Mittwoch, 14. April 2010

Von Froschteichen und anderen Lebensmittelpunkten

Das Semester hat erneut begonnen, alles ist wie immer, nichts ist wie immer. Jeder geht seine Wege. Keiner dieser Wege muss sich kreuzen. Man kann in der Masse untertauchen oder im Mittelpunkt baden. Man kann sich einsam fühlen unter hunderten Menschen und gleichzeitig geborgen und behütet allein in der Ecke sitzen.
Die Uni ist ein soziales Gefüge ohnegleichen und ein Ort des gnadenlosen Respekts.
Die Menschen, die es bis an die Uni geschafft haben, sind in ihrer Persönlichkeit relativ gefestigt und man erlebt eher selten pubertäre Ausbrüche, im Gegenzug entfallen auch Mobbingangriffe im großen und ganzen.
Die Grenze des Einzelnen wird respektiert, keiner kommt einem ungefragt zu nahe und man kann auch selbst eigentlich keinem zu nahe kommen. Man erlernt ganz neue Umgangsformen. Dozenten sind auch nicht hinter ihrem Rücken "die alte XY" sondern trotzdem "Frau Professor Z." Unter Umständen beginnt man auch seine Kommilitonen mit dem Nachnamen oder mit "Sie" anzusprechen, weil man dank der lieben Dozenten nicht mehr kennt als ihren Nachnamen.

Es gibt noch immer keine Wahrheiten. Mancher erkennt auch erst jetzt, dass es in einigen Fragen nie Wahrheiten geben wird und was in der Schule noch von den Lehrern als Wahrheit verkauft wurde, wird jetzt von den Dozenten in Frage gestellt, verworfen oder zumindest kritisch hinterfragt.
Nach Motiven muss man auch nicht mehr suchen. Sie werden präsentiert, denn das sind oft die einzigen gemeinsamen Gesprächsthemen, die Studenten (am besten noch unterschiedlicher Fachrichtungen) untereinander finden. Aber Motive werden auch vielfaltiger, während man in der Schule noch glaubte, es gäbe nur Ehrgeiz, Geld und den Willen besser zu sein als andere, finden in der Uni auch Selbstverwirklichung, Ideale und Träume einen Platz. Auch wenn man diese Motive im Einzelnen nicht immer verstehen oder nachvollziehen kann, bewundert man meist den anderen stillschweigend dafür. Man sucht sich noch immer selbst und noch immer ist man nicht immer glücklich mit dem, was man findet.
Manchmal betrachtet man sich von außen, wie man im Strom mit Hunderttausenden schwimmt, plötzlich stehen bleibt und in eine andere Richtung geht und es ist möglich. Das, was in Schulzeiten den sozialen Tod bedeutet hätte ist auf einmal möglich. Aber es ist auch leichter möglich auf der Strecke zu bleiben. Selten werden von selbst Hände gereicht, wenn man langsamer wird, in einen Sog gerät oder von einer Welle erfasst wird, es sei denn man bittet um eine Hand.
Man muss aber auch lernen seine eigene Hand nicht immer helfend auszustrecken, wenn gar keine Hilfe verlangt ist.
Man lernt an einer deutschen Uni einen sehr wichtigen Grundpfeiler unserer Gesellschaft kennen und man lernt ihn zu akzeptieren: Individualismus.

Wir sind von Kaulquappen zu kleinen Fröschen geworden und wenn wir wollen und die Ansprüche, die die Universität an uns stellt meistern, steht uns auch der Weg offen eine Königskröte* zu werden.





*erfolgreicher, finanziell zufriedener, ausgeglichener Mensch, der seinen Beitrag zur Volkswirtschaft leistet

1 Kommentar:

  1. solang man nicht der froschkönig wird, der eisern auf seine krone beharrt, weil er glaubt etwas besseres zu sein. sollte jeder sich selbst verwirklichen! *quark*

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