Mittwoch, 7. Juli 2010

Von Wurzeln und Flügeln und anderen Liebesbeweisen

"Wurzeln um zu wachsen, Flügel um zu fliegen, das ist was deine Mama dir gab"
So heißt es gerade in einem aktuellen Reggae-Song von Stefanie Heinzmann und Gentleman.
Aber die wenigsten Kinder werden wirklich mit Wurzeln und Flügeln ausgestattet, einige haben nur eins von beiden und manche auch nichts.
Wurzeln zum Wachsen zu haben, heißt, die Möglichkeit bekommen in einem stabilen Umfeld groß zu werden, Sicherheit zu haben und mit den wichtigsten Grundlagen, wie Nahrung, Liebe, Aufmerksamkeit und Bildungsressourcen ausgestattet zu sein.
Flügel zum Fliegen zu haben, heißt, die Möglichkeit bekommen, sich frei entfalten zu können, eigene Wege gehen zu können und trotzdem zu wissen wieder sicher landen zu können, weil man erklärt bekam, wie Flügel funktionieren und weil man gelernt hat auf die Tragfähigkeit dieser Flügel zu vertrauen.
Es ist die Frage, warum der Mensch beides braucht, wenn dem Rest der Natur doch eins genügt oder haben Sie schon einmal eine Ente mit Wurzeln oder eine Eiche mit Flügeln gesehen?
Im Text heißt es weiter:
"Die Welt ist kalt, die Welt kann lügen, kein anderer kann dich retten"
In diesem Satz steckt die Antwort auf meine vorhergehende Frage: Weil der Mensch als solches erst einmal kalt und egoistisch ist, es sei denn ein anderes Verhalten dient seinem Vorteil, also dem Erhalt seiner Gene, so die evolutionsbiologische Ansicht, deshalb braucht der Mensch mehr Ressourcen, er muss fest wachsen können aber auch unabhängig und schnell verschwinden können.
Dass Welt kein Ort der positiven Emotionen ist, glaube ich auch, aber ich glaube nicht, dass daran allein ein paar Gene oder Hormone etwas ändern. Ich glaube, dass Freundlichkeit, Liebe, Respekt usw. rein kognitive Fähigkeiten des Menschen sind, während Tiere ihre Emotionen intuitiv regeln und somit eigentlich ehrlicher sind. Aber der Mensch entscheidet sich freundlich zu sein und er muss jeden Tag wieder darum kämpfen und entweder er schafft es diesen Emotionen größeren Raum zu geben als den anderen oder er schafft es auch nicht seinem Kind die nötige Liebe zu geben.
Menschen werden nicht mit der Befruchtung der Eizelle zu Eltern, sie werden zu Eltern, wenn sie das erste Mal etwas Gutes für ihr Kind tun und bei manchen Eltern ist das erste Gute, was sie tun, das Kind wegzugeben in bessere Hände.
Elternschaft ist nicht biologisch sondern emotional determiniert.
Manche Menschen hätten emotional nie Mutter werden dürfen und doch hat die Biologie nicht eingegriffen.
Das sind die Mütter, die ihren Kindern weder Wurzeln noch Flügel gaben. Das sind die Mütter die ihren Kindern noch eine ganz andere entscheidende Sache nicht gaben: LIEBE oder wenigsten die Möglichkeit dazu Liebe zu empfangen.
Es sind diese Art von Eltern, die niemals ein eigenes Fehlverhalten einräumen würden, wenn das Unglück der eigenen Kinder erklärt werden soll, sondern immer äußere Umstände verantwortlich machen oder gar das Kind selbst, das wehrloseste Wesen.
Die Liebe der Eltern definiert sich für mich nicht dadurch 24 Stunden am Tag 7 Tage die Woche für das Kind dazu sein, sondern, wie schon gesagt, durch das Gute, das man dem Kind tut, durch die Wurzeln und Flügel, die man dem Kind gibt oder ihm die Möglichkeit bereitet, dass es diese Sachen von jemanden erhält.

Der Wert einer Gesellschaft misst sich an der Qualität der Kinder und die Qualität der Kinder misst sich an der Qualität derer, die sie erziehen und ausbilden. Wir sollten kritischer hinschauen, denn das Wohl jeden einzelnen Kindes liegt in unserer Hand und eine Gesellschaft muss dort tragen helfen, wo ein Individuum Schwäche zeigt. Wenn die Mütter unserer Gesellschaft nicht fähig sind den Kindern Wurzeln und Flügel zu geben, dann sollten wir es tun und wir sollten uns um alle die besonders kümmern, die in ihrer Kindheit keine Wurzeln und Flügel bekommen haben, denn auch sie brauchen sie, um sie an ihre Kinder weiterzugeben.

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