Mittwoch, 23. September 2009

Bundeskanzler, Mobbingopfer, Freiheitsberauber und die Rache der Jugend

Am Freitag wurde gemobbt, und zwar niemand geringeres als unsere Bundeskanzlerin. Es wurde zwar eigentlich geflashmobt, aber dieser Flashmob bestand schon irgendwie darin die Kanzlerin zu mobben.
Es war so ähnlich wie bei der unbeliebten kleinen Jacqueline-Chantal, die ein Referat in Geschichte (denn was die gute Frau Kanzlerin da tat, war keine Wahlkampfrede, sondern ein Tatsachenbericht zur Wiedervereinigung) halten soll und nach jedem Satz von der Klasse unterbrochen wird und eben nicht heulend rausrennt, weil sie schon 55 Jahre alt ist und ihr das in ihrer Clique, dem Bundestag, auch nie anders geht.
Was war also passiert? Eine Meute junger Menschen, etwa zwischen 16 und 45 Jahren alt, hatte sich versammelt um nach jedem Satz der Kanzlerin ein "yeeaahh" zu brüllen, was schwierig war, denn die Sätze und Satzenden der Kanzlerin, waren bei permanten Lärm durch Atomgegner nur schlecht zu verstehen.
Die jungen Menschen hatten Spaß auch wenn die Atomgegner über "Jubelschreie" für die Kanzlerin nur den Kopf schütteln konnten und treue CDU- Anhänger der älteren Generation sich ein wenig zu sehr freuten, weil sie die Ironie nicht erkannten.
Aber die Jugendlichen hatten nicht nur Spaß, diverse alte Menschen gehen davon aus, dass sich dort ungebildete und uninteressierte Jugendliche verabredet haben um zu tun, was "solche Leute" am liebsten tun: Stören ohne Sinn und Zweck. Vielleicht gab es die auch. Aber ein großer Teil der Leute wollte ausdrücken, dass das was auf einer solchen Wahlkampfveranstaltung erzählt wird, so beliebig ist und keinerlei Auswirkung auf Realpolitik hat, dass jede Art von Zustimmung nur Ironie sein kann. In diesem Punkt ist der Protest tatsächlich nicht zielgerichtet gegen die CDU oder die Kanzlerin, sondern gegen jeden Wahlkampf-Sand-in-die-Augen-Streuer.
Doch ein nicht unerheblicher Teil dieser Schreihälse kam aus dem Umfeld einer gerade neu entstandenen Partei, die sich für die Freiheit und die Rettung der Bürgerrechte, vor allem im Netz, einsetzt, die mit jedem "yeeaahh" eindeutig politische Kritik an der CDU und deren Netzpolitik äußerten.
Was viele Schreihälse gestört hat, war das ihre Kritik es nicht in die öffentliche Wahrnehmung geschafft hat. Es gab außerhalb von Blogs kaum ein Echo auf diesen Flashmob, keinen Kommentar in den großen Nachrichten oder Tageszeitungen. Auf einigen online-Seiten von Zeitungen oder Zeitschriften, konnte man etwas unter der Rubrik "Internet" -oder wie auch immer sie jeweils heißen- lesen, aber viele hatten sich zumindest eine Randnotiz in der Rubrik "Politik" gewünscht.
Vielleicht sollten Politikwissenschaftler diese scheinbar kleinen Aktionen als das politische Erwachen der jungen Generation betrachten, der ja behandlungsresistente Politikverdrossenheit oder gar politisches Desinteresse vorgeworfen wird, vielleicht muss man sie erst genug in die Enge treiben, bis sie sich wehren. Oder aber man muss politisches Engagement endlich anders definieren, das heißt: den Gegebenheiten der heutigen Jugendkultur anpassen, erkennen, dass heute anders protestiert wird als vor 40 Jahren.

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