Freitag, 8. Mai 2009

Elke und andere Großstadtmonster

Sie ist etwa einhundertfünfundsechzig Zentimeter hoch, fast genauso breit, und hat ihre Vierziger spätestens zur Zeit der Euro-Einführung überschritten: DIE Edeka-Angestellte.
Hier nun eine Feldstudie (Beobachtung in natürlicher Umgebung) aus der aktuellen Woche.

An einem Donnerstagnachmittag legte ich meine Waren aus dem Einkaufskorb auf das Laufband der Kasse. Vor mir wurde eine weitere Kundin abgefertigt, die Kassiererin so wenig freundlich, wie man es gewöhnt ist. Bis dahin ein normal-unsympathischer Edeka-Besuch.

Nun aber kam ein weiteres Exemplar der oben beschriebenen Dame und stellte sich direkt vor mich an das Warenband. Sie drängelte sich viel zu nah an mir vorbei; Es gibt da einen Begriff, der mir zwar momentan entfällt, der aber beschreibt, dass der Mensch in einem Radius von etwa 20cm um sich herum seinen intimen Bereich definiert, und wenn dort hinein Menschen, besonders fremde, eindringen, fühlt er sich unangenehm berührt. Man denke nur an Gedränge in der Bahn, bei dem man ebenfalls versucht, so wenig Körperteile wie möglich zu berühren, oder die Tatsache, dass sich auf öffentlichen Plätzen die Menschen so auf Sitze verteilen, dass zwischen ihnen und den sie umgebenden Personen ständig gleichviel Platz ist. Deshalb ist es in der Mensa ja auch immer leicht, einen einzelnen Platz zu finden, aber unproportional schwieriger, drei Leute nebeneinander unterzubringen.
Wenn man nun den Begriff des intimen Bereiches nimmt, so hatte die vorhin beschriebene Drängel-Dame den meinigen vollständig ausgefüllt. Noch dazu ohne ein Wort der Entschuldigung oder wenigstens das kassiererdeutsche „Achtung! Darfichma!“.
So weit, so dreist.
Dann stellte sie eine Ladung irgendwelcher Waren auf das Band, von denen sie offensichtlich wissen wollte, wo sie hingehören. Ein Warenexemplar hielt sie hoch und sagt zu ‚meiner’ Kassiererin: „Elke?!“, woraufhin Elke ihr erstmal freundlichst und mit einem kleinen Klönschnack dazwischen erläuterte, wohin die Ware einsortiert gehörte.
Währenddessen zerquetschte ihre Warenpackung mein Toastbrot, das, dem Lauf des Warenband folgend, unaufhaltsam auf ihre Warenpackung zufuhr und an dessen Wegblockierung scheiterte. Ich äußerte ein „Entschuldigung“, dessen Halbherzigkeit nur daraus resultierte, dass ich eh nicht damit gerechnet hatte, mein Brot heil nach Hause zu bekommen – denn wenn Elke die Waren über den Scanner zieht, schmeißt sie sie hinterher dermaßen schwungvoll hinter sich, dass ich meine Schoki nicht mehr in Stücke zerbrechen und meinen Rasierschaum nicht mehr schütteln muss. Und die Idee, dass die Limo zuhause noch Kohlensäure hat, habe ich eh schon aufgegeben.

Nach einem freundlichen Schnack (ihre kundengerichtete Stummheit ist also kein angeborener Geburtsfehler) mit der Kollegin wandte sich Elke also nun widerwillig ihrer Arbeit zu.
Meine Einkäufe flogen gegen den Rand des Warenbands (wer braucht schon feste Bananen?), und Elke fokussierte diesen mysteriösen Fixpunkt, auf den sich Kassiererinnen stets zu konzentrieren scheinen, wenn sie sich nicht mit dem Kunden beschäftigen mögen.
Dieser Punkt liegt etwa 45° seitlich weit hinter dem Kunden. Versucht mal, es selber zu beobachten: es stimmt.
Selbst während des Zahlungsvorgangs ändert sich dieser Fixpunkt nicht. Niemals.
Nun, um das Ende kurz zu machen: Weder, während ich bezahlte, noch während ich einpackte, nicht einmal, um mich daran zu erinnern, meine Karte nicht zu vergessen, sagte Elke ein Wort zu mir. Das einzige, was ich von ihr hörte, war ein mürrisches „Fünfzehnfünfunddreißg“.

Herzlich willkommen im Kundenland Deutschland!

Jedem, der mal wirkichen Service erleben will, empfehle ich, das nicht hier zu probieren, sondern zum Beispiel nach Japan zu fahren.

2 Kommentare:

  1. Da bin ich aber froh bei dem Discounter mit den 4 großen blauen Buchstaben, der sich in Nord und Süd aufteilt, einzukaufen. Da gibt es zwar nie was man braucht, aber das Personal ist immer sehr lieb zu mir! Das ist aber, glaube ich, lokal bedingt, denn mindestens die Hälfte der Mitarbeiter hier ist männlich...

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  2. Super, hab mich amüsiert! Das mit den 45° seitlich werde ich mal überprüfen.
    Gut ist auch das Verkaufspersonal, dass einem bei Nachfrage über den Standort eines Artikels lieber in epischer Breite einen Weg von 2m erklärt, anstatt ihn einfach mal zu zeigen. Die hab ich gern!

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