Dienstag, 15. Dezember 2009

nichts passiert oder von Erinnerung und anderen Retrospektiven

Es scheint mir noch zu früh in diesem Jahr um einen Jahresrückblick zu schreiben, obwohl sowohl die Printmedien als auch die Flimmermedien voll davon sind. Aber ein zweiter Rückblick ist in den letzten Tagen sehr beliebt: Der Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt: 10 Jahre Nullen.
Ich finde diese objektive Beschreibung der Erscheinung der Jahreszahlen von 2000 bis 2009 -10 Jahre Nullen- sagt auch eine Menge über den Inhalt des sich neigenden Jahrzehnts.
Es gibt nur 2 Ereignisse, die ich unweigerlich mit den letzten 10 Jahren in Verbindung bringe: Das Ankommen des "islamistischen" Terrorismus in der westlichen Welt und die offizielle Euro-Einführung, wobei die Euro- Einführung als Buchwährung bereits 1999 war und ab da auch schon geprägt wurde und damit noch nicht einmal ihre Geburtsstunde in den 2000ern hat.
Wenn ich über weitere Großereignisse berichten sollte, müsste ich nachdenken. Ich erinnere mich noch dunkel an den Tsunamie und dass wir (gemeint: die BRD) die ein oder andere kriegerische Auseinandersetzung im Nahen Osten unterstützt haben. Desweiteren begann bereits 2008 eine Weltwirtschaftskrise, die heute von einigen Finanzexperten als finanzielle Nahtoderfahrung beschrieben wird. Bei dieser Nahtoderfahrung fragen sich aber einige Wenige, ob nicht doch alles ein großer Schwindel war und man sich so ein paar unliebsamer Probleme entledigen konnte oder Unternehmensschulden zu Staatsschulden machen konnte. Reale Auswirkungen dieser Krise haben nicht-an-der-Börse-spekulierende Ottonormalverbraucher erst in den letzten Monaten realisiert, als doch das ein oder andere Großunternehmen das Handtuch hin- und die Mitarbeiter herauswarf. Aber bei Krisenskeptikern und Verschwörungstheoretikern hält sich vehement das Gerücht, diese Firmen waren auch so am Ende.
Desweiteren gilt die letzten 10 Jahre als Retro- Jahrzehnt, die merkwürdigen Kleidermacken aller Jahrzehnte kamen geballt und zeitweise neu kombiniert zurück.
Ach, und dann war da auch noch die Fußball-WM in Deutschland und man hat sich bemüht "Freunde" zu werden mit der Welt, eine gute Gelegenheit das angekratzte Gastgeberimage aufzupolieren, mit mäßigem Erfolg. Wir sind einfach keine Feiernation und wenn man sich dann als junger Deutscher mit "Du bist Deutschland"- Kampagnen identifizieren soll, bei denen man die ganze Zeit mit toten Dichtern und Denkern verglichen wird, kommt auch keine richtige Feierstimmung auf: "Goethe ist tot, Goethe ist Deutschland, DU bist Deutschland, du bist tot, Deutschland ist tot."
Da enden sie auch schon: die weltbewegenden Ereignisse, die in meinem Bewusstsein hängen geblieben sind. Aber vielleicht bin ich auch nur ignorant und/oder mir sind viele Ereignisse einfach nicht in ihrer bedeutungstragenden Rolle deutlich geworden.
Aber vielleicht wesentlicher als das große Ganze sind die persönliche Erfahrungen mit dem letzte Jahrzehnt. Diese sind im aber eigentlich auch nicht so rosig. Es war die vielleicht schwierigste Zeit in meinem Leben, der Weg von einem naiven, sensiblen Kind, das die Welt in bunten und schillernden Farben sieht, zu einer jungen Erwachsenen, die Negativität und Schwärze der Welt erkennt und mit realitätsnahen Zynismus das beste daraus zu machen versucht.
Jeder, der es erlebt hat, kennt die Probleme der Pubertät und die verzweifelten Versuche die Eltern zu erziehen, aber im Großen und Ganzen waren keine dieser Erfahrungen an das Jahrzehnt gebunden -schade, dass ich leider kein Flowerpowerkind werden konnte, weil die Jugend von heute zu auf- oder abgeklärt für eine Retrovariante von Love and Peace ist.
Auch der Schritt aus den verkrusteten Strukturen in die Moderne ist mir gelungen, aber nicht durch bereichernde Erfindungen des Jahrzehnts, sondern durch Landflucht und ein neues Leben in der Großstadt in der man für DSL nicht auf den Kirchturm klettern muss, wenn überhaupt.
Aber Erfindungen ist ein gutes Stichwort. Hatten wir welche in den letzten Jahren? Neue Möglichkeiten Musik innerhalb der Ohren abzuspielen, aber dafür gab es in den 80ern den Walkman und in den 90ern den Diskman, also nur eine Weiterentwicklung. Ein Auto in das eigentlich nur 2 Leute reinpassen jetzt für 4 Leute, auch nichts wirklich Neues. In der Kommunikations- und IT- Branche findet sich die ein oder andere Neuheit, aber da ist der jungen Generation gar nicht mehr klar, dass Ende der 90er die Handys der meisten Leute noch gelb waren und am Straßenrand standen und nur privilegierte Menschen eine tragbare Telefonzelle besaßen und man in der Zeit des Ladens einer Website den Wochenabwasch machen konnte, beschreibt Entwicklung diese Phenomene besser als Erfindung. Auch social networking scheint eine Erfindung der letzten Jahre. Obwohl es früher wahrscheinlich besser funktionierte, als man die Leute noch von Angesicht zu Angesicht kannte und nur den Begriff dafür noch nicht.
So ist das eben mit dem "time ghost" oder wie die Engländer zu sagen pflegen: "zeitgeist"

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