Montag, 14. Mai 2012

Von Freunschaften und anderen Haltbarkeitsdaten

Es gibt Freundschaften, die halten ewig, man teilte schon seine Kindheit miteinander, verbrachte seine "wilden Jahre" miteinander, erlebte gemeinsam die erste Verliebtheit und man hat bereits alle seine Konflikte, die man jeweils mit dem Charakter des anderen hatte, eher spielerisch (auch wenn es damals hoch dramatisch erschien) ausgetragen und irgendwann am Ende der Schulzeit trennen sich die Wege, aber die Lebensstile bleiben ähnlich (beide studieren oder eben nicht), aber auch nicht so gleich, dass man sich gegenseitig langweilt, manchmal hört man Monate nichts von einander, aber wenn man sich wieder sieht oder hört ist alles wie immer, man findet sofort ein Gesprächsthema, man weiß sofort, wie es dem anderen geht, man kennt sich und man weiß, dass man immer bei dem anderen vor der Tür stehen kann, ohne dass der andere einen im Regen stehen lässt.
Es gibt Freundschaften, die früher felsenfest erschienen und plötzlich mit dem Ende der Schulzeit in die Brüche gehen, entweder weil man sich entfremdet, zu unterschiedliche Lebensstile entwickelt und unterschiedliche Vorstellungen von der Intensität der Freundschaft hat oder sie enden, weil sie, im Nachhinein betrachtet, Abhängigkeitsbeziehungen waren, das heißt, einer war immer stärker als der andere, der eine hat immer den einen bewundert und ihm "gedient" und mit Beginn des neuen Lebensabschnitts gewinnt der bisher Schwächere Stärke und findet den anderen plötzlich uninteressant oder der andere erträgt keine Beziehung auf gleicher Ebene und zieht sich zurück.
Es gibt auch Freundschaften für gewisse Stunden, man teilt ein Hobby und findet sich ganz nett, verbringt Zeit miteinander und mit Ende des Hobbys geht man einfach auseinander, ohne dass einer der beiden darunter leidet.
Es gibt Freundschaften bei denen man miteinander eine ganze Weile viel Zeit miteinander verbringt, sich sehr nahe steht und bei denen plötzlich einer von beiden bei dem anderen Ansichten entdeckt, die er dem anderen nicht verzeihen kann oder man trifft klare Absprachen und einer von beiden kann sich daran nicht halten und darauf hin ist die Freundschaft einfach zerstört, einer ist einfach zu verletzt oder enttäuscht.
Es gibt aber auch Freundschaften, die entwickeln sich erst im Laufe des Lebens, eher zufällig, sie werden schnell sehr intensiv und scheinen ebenso fest wie die Freundschaften aus der Kindheit, aber sie sind zerbrechlicher. Meist werden sie aber durch partnerschaftliche Beziehungen gestört (nicht zwangsläufig zerstört): Entweder verliert einer der Befreundeten im Laufe der Freundschaft seinen Partner und hat plötzlich andere Ansprüche an den Freund, die der nicht erfüllen kann oder einer von beiden findet erst im Laufe der Freundschaft einen Partner und zieht sich zurück oder der andere fühlt sich plötzlich zurückgesetzt. Diese Freundschaften setzen nicht voraus, dass sie sich nur zwischen 2 Menschen, die Single sind oder beide in  Beziehungen sind, entwickeln können, sondern es ist nur so, dass sie sich in einem klar definierten Beziehungsgefüge entwickeln und in diesem extrem stabil sind, außerhalb dessen extrem fragil.
Und es gibt Momente im Leben, da sitzt du da und denkst:
Eigentlich habe ich 15 Freunde, die mir alle ziemlich wichtig sind, die mir nahe stehen und trotzdem habe ich gerade ein Problem und ich möchte keinen von ihnen hier haben und mit ihm drüber reden, was los ist. Der eine ist zu sehr involviert, bei dem anderen müsst ich zu weit ausholen und der Dritte hat überhaupt keine Erfahrung auf dem Gebiet, ein Gespräch scheint einfach aussichtslos, die Probleme des Nächsten scheinen so groß, dass die eigenen minimal erscheinen. An dieser Stelle fragt man sich, was man für Freund ist, der seinen Freunden scheinbar nicht vertraut und doch weiß man, dass man jederzeit für sie da wäre,wenn sie an gleicher Stelle säßen und man würde auch schweigend trösten, wenn es nötig wäre.
Freundschaften sind höchst kompliziert und ihre eigentliche Haltbarkeit beschränkt sich, trotz all meiner vorherigen Erläuterungen auf die Verfügbarkeit im richtigen Moment. Es ist egal, ob ich für gewöhnlich rund um die Uhr für alle erreichbar bin, wenn ich im entscheidenden Augenblick nicht da bin (egal ob selbst verschuldet oder zufällig nicht veränderbar), kann das eine Freundschaft so stark schwächen, dass sie sich in naher Zukunft einfach abschwächen wird, bis sie sich irgendwann ganz auflöst.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen