Freitag, 13. April 2012

Vom Sein und anderen Träumen

Junge, lebensbejahende, einsame Studentin sucht: SICH SELBST. Wenn du das liest, dann melde Dich doch bitte bei mir, ich freue mich Dich kennenlernen zu können, Du sollst der wichtigste Teil meines Lebens werden, ich hoffe, wir teilen ein paar Hobbys und genießen es, Zeit miteinander zu verbringen. 
Erkennungszeichen: rosa Stoffpantoffel und schwarze Lederjacke.

So oder so ähnlich könnte sie lauten, die Kontaktanzeige der meisten Menschen in meinem Alter, denn es wird uns immer wieder bescheinigt, dass wir nicht wissen, wer wir sind und wo wir hinwollen und wer wir letztendlich sein möchten. Es erscheinen immer mehr Bücher, die uns nicht sagen, wer wir sind, sondern nur, dass wir es herausfinden sollen. Warum? Weil wir wissen müssen, wer wir sind, um uns zu dem heutigen Ideal zu verändern: erfolgreich, zielorientiert, selbstbewusst...

Ich möchte gar nicht wissen, wer ich bin. Ich möchte jeden Tag so sein, wie es mir gerade in den Sinn kommt, ohne abends darüber nachgrübeln zu müssen, warum alles, was ich heute getan habe, überhaupt nicht zu mir passt. Ich möchte heute voller Enthusiasmus ein neues Projekt anfangen, um morgen an der Sinnlosigkeit des Seins zu scheitern und tiefdeprimiert alles anzuzweifeln, was das Leben mir bietet. 
Ich tue heute Dinge, die ich vor knapp 2 Jahren noch ausgeschlossen habe, weil sie mir andere aufdiktieren wollten, heute tue ich sie, weil sie mit meinen aktuellen Werten übereinstimmen.
Natürlich hinterfrage ich mein Tun, wie jeder andere auch, besonders wie jeder andere junge Mensch. Manchmal stelle ich auch fest, dass mir nicht 100 prozentig gefällt, was ich tue, aber ich habe erkannt, dass ich nicht zu dieser Sorte Menschen gehöre, die einem festen Plan folgen können und sich dabei immer treu bleiben. Ich bin sprunghaft, pessimistisch, naiv, zynisch, zweifelnd, optimistisch, vertraue anderen nur schwer, stürze mich Hals über Kopf in intensive Freundschaften. Auch wenn sich die Hälfte davon gegenseitig ausschließt, bin ich so und ich mag mich so! Meistens.
Ich will mein aalglattes Ich nicht finden. Es mag sein, dass ich dann erfolgreicher, souveräner und sozial verträglicher wäre, aber ich wäre auch noch etwas anderes: LANGWEILIG.

Manchmal kommen die Wesen, die immer alles gradlinig auf die Reihe bekommen, auf mich zu und fragen mich, ob ich denn keine Träume habe.
Natürlich habe ich Träume, denn desillusioniert bin ich trotz allem nicht, mir ist auch durchaus bewusst, dass man für deren Erfüllung manchmal hart arbeiten und Dinge durchziehen muss, aber ich weiß auch, dass nicht alle Träume in Erfüllung gehen, egal wie hart man dafür arbeitet und was noch viel wichtiger ist, dass sich Träume im Laufe des Lebens ändern, sonst wäre ich schon längst Prinzessin am spanischen Hof und würde ein sehr trauriges Leben führen, weil ich mir mal mit 5 Jahren erträumt hatte, dass es nichts schöneres geben könne als Prinzessin zu sein und nichts mehr selbst tun zu müssen.
Mein wesentlicher Traum bleibt immer gleich: ein zufriedenes Leben mit meinem Partner an einem für mich schönen Fleckchen Erde, aber alle Träume darum herum ändern sich ständig, fast minütlich: Lieber Hausfrau oder Bundespräsidentin, lieber Katze oder Esel oder Schildkröte, lieber Dusche oder Badewanne oder Pool oder Whirlpool, lieber Wohnung oder Hütte im Wald oder Haus oder Villa oder Schloss?
Warum soll ich mich jetzt entscheiden und auf dieses Ziel hinarbeiten, wenn mir doch morgen schon etwas ganz anderes verlockend erscheinen könnte?
Warum heute schon entscheiden, wer ich in 20 Jahren sein will nur um dann enttäuscht zu sein, dass ich nicht die geworden bin, die ich sein wollte?

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