Samstag, 16. Mai 2009

"YOU'RE UNDER A TEST"

"Teste jetzt dein Wissen"-"Wie gut im Bett bist du wirklich"- "Welcher Job passt zu Ihnen"- "Bist du geeignet für dein Ingenieursstudium"- "Welcher prominenten Person entsprichst du am ehesten"
Von überall her brüllen uns diese Selbsterkennungsmöglichkeiten entgegen. Egal ob Arbeitsagentur, Internet, Berufsberatungscenter, Zeitschriften, alle wollen, dass wir uns testen. Überall und in allen Bereichen, ob in intimen, öffentlichen, komplexen oder langweiligen, kann man sich selbst evaluieren.
Ständig werden wir damit konfrontiert uns selbst einschätzen zu müssen, testen in mehr oder weniger durchsichtigen Tests unsere Werte für Neurotizismus, Zufriedenheit oder Motivationsfähigkeit, wundern uns kurz, was unsere Vorliebe rote Socken zu tragen damit zu tun, akzeptieren aber jede noch so abwegige Frage und sind am Ende irritiert, warum wir unser Leben noch alleine bewältigen können und keine Zwangsstörung haben, obwohl uns die Testauswertung dringend empfiehlt uns in die Psychiatrie einweisen zu lassen.
Je mehr Tests wir zu einem Aspekt machen, desto weniger ermöglichen wir uns eine eindeutige Selbsteinschätzung, denn jeder Fragebogen kommt zu einem anderen Ergebnis. Mal sind wir hochgradig suchtgefährdet, ein anderes Mal widerstehen wir souverän jeder Versuchung und sind extrem diszipliniert, wären somit idealgeeignet für eine Diät, wenn wir uns nicht so gut unter Kontrolle hätten, dass diese überhaupt gar nicht mehr nötig ist. Während uns ein anderer Test eben bescheinigt hat, dass 3 Kilogramm weniger nicht schaden könnten. Am Ende eines Testmarathons, den wir machten um gewisse Dinge klarer zu sehen, sind wir nur irritiert und verunsichert oder auch erheitert, aber definitiv nicht schlauer.
Die meisten dieser Test müssen wir nicht machen und tun es auch nicht. Manche machen wir aus Spaß. Andere leichtdurchschaubare Tests machen wir um unser Selbstwertgefühl ein wenig aufzupolieren. Aber gegen einige Test können wir uns kaum wehren, zum Beispiel in Vorstellungsgesprächen, bei Eignungstest für die Uni und vielleicht auch bald beim Hausarzt, denn denen werden immer wieder zeitsparende Schnelltests für Depression oder Alkoholmissbrauch nahe gelegt, damit sie noch weniger Zeit mit den Patienten verbringen müssen. Diese Tests, die teilweise nur aus 6 Fragen bestehen, haben nur das Manko, dass sie im Prinzip jeden der Risikogruppe zu ordnen, denn wer kann den Satz: "Ich kann besser einschlafen, wenn ich Alkohol getrunken habe" schon mit "nein" beantworten - jemand der noch nie getrunken hat und damit keine Erfahrungen gesammelt hat, ansonsten ist es eine dazugehörige Nebenwirkung, was noch nicht sagt, dass man ihn dazu benutzt um einschlafen zu können, aber das fragt der Test ja nicht, das schlussfolgert der Auswerter!
Wir befinden uns in einer Art Dauerselbstbeobachtung, weil es für unsere Generation dazu gehört: Kaum eine Website kommt ohne den "Teste-dich"-Button aus, keine Jugendzeitschrift wird gelesen, wenn nie ein spannender "Psycho"-Test darin ist. Durch eine sich rasant verändernde Umwelt sind wir verunsichert und suchen in diesen Tests ein wenig Halt oder Klarheit oder irgendetwas anderes, was uns beruhigt.
Alle Generationen vor uns erhielten entweder von der vorhergehenden Generation der Alten und Weisen, die das Unheil vorausahnen konnten einen (meist abwertenden) Namen oder wurden 20 Jahre später von Soziologen und anderen Volksbeobachtern klassifiziert, siehe "Generation Kriegskinder" oder "Generation 68". Unsere Generation schafft es durch ständige Selbstevaluierung sich von außen zu betrachten und sich ständig selbst Namen zu geben und diese, wenn nötig, ständig zu hinterfragen und zu korrigieren.
Wir sind nicht "Generation Rucksack", "Generation Praktikum", "Generation ewige Jugendliche" oder "Generation Bachelor"- Wir sind GENERATION SELBSTREFLEXION!
Hoffentlich werden zukünftige Soziologen dankbar sein dafür sein, dass wir ihnen die viele Arbeit uns zu klassifizieren abgenommen haben.

1 Kommentar:

  1. den "Wie gut im Bett bist du wirklich" würd ich gern ma machen, wo gibts'n den?

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