Montag, 27. April 2009

Von Zukunftsvisionen im Datenschutz und anderen Verschwörungstheorien

Hallo Internet!

Hat jemand die ZEIT letzter Woche gelesen? Ein Redakteur beschreibt, wie er Verfassungsklage gegen das neuste BKA-Gesetz einlegen will. Darin geht es im Prinzip um die weitere Legalisierung der Beschneidung von Datenschutz und Freiheit der Privatsphäre. Zum Beispiel, den Einbau von "Kleinstkameras" in die Wohnung von Bürgern, ohne es denen jemals mitteilen zu müssen. Oder die Beschneidung der ärztlichen Schweigepflicht.

Mich erinnern solche Artikel und Szenarien daran, wie ich gerade "Brave New World" gelesen hatte. Oder "Minority Report" geguckt. Der Mensch als planbares und präventiv kontrollierbares Konstrukt. Damals hab ich noch gedacht, so weit könnte das nie kommen - die Technik dazu wird abgelehnt werden.

Aber genau das gleiche hab ich erst von iPods, dann vom iPhone, dann von BluRay gedacht. Und übrigens auch von den TV-Serien "Lost" und "Grey's Anatomy", aber das soll ein anderes Thema sein.

Jedenfalls lief mir im Kino, als ich frisch aus dem Saal kam, so mit der leeren Popcorn-Tüte in der Hand, ein Schaudern über den Rücken. "Das könnte uns hier nie passieren."

Inzwischen musste ich für meine Einreise nach Japan ein biometrisches Passfoto machen und meinen Fingerabdruck abgeben.

Paranoid bin ich ja wohl nicht. Ich gehe in der Wirtschaftskrise munter weiter shoppen und benutze trotz Vorratsdatenspeicherung ICQ, MSN, Facebook und StasiVZ.

Einsatz Mister Schäuble (kein Zitat!): "Den jungen Leuten von heute sollte es doch eh egal sein - sie geben ihre Daten doch freiwillig auf all den Plattformen preis!"

Ja, eben, FREIWILLIG! Auf Studi schreibe ich, welche Musik ich mag und wo ich meine Handtasche gekauft habe, aber eben nicht, wann ich das letzte Mal Malaria hatte (Krankendaten/Gesundheitsbetreff) oder mich über einen Ausländer aufgeregt habe (staatsgefährdende Gesinnung)! (ersteres, für die Korrektheit: nie; zweites: in der 3. oder 4. Klasse, als Pinar es partout nicht geschafft hat, ihren Notenschnitt zu verbessern, obwohl ich ihr helfen wollte).

Und war es nicht so gedacht, dass in einer Demokratie die Selbstverwaltung besteht, die Bürger bilden ihre eigene Regierungselite, und es gibt nicht die "Krone" des Volkes, die Regierung, die Bestimmungen auferlegt?

"Ja, aber! Die jungen Leute von heute gehen ja auch nicht mehr wählen! Politikverdrossenheit! Wählerunmut! Medienkonsum! Amokläufe!"

Oh, wir 'jungen Leute' sind's schon wieder gewesen? Ja, wahrscheinlich, das ist freilich schade...

Das einzige, was ich dagegenzustellen habe, ist, dass ich im momentanen Parteiengefüge am liebsten auch nicht wählen würde. Schließlich hat mir bei der letzten Wahl keiner weniger Studiengebühren oder wenigstens höhere Bildungsqualität verschafft. Geschweige denn die versprochene Vergleichbarkeit von Studiengängen und einfacheren Zugang zum Auslandsstudium.

Nun gut, ich bin volljährig und selbstbestimmt, und nun bin ich ein Bachelor-Versuchskaninchen, wenn ich es absolut nicht gewollt hätte, hätt ich mit meinem Studium halt noch etwas warten müssen.

Aber was ist mit den Schulkindern? Die können nämlich nicht warten, die brauchen ihre Lesekenntnisse, ihren ersten Fremdspracheunterricht, und ihren Schulabschluss sofort. Und auch sie werden in die versuchsreformierte Oberstufe gesteckt und in einen Lehrplan gepfropft, von dem keiner die Folgen so richtig vorhergerechnet hat.

Man lässt die Kinder von 8 bis 16 in der Schule sitzen, erwartet, dass sie so Freude an Bildung erwerben.

Dann sollen sie noch daran arbeiten, nicht mehr die dicksten Europäer zu sein (Zeit für einen Sportverein? Und Geld?) und sich womöglich noch in frühen Jahren für Politik interessieren, denn die berühmte Politikverdrossenheit will man sich ja nicht weiter heranzüchten.

Oh, hab ich Sozialleben in der Aufzählung vergessen? Mh, ist nicht zwangsweise wichtig, viele meiner Kommilitonen kommen schließlich auch mit einem Minimum aus.

Ach, ich erinnere mich auch noch an die Diskussion um die Erzieherrolle. Die Eltern sollen mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen? Und gleichzeitig mehr arbeiten und shoppen gehen, damit die Wirtschaft wieder läuft. Und ordentlich Auto fahren. Und dabei die Umwelt schützen, sowie das Klima.

Puh, ganz schön viele Sachen auf einmal, oder?

Vielleicht fangen wir nochmal bei der Bildung an, denn wenn wir Kinder vernünftig erziehen und eine Grundlage zur Selbstbildung geben, lernen sie auch, dass man Dinge ohne Terroranschläge und rechte Parolen lösen kann.

Soweit meine Hypothese. Könnte sich ja bewahrheiten. Genauso durchdacht wie die Hypothesen des Bologna-Vertrags ist sie allemal. Schließlich lese ich Zeitung. Haha. Wenn sie jemand aus dem Stand falsifizieren kann, umso besser.

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