gehört sie allerdings zu den Menschen, denen es total egal ist wie sie herumlaufen und keinen Wert auf Äußerlichkeiten legen, dann ist Schweigen wahrscheinlich keine Lüge.
Wenn unser Gesprächspartner also nicht implizit oder explizit nach unserer Vergangenheit, unseren Ansichten oder anderen, uns möglicherweise unangenehmen Dingen fragt, dann ist es keine Lüge, sie zu verschweigen. Wir erzählen sie also, weil wir vertrauen und unser Gesprächspartner vertraut uns, weil wir sie ihm erzählen (s. Zitat). Weil er uns vertraut, erzählt er uns vielleicht auch unangenehme Dinge, woraus wir noch mehr Vertrauen ziehen. Das ist eine Art positiver Teufelskreis (man findet so etwas wie Engels- oder Himmelspirale als Gegenteil von Teufelskreis, was mir allerdings zu triefend kitschig ist).
Aber woher kommt das Grundvertrauen, das für den ersten Schritt in die Spirale nötig ist? Naivität? Hemmungshemmer (Alkohol)?
Vertrauen ist eine angeborene Fähigkeit, die mit dem Alter und der Summe der (schlechten) Erfahrungen abnimmt. Als kleine Kinder haben wir keine andere Wahl als darauf zu vertrauen, dass man sich um uns kümmert, als Erwachsene haben wir den Glauben daran verloren und wenn wir uns nicht ein wenig von unserem Grundvertrauen bewahren, werden wir nicht in der Lage sein es zurückzugewinnen.
Deswegen sollten wir uns manchmal überlegen, ob wir jemanden wirklich verletzen müssen und ob er noch genug Vertrauen hat um unseren Vertrauensmissbrauch auszugleichen oder ob wir jemanden ein Leben zerstören.
Ich glaube daran, dass wir achtsamer sein können und weniger zerstören, wenn wir besser zuhören und mehr überlegen, bevor wir handeln und wenn wir das alle tun, dann können wir zumindest bei der nächsten Generation dafür sorgen, dass sie ihr kindliches Urvertrauen behalten.
Das mag der ein oder andere naiv oder idealistisch halten, aber dem gebe ich noch ein Zitat von H. L. Mencken mit auf den Weg und gebe dabei zu bedenken, dass man in dem ein oder anderen Post durchaus erkennen kann, dass ich so nicht bin:
"Ein Idealist ist ein Mensch, der aus der Tatsache, daß eine Rose besser riecht als ein Kohlkopf, schließt, daß eine Suppe aus Rosen auch besser schmeckt."

Donnerstag, 10. Juni 2010

Von Moral und anderen Skrupellosigkeiten

"BundesHorst macht die Biege"
"Wulff nimmt sich Köhler zum Vorbild" Wie? Will der etwa auch gleich wieder hinschmeißen? Mir ist aufgefallen, dass das öffentliche Interesse am Rücktritt des Bundespräsidenten recht überschaubar war und auch der Nachfolger eher Nebensache ist.
"Wir können es nicht beeinflussen, deswegen interessiert es uns nicht," ist die gängiste Begründung. Mich treibt in diesem Zusammenhang eine andere Frage um: Hat ein BP (nein, nicht British Petroleum, sondern Bundespräsident) nicht die Aufgabe dem Volk gewisse Werte zu vermitteln und Sicherheit zu geben, gerade in schwierigen Zeiten? Seine Hauptaufgabe ist den Staat zu repräsentieren und ab und an mal ein Gesetz zu unterschreiben, ohne dessen Inhalt beeinflussen zu können. Er ist also staatstechnisch fast überflüssig, sollte er dann nicht wenigstens einen Nutzen für die Gesellschaft haben. Darf ein BP wie ein trotziges Kind in sein Zimmer stürmen und hinter sich die Tür zu knallen? Da kann keine Erziehungshelferin mehr kommen, weil er schon am höchsten Punkt steht, da ist niemand, der ihn auf die stille Treppe schickt, außer vielleicht die Medien, aber Papier ist bekanntlich geduldig und die Medien schreiben viel.
Unser ExBP (oder ist er noch BP bis ein neuer gewählt ist?) hat mir vermittelt, ich darf ruhig alles hinschmeißen, wenn es schwierig wird und wenn jemand an mir Kritik übt sowieso und irgendwie geht es für die Großen schon immer weiter und wenn die Kleinen untergehen, wen kümmert es?
Ich finde es sollte ein paar moralische Ämter geben von denen man nicht zurücktreten darf.

Es sollte auch irgendjemanden in der Politik geben, der in der Lage ist nachzudenken. Ich habe in der Schule irgendwann einmal gelernt, dass wir in Deutschland in einer sozialen Marktwirtschaft leben. Ich frage mich, wo das "sozial" hingekommen ist.
Es ist eine clevere Zeit um von den Armen zu nehmen und es den Reichen zu geben. Die meisten freuen sich auf ein großes Ereignis und sind davon so begeistert, dass sie sich von ein paar Kürzungen nicht die Laune verderben lassen. Die moralischeren Menschen, die sich nicht durch positive Ereignisse ablenken lassen, haben momentan einen größeren Feind als die Bundesregierung: BP (nein, nicht der Bundespräsident, sondern Britisch Petroleum).
Es geht also unter, dass unsere Familienministerin etwas unglücklich formuliert hat, dass sie es gerecht findet, wenn Familien am Existenzminimum leben. Es geht also unter, dass unsere Regierung an den falschen Stellen spart. Es geht also unter, dass sich in irgendeinem Bundesland schon wieder die Politiker die Diäten erhöht haben, um etwa 2x 200€!

Früher hätte es mal Proteste auf der Straße gegeben. In anderen Ländern gäbe es Generalstreik. Unsere Politiker haben uns gut erzogen, sie nutzen die Politikverdrossenheit der Bevölkerung, die sie so oft kritisieren.
Aber ich gehe jetzt auf die Straße und kaufe mir ein Eis.